Die Kunst, gegen den Strom zu schwimmen
“Das kannst Du nicht tun!”
Warum eigentlich nicht? Wir alle sind in Kulturen eingebettet, die aus einem Haufen informeller Regelwerke bestehen. In Deutschland zum Beispiel sollte ein Familienvater lieber an seinem Job festhalten, als sich mit seiner Unternehmensidee selbständig zu machen.
Einen Vortrag vor einer Gruppe von konservativen Bankern sollten wir lieber in Anzug und Krawatte als in T-Shirt und Sommerhose halten.
Und ein kleines Familienunternehmen übernimmt keinen DAX-Riesen.
Der Sinn und Unsinn von Regeln
Solche Regeln haben alle ihren Sinn. Halten wir sie ein, können wir sicher sein, nicht anzuecken und ein ungestörtes Leben zu führen. Scheren wir dagegen aus, machen wir uns unbeliebt. “Wie kann er so etwas nur tun?”, fragen sich die anderen dann.
Regelbrecher sieht niemand gern und die offiziellen und inoffiziellen Regelwächter werden alles daran setzen, sie zu bestrafen.
Googles Regelbruch
Unternehmer haben allerdings oftmals nicht die Wahl. Denn indem sie Regeln brechen, schaffen sie neue Märkte. Selbst das Internet hatte zum Beispiel Mitte der 90er Jahre seine ersten Regeln.
Damals war man überzeugt, dass sich mit einer Suchmaschine allein kein Geld verdienen ließe. Daher hatten sich alle Suchanbieter in große Portale mit zahlreichen Angeboten verwandelt.
Dann kamen Larry Page und Sergey Brin und gründeten Google. Alle wichtigen Leute sagten ihnen: “Einzig und allein Internetsuche anbieten – das könnt Ihr nicht tun!” Sie brachen die Regeln und wurden erfolgreich damit. Heute ist Google eines der profitabelsten Unternehmen weltweit.
Warum Regeln brechen?
Allerdings geht es nicht darum, auf Teufel komm raus gegen den Strom zu schwimmen.
Wir als Entscheider sollten klar wissen, was wir wollen und uns dabei unabhängig von informellen Regelwerken machen. Wenn wir dann handeln, verletzen wir hin und wieder Regeln, weil sie nicht in unser Konzept passen und unsere Gestaltungsfreiheit einschränken.
Allerdings wird nicht jeder Regelbruch gleich geahndet. Viele Regeln haben sich überlebt, wie zum Beispiel, dass wir Fachbeiträge nur in “offiziellen” Zeitungen und Magazinen veröffentlichen. Brechen wir diese Regeln, ernten wir zunächst Verwunderung und später sogar Beifall. Weil wir Innovation geschaffen haben.
Die andere Seite der Medaille
Regeln Brechen ist kein Selbstzweck, aber oft notwendig. Wir dürfen nur eines dabei nicht aus den Augen lassen. Wer permanent gegen die Regeln anderer Menschen verstößt, bekommt irgendwann nicht mehr die notwendige Unterstützung. Dann mangelt es oft an Gestaltungsspielräumen.
Genau so einen Fall können wir gerade bei Porsche-Chef Wiedeking beobachten. Er ist ohne Frage einer der Regelbrecher in der Deutschen Wirtschaft, ein Macher.
Mit der Beteiligung an VW hat er viele “überrascht”. Die von den Banken zur Verfügung gestellten Kredite brauchte er nicht, weil sein Team außerordentlich geschickt am Markt agiert hat. Er schöpfte die Kreditlinie trotzdem aus und verdiente mit Geldanlangen weiteres Geld. Das hat die Banken vergrätzt.
Regelbruch schafft Gestaltungsspielräume und nimmt sie
Heute wäre vieles einfacher, würden die Banken Porsche das notwendige Geld zur Refinanzierung auslaufender Kredite zur Verfügung stellen. Wiedekings Gestaltungsspielräume sind heute so klein, dass er keine Regeln mehr brechen kann, obwohl er ein kleines Wunder bräuchte.
Alle, die bis Dato unter Wiedekings Regelbrüchen zu leiden hatten, der VW Betriebsrat, der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff, der VW Betriebsrat und natürlich die Presse nutzen die Gelegenheit, um es ihm heimzuzahlen. Vielleicht wird er am Ende triumphieren. Ich wünsche es ihm.
Gestaltungsspielräume sind Teil der Entscheidung
Gestaltungsspielräume sollten immer ein Teil unserer Entscheidung sein. Wer sie für die Zukunft verringert, macht selten Fortschritte und geht unnötige Risiken ein.
Die Kunst besteht daher darin, gegen den Strom zu schwimmen und dafür bewundert zu werden und nicht gehasst.
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