Die hohe Kunst das Ziel seiner Entscheidung zu kennen

Eine Maschine gibt nach 35 Jahren ihren Geist auf und läßt sich nicht wieder reanimieren 😮

Ihre Aufgabe war es all die Jahre, Kleinserien für Kunden herzustellen. Dazu war die Anlage maximal 4 Tage im Monat in Betrieb.

Was soll der Unternehmer (nennen wir ihn Hermann W.) jetzt machen? Über Deckungsbeiträge darf man bei dieser Auslastung gar nicht erst sprechen und die Neuanschaffung kostet ein kleines Vermögen. Eine rein technokratische Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass auch die Produktion auf der bereits lange abgeschriebenen Maschine nicht rentabel war. Daher kann der Schluss nur heißen, weg mit dem Krempel und Konzentration auf das lukrative Gross-Seriengeschäft.

Zu diesem Schluss war auch ein Berater gekommen, der Hermann W. in einer anderen Angelegenheit beriet und diese Analyse als Zusatzauftrag anfertigte.

So weit so gut. Unternehmer W. hatte zwar kein gutes Gefühl, da er gerne auch auf Spezialwünsche seiner Kunden einging. Aber er mußte sich (wie er dachte) der Logik der Zahlen beugen.

Fortan lehnte das Unternehmen die verlustreichen Kleinserienaufträge ab und konzentrierte sich auf das Geschäft mit hohen Deckungsbeiträgen.

2 Jahre später mußte sich Hermann W. eingestehen, dass sein Lebenswerk in der Krise steckt. Wichtige Kunden waren sukzessive abgesprungen und vergaben Ihre Aufträge an Wettbewerber, die teilweise in Fernost produzieren ließen und daher preiswerter waren.

Was war geschehen? Die Kunden hatten ursprünglich ein klares Bild von dem Unternehmen. Danach war es zwar nicht der preiswerteste Anbieter, legte dafür aber eine hohe Flexibilität an den Tag. Der Kleinserien-Service erhöhte zudem die Wahrnehmung für die gelieferte Qualität.

Mit der Einstellung der Kleinserienfertigung hatte das Unternehmen also seine Identität im Kopf seiner Kunden geopfert. Es war damit nicht mehr eindeutig positioniert und mit seinem Wettbewerb vergleichbar geworden.

Unternehmer W. zögerte nicht lange. Er kaufte die neue Maschine aus der Konkursmasse eines weniger glücklichen Unternehmens und bot die Kleinseriendienste wieder aktiv in seinem Markt an.

Jetzt nach einem Jahr sieht die Welt in der Gross-Serienfertigung zwar noch nicht wieder in Ordung aus, aber alte Kunden sind wieder zurück gekommen und W. hat bereits einige Neu-Kunden gewinnen können.

Seine Kleinserienproduktion arbeitet jetzt kostendeckend. Denn die aktive Vermarktung dieses Angebots hat zu einer wahren Auftragswelle geführt, so dass hier im 2-Schichtbetrieb gearbeitet werden muss.

In der Rückschau weiß Hermann W. jetzt, wo sein Fehler lag. Er hatte das Ziel aus den Augen verloren. Er wollte für seine Kunden ein Problemlöser für ihre Engppässe sein. Dafür hatte er vor vielen Jahren die Kleinserienfertigung angeboten.

Die Entscheidung über die Einstellung des Angebots war am Problem orientiert (eine neue Maschine ist zu teuer), anstatt sich am Ziel zu orientieren, weiterhin Problemlöser für die Kunden sein zu können.

Kalkulatorisch könnte man sagen, dass die negativen Deckungsbeiträge der Kleinserienfertigung über die Jahre gut angelegte Marketingausgaben waren 🙂

Zu wenig Beiträge die letzten Wochen?

Liebe Leser,

ich habe einige Emails bekommen, ob mein Blog denn eingeschlafen wäre oder mir die Themen ausgehen 🙂

Dem ist zum Glück nicht so! Ich hatte in den letzen Wochen allerdings viele sehr interessante Aufträge und arbeite gleichzeitig an meinem persönlichen „next big thing“. Dazu werde ich demnächst mehr an dieser Stelle schreiben.

Zuvor gelobe ich aber, dass ich keine so große Lücke zwischen meinen Beiträgen mehr zulassen werde, ganz bestimmt 🙂

Ein schönes Wochenende!

Ihr Kai-Jürgen Lietz

Über Geschmack läßt sich nicht streiten, oder?

De gustibus non disputandum esse – über Geschmack läßt sich nicht streiten.

Ein mittelständisches Unternehmen hatte vor kurzem eine Entscheidungskrise zu lösen. Das Unternehmen hieß bisher so wie die Firmengründer vor 78 Jahren. Im Zuge des eigenen internationalen Auftritts wollten die beiden inzwischen recht weitläufigen Unternehmerfamilien dem Unternehmen einen neuen Namen geben. Also wurde eine spezialisierte Agentur beauftragt, Namensvorschläge zu erarbeiten.

Als Ergebnis der Arbeit gab es dann vier Alternativen. So weit, so gut. Denn damit begannen die Probleme. Welcher Name ist der Richtige? Es bildeten sich tatsächlich vier Fraktionen, zwei kleinere und zwei größere.

Wie wurde das Problem gelöst? Nach einigem hin und her wurde den Beteiligten klar, dass es keine rationalen Argumente mehr geben würde, die noch ins Feld geführt werden könnten. Denn die Namensvorschläge waren bei den Zielgruppen getestet und gleichermaßen für gut befunden worden. Neben den Akzeptanztests waren auch bereits Pläne entwickelt worden, wie der jeweilige Name am besten in den Markt gebracht werden kann.

Es war tatsächlich nur noch eine Geschmacksfrage. Derartige Entscheidungen werden nie in einer Gruppe zufriedenstellen ausfallen. Daher haben sich die beiden Familien (mit sanften Druck) entschlossen, eine Person mit der Entscheidung zu beauftragen, die das Vertrauen von allen besitzt. Dabei handelte es sich um den kaufmännischen Geschäftsführer des Unternehmens.

Da er das Unternehmen in den letzten Jahren auf einen starken Wachstumskurs gebracht hatte und sich bei den wichtigen Entscheidungen immer auch die Unterstützung der Gesellschafter zu sichern wußte, war er die natürliche Wahl. Ganz nebenbei war er auch derjenige, der den neuen Firmennamen in der Zukunft erfolgreich vertreten sollte.

Obwohl die Familien vorher leidenschaftlich um ihre Namensfavoriten gekämpft hatten, war die Reaktion nachdem seine Entscheidung für den Namen gefallen war unspektakulär. Ich denke, die meisten waren froh, dass sich die Gesellschafter über ihre Vertrauensperson einig waren.

Die Wahl einer Vertrauensperson, die dann über eine Geschmacksfrage entscheiden soll ist übrigens keine Geschmacksfrage. Dafür hat jeder (nach einigem Nachdenken) klare Entscheidungskriterien und diese werden in der Regel auch von anderen akzeptiert.

Wenn Sie selbst eine Geschmacksfrage zu entscheiden haben, hilft das allerdings nichts. Denn am Ende sind Sie der Experte, was Ihnen gefällt. Das immer unter der Voraussetzung, dass Sie vorher den Markt gefragt haben und dabei keine Alternative den Vorzug bekommt.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

Mit Sicherheit unsicheres entscheiden!

Im Auto bei 180 Km/h: Ein trockener Husten erschüttert den Fahrer. In der Bonbon-Box nur noch 3 Stück in den Geschmacksrichtungen Zitrone, Orange und Waldmeister. Der Fahrer haßt Waldmeister und entscheidet sich für Zitrone, wohl wissend, dass der Beifahrer dann Orange nehmen wird und Waldmeister die einzige Lutschgelegenheit bleiben wird. Ein Moment der Unachtsamkeit und das Zitronenbonbon verschwindet unwiderbringlich zwischen den Sitzen. Jetzt bleibt nur der ungeliebte Waldmeistergeschmack 😮
Der Fahrer hatte scheinbar eine sichere Entscheidungssituation. Er hat sogar zutreffend das Verhalten des Bonbon-Konkurrenten richtig eingeschätzt und doch endet er am Ende mit einem unerwünschten Ergebnis. Hat er deshalb eine schlecht Entscheidung getroffen? Er hätte ja zumindest bedenken können, dass das Bonbon auf so ungeschickté Weise verschwinden würde. Wenn der Fahrer nicht gerade an Parkinson leidet, bringt es jedoch wenig, Möglichkeiten mit einer derart geringen Wahrscheinlichkeit in Betracht zu ziehen.

Ich habe einige Entscheider in Unternehmen kennen gelernt, die auch diese sehr unwahrscheinlichen Ereignisse berücksichtigten. Im Ergebnis wurden die Entscheidungen dadurch unnötig herausgezögert. Unsere amerikanischen Kollegen kennen das Eintreten von ganz und gar unwahrscheinlichen Ereignissen „freak accidents“ und würden niemals einen Gedanken daran verschwenden, das zu berücksichtigen. Ich sehe das genauso. Denn es ist jedem klar, dass nichts sicher ist. Wenn Sie sich aber mit jeder Eventualität auseinandersetzen, beeinträchtigt das Íhr Sicherheitsgefühl als Entscheider.

Meine These: Als guter Entscheider wissen Sie zwar, dass es viele Unwägbarkeiten gibt, aber rein emotional fühlen Sie sich sicher. Ein Entscheider widerum, der sich nicht sicher fühlt, wird keine guten Entscheidungen treffen können.

Was machen Sie, wenn Sie sich in einer Entscheidungssituation emotional nicht sicher fühlen? Am besten Sie verbessern zunächst Ihre Informationsbasis. Sie müssen herausfinden, was Sie genau mit der Entscheidung erreichen wollen (Was will ich?). Wenn Sie genau wissen, was Sie wollen und klare Kriterien haben, nach denen Sie Ausschau halten können, geht es im nächsten Schritt an die Alternativen. Wenn ich keine guten Alternativen für die Lösung eines Problems hätte, würde ich mich auch unsicher fühlen. Daher sollten Sie Alternativen schaffen, die Ihre Kriterien im hohen Maße erfüllen. Die Alternativen, die sich Ihnen dabei am Anfang anbieten werden das nur zufällig tun. Für gute Alternativen mussen Sie als Entscheider im Regelfall Arbeit investieren. Was Sie dabei im Einzelnen machen können habe ich bereits in verschiedenen Blog-Einträgen beschrieben.

Ich garantiere Ihnen, wenn Sie genau wissen, was Sie wollen und über eine Anzahl guter Entscheidungsalternativen verfügen, fühlen Sie sich bei Ihren Entscheidungen sicher wie beim Bonbon-Lutschen in Ihrer E-Klasse bei 180 Km/h 🙂

Was sage ich jetzt?

Apple Computers hat den Prozess gegen Apple Records gewonnen. Der Vorsitzende Richter Edward Mann konnte keinen Verletzung des 1991 geschlossenen Vergleichs-Vertrages erkennen. Apple Computers nutze sein Logo nur im Zusammenhang mit seinem Online-Store, aber nicht im Zusammenhang mit der Produktion von Musik.

Vorläufig ist die Kuh also vom Eis. Natürlich werden Sie sich fragen:

Na Herr Lietz, was sagen Sie jetzt?

Nicht viel anderes als vor dem Urteil. Denn die Fakten sind gleich geblieben.

  1. Apple Computers wurde in seiner Firmengeschichte bereits zwei Mal von Apple Records wegen Markenrechts-Verletzungen verklagt. Dabei hatte Apple Records offensichtlich so gute Karten, dass Apple Computers sich jeweils auf einen Vergleich einließ.
  2. Im letzten Vergleichsvertrag von 1991 hat Apple Computers sich verpflichtet, keine Musik zu produzieren und zu verkaufen.
  3. Nach zwei für die jeweilige Firmengröße kostspieligen Vergleichen ist Steve Jobs zum Vertreter von Apple Records, Neill Aspinall gegangen und hat dem Unternehmen $1 Mio. für die Markenrechte geboten.
  4. Nachdem sich die Beatles-Firma nicht darauf einließ (warum wohl?), führte Steve Jobs Neill Aspinall eine Demo von ITunes vor. Dabei soll Aspinall keine Einwände gegen das Geschäftsmodell erhoben haben. Darüber gibt es allerdings keine schriftliche Vereinbarung(!).

Wenn Sie Neill Aspinall wären und wüßten, dass Apple Computers bereits $ 27 Mio. vor 10 Jahren für einen Vergleich bezahlt hat, würden Sie die Markenrechte für $ 1 Mio. abtreten? Ich jedenfalls nicht.

Der Prozess war zu erwarten und unternehmerisch ein Vabanque-Spiel. Apple Computers hat ihn gewonnen, Juhu 🙁

Es heißt immer das Glück winkt dem Tüchtigen. Es schadet allerdings auch nichts, wenn der Tüchtige mit seinen Risiken verantwortlich umgeht.

Die Prozesskosten betrugen für Apple Computers übrigens ca. $ 1,5 Mio. Nach dem Berufungsverfahren dürfte sich der Betrag mehr als verdoppelt haben. Und der Ausgang ist ungewiss…

Weitere Blogeinträge über den Fall Apple vs. Apple:

  1. Dilettantentum kann Apple in den Ruin treiben
  2. Eigentlich seltsam…
  3. Apple war doch besser als zunächst wahrgenommen