Geheim – Ich weiß, was Du nicht weißt!

Bernard Madoff, der das größte und langlebigste Schneeball-Finanzsystem aller Zeiten lange unbehelligt betrieb, wurde von seinen eigenen Söhnen verraten und ans Messer geliefert.

Das Mitleid der Öffentlichkeit hält sich in Grenzen. „Offensichtlich hat Madoff seine Söhne zur Anständigkeit erzogen“.

Das Motiv für den Verrat

Ich weiß nicht, ob es der Anstand ist, der die Madoff-Söhne dazu trieb oder der Wunsch, den eigenen Vater zu bestrafen. Nicht für seine Finanzgeschäfte, aber dafür, dass er diese (angeblich) so lange vor ihnen geheim hielt. Denn dem Vernehmen nach, weihte er sie erst in das Familiengeheimnis ein, als es sich ohnehin nicht mehr unter Verschluss halten ließ.

Vielleicht war der Ärger so groß, dass sie all die Jahre zu den Vorgeführten gehörten, obwohl sie Dank ihrer Mitarbeit in der Firma Teil dieser Machenschaften waren. Denn für die Außenwelt wird klar: Wer sich solange täuschen ließ, wollte es entweder nicht sehen oder ist schlichtweg unfähig.

Vielleicht ärgerten sie sich aber auch, dass sie nicht für den Fall der Fälle vorsorgen konnten. Jedenfalls hat das Geheimnis die Familien-Bande zertrennt.

Kleine Geheimnisse – große Wirkung


Unabhängig davon, dass Madoff ein Anlagebetrüger ist, läßt sich aus der Sache doch einiges über das Thema Geheimnisse lernen. Jeder von uns hat kleine und manchmal auch große Geheimnisse. Die meisten davon sind harmlos, vielleicht Peinlichkeiten. Andere wiederum haben das Potenzial uns oder anderen schweren Schaden zuzufügen.

Da ist vielleicht der Lieferant, mit dem man schon einige Zeit verhandelt, um bei ihm einen besseren Job zu bekommen. Oder da ist das kleine Schließfach in der Schweiz, in dem etwas Schwarzgeld auf seinen Besitzer wartet. Da ist vielleicht das Kind, das biologisch nicht vom offiziellen Vater gezeugt wurde, usw.

Ein Geheimnis ist natürlich nur solange eines, wie ich es für mich behalte. Gleichzeitig zeigt der Fall Madoff, welche Auswirkungen es haben kann, wenn uns das Heft des Handelns aus der Hand genommen ist und ein Geheimnis das Licht der Öffentlichkeit erblickt, weil wir zu seiner Offenbarung gezwungen sind.

Mangelndes Vertrauen

Denn offensichtlich steht auf der Gegenseite das missbrauchte Vertrauen. Missbraucht, zum einen weil man vielleicht etwas getan hat, was einem der andere nicht zutraute und zum anderen, weil man ihn nicht ins Vertrauen gezogen hat.

Der letztere Punkt wiegt um so schwerer, je länger wir unser Geheimnis bewahren.

Es mag sein, dass wir durch unser Geheimnis die Welt, wie wir sie schätzen bewahren können. Gleichzeitig sind die Auswirkungen um so heftiger, wenn es dann aufgedeckt wird. Nicht von ungefähr drängt sich die Analogie zur gegenwärtigen Bankenkrise auf. Auch sie ist ein Ergebnis mangelnder Transparenz (Geheimnisse) und dem Versuch, das Unheil möglichst lange hinauszuzögern.

Die Last der Geheimhaltung

Hin und wieder kommen Kunden zu mir, die sich mit der Entscheidung herumschlagen, ob sie ein Geheimnis offen legen sollen oder nicht. Was alle gemein haben ist, dass es ihnen vor Jahren sehr leicht gefallen ist, ihr Geheimnis entstehen zu lassen. Es fängt meistens damit an, nicht gleich zu erzählen, was passiert ist. Man behält es erst einmal für sich. Mit jedem Tag, der dann vergeht, wird es aber schwieriger, reinen Tisch zu machen. Über die Jahre belastet das Wissen um das Geheimnis immer mehr, gleichzeitig kann der Geheimniskrämer mit niemandem darüber sprechen, der nicht eingeweiht ist, also bleibt die oft Familie außen vor. Es kann dann sein, dass sich das Bewahren des Geheimnisses für einen selbst viel härter auswirkt, als es gleich von Anfang an offenbart zu haben.

Entscheidungen Sie bewusst

Entscheiden Sie also weise, ob Sie ein Geheimnis entstehen lassen oder ob Sie lieber gleich die Verantwortung übernehmen. Noch viel besser ist es natürlich, immer so zu handeln, das Sie danach auch offen dazu stehen können. 🙂

4 Kommentare
  1. Steve
    Steve sagte:

    Also ich denke, in dem Fall kommt es immer darauf an, um was es geht. Bei Madoff handelt es sich sicher um einen Sonderfall, aber die Sache, wenn ich erfahre, dass ich gar nicht der Vater meines Kindes bin, das wäre schon krass. Solche Geheimnisse könnte ich auch nicht verzeihen und würde solche Lügen auch gar nicht erst in die Welt setzen. Was dabei dann rauskommt, ist klar: Denn irgendwann kommt jedes Geheimnis ans Licht und man muss da doch einiges erklären, was jahrelang geschwelt hat. Insofern sind Geheimnisse nur in seltenen Ausnahmen sinnvoll.

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  2. Heike
    Heike sagte:

    Ich wäre zutiefst getroffen, wenn mich meine eigenen Söhne verraten würden. Ich finde das schon sehr schlimm. Auch wenn es auf der einen Seite richtig war, dass sie das getan haben, aber trotzdem sind es immer noch seine Kinder und man tut seinem Vater doch so was nicht an oder? Naja, die ganze Geschichte ist irgendwie sehr seltsam.

    Ich finde das Fazit sehr schön geschrieben. Und ich kann mich da nur anschließen. Ich finde auch, dass man sich für die Gerechtigkeit einsetzen sollte. Geheimnisse sind zwar schön, sollten aber im legalen Bereich bleiben.

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