Heiße Preise

Andrea Jülichs, die auf TelefonArt bloggt, hat die Blogparade “Erfolgreiche Preisstrategien. Preise finden, optimieren, verhandeln” ins Leben gerufen. Die Parade läuft vom 20.7.-17.8. 2009. Dies ist mein Beitrag dazu.

Preise

“Ok! Was kostet es mich denn?” Eine Frage, die den einen oder anderen den Schweiß auf die Stirn bringt. Denn in Zeiten der Krise überdenken Viele ihre Preise, um sich das Geschäft nicht zu verderben.

Aber auch im ganz normalen Tagesgeschäft ist die Preisfrage für viele Dienstleister eine zähe Angelegenheit. Denn wir können ja kein Lager anlegen. Unsere Leistungen sind hoch verderblich. Eine Coachingstunde, die ich diese Woche nicht verkaufe, ist unwiderruflich verloren. Allerdings haben wir auch nicht die Möglichkeit einer Produktionsausweitung. Ist die Stunde schon verkauft, können wir gegenüber dem potentiellen Kunden nur mit der Schulter zucken.

Tanz auf der Rasierklinge

Der Grat zwischen Erfolg und Misserfolg ist daher sehr schmal. Wann kauft ein Kunde bei uns? Wenn er es braucht und er das sichere Gefühl hat, dass die Leistung es wert ist, möchte man meinen.

Doch tatsächlich ist “brauchen” nicht genug. Ich behaupte, dass 75 Prozent der Bevölkerung meine Leistung brauchen. Trotzdem sitze ich noch keinem Multimilliarden-Euro-Unternehmen vor.

Denn es muss noch etwas dazu kommen. Der Kunde muss es jetzt in diesem Augenblick dringend brauchen. Er darf es nicht weiter aufschieben dürfen. Dann wird er kaufen. Allerdings nur, wenn der Wert unserer Leistung höher ist, als ihr Preis.

Der Wert unserer Leistung

Woran macht der Kunde denn den Wert einer Leistung fest? Wir könnten darüber räsonieren, welchen tollen Nutzen er von uns hat oder welche phantastischen Einsparungen er erzielen wird.

Doch das alles wird er erst in Betracht ziehen, wenn er zwei Fragen für sich vorab geklärt hat.

  1. Was zahlen andere für diese Leistung?
  2. Was müsste ich bei der Konkurrenz dafür bezahlen?

Wir alle lassen uns ungern über den Tisch ziehen und wenn ich für ein und dieselbe Leistung mehr bezahlen muss als mein Nachbar, dann fühle mich für dumm verkauft.

Schön ist es natürlich auch, wenn ich als Kunde unter einer ganzen Anzahl von Anbietern wähle und dabei die Preise vergleichen kann. Warum nimmt der Müller für ein- und dasselbe 10 Prozent mehr als der Meier? Gute Frage! Bestimmt kommt uns der Müller da noch entgegen.

Damit der Kunde sich also mit dem tatsächlichen Wert unserer Leistung für ihn auseinandersetzt, müssen wir für ihn diese beiden Fragen unmöglich machen.

Alle zahlen Dasselbe

Das geht ganz einfach: Alle Kunden zahlen den selben Preis. Will ein Kunde verhandeln und wir wollen ihn partout gewinnen, senken wir nicht den Preis, sondern legen lieber einen Extranutzen obenauf.

Zum Beispiel verkaufen wir das Seminar mit unseren Büchern inklusive. Oder wir bieten an, spezielle Arbeitswerkzeuge für den Kunden zu erstellen und mit seinem Firmenlogo in sein Intranet zu stellen.

Jeder Kunde muss wissen, dass unsere Leistung für alle anderen Kunden dasselbe kostet.

Mach die Konkurrenz platt

Der nächste Schritt ist noch einfacher. 😀 Wir müssen uns unserer Konkurrenz entledigen. Wer da an Al Capone und hemdsärmelige Methoden denkt, liegt allerdings falsch.

Denn die Realität ist das, was sich im Kopf unseres Kunden abspielt. Es macht also wenig Sinn die Konkurrenz für Zementschuhe und ein Bad im Hafen zu begeistern.

Es kommt allein darauf an, dass der Kunde uns als konkurrenzlos ansieht. “Konkurrenzlos billig?” Das wäre sicherlich nicht in unserem Sinn. Aber der Ansatz zeigt, wohin die Reise geht. Wir müssen uns so positionieren, dass der Kunde keine Alternative sieht.

So gibt es zum Beispiel Zahnärzte, die ohne Betäubung arbeiten und bei denen es trotzdem (fast) nicht weh tut. Oder ein Trainer lässt seine Seminarteilnehmer über glühend heiße Kohlen laufen und keiner verletzt sich dabei. Ein Steuerberater vermittelt bevorzugt bei Steuerkonflikten mit dem Finanzamt. Ich denke, Sie verstehen worauf es ankommt. Alle diese Dienstleister haben sich eine Nische geschaffen, in der sie weitestgehend einzigartig sind.

Einzigartig statt selten blöd

Nicht verwechseln sollten wir das mit den vielen phantasievollen Bezeichnungen, die wir manchmal auf Visitenkarten sehen “der sanfte Anwalt”, “Saftpresse für ihre Kundenprojekte”, “der Spezialist für Rohrverstopfung in ihrem Gehirn”, usw. Solche Bezeichnungen sind zwar einzigartig, aber auch selten. Nämlich selten blöd. Zum einen können sie falsch verstanden werden, zum anderen geben sie nicht tatsächlich eine Positionierung wieder.

Werthaltige Positionierung

Unsere Positionierung müssen wir durch Taten belegen. Ich nehme beispielsweise keine Aufträge an, die außerhalb des Entscheidungsthemas liegen. Ich führe seit 2006 diesen Blog, in dem es fast ausschließlich ums Entscheiden geht und ich habe drei Bücher über dieses Thema veröffentlicht. Bei Google habe ich mir damit eine einzigartige Stellung verschafft und bei potentiellen Kunden ebenfalls.

Ich habe zwar Wettbewerber, die sich dann als Entscheidungscoaches bezeichnen, aber interessanterweise waren sie noch nie ein Thema bei Preisverhandlungen.

Unsere Preise sind für alle Kunden gleich und es gibt keinen Wettbewerber, weil wir einzigartig sind. Damit hat der Kunde nur noch eine Möglichkeit, unseren Preis zu vergleichen. Er wird darüber nachdenken, was es ihm wert ist.

Jetzt müssen wir nur noch herausarbeiten, welchen vielfachen Nutzen der Kunde davon hat, mit uns zusammenzuarbeiten. Jeder verantwortliche Dienstleister wird für seine Kunden einen mindestens zehn- bis fünfzehnfachen Nutzen herausarbeiten können.

Danach dürfte der Preis keine Rolle mehr spielen.

Das arme Schneiderlein

Allerdings gibt es dann noch einige Spezialisten, die damit argumentieren, dass sie diesen Preis nicht zahlen können. Dabei geht es weniger um das Können, als um die Prioritäten.

Es zeigt einfach, dass wir ihm den Nutzen noch nicht klar genug gemacht haben. Ein Kollege sagt dann immer: “Genau weil Sie sich meine Preise nicht leisten können, können Sie es sich nicht leisten, auf mich zu verzichten.”

Das ist allerdings ziemlich manipulativ. Denn es sagt letztlich nur aus: Willst Du denn für alle Zeiten ein Loser bleiben? Soll der Interessent dann “Nein” sagen?

So geht’s

Halten wir fest. Wenn wir es schaffen, alle externen Vergleichsmöglichkeiten abzuschaffen, muss der Kunde unseren Preis ins Verhältnis zu seinem Nutzen setzen. Gute Dienstleister können so ihre Preise problemlos durchsetzen.

4 Kommentare
  1. Claudia Wehrli
    Claudia Wehrli sagte:

    Gratulation zu diesem super Artikel! Die Positionierung als einzigartiges Unternehmen braucht viel Zeit und Mühe, aber das Ergebnis lohnt sich zweifellos.
    Viele Grüsse von „Preisblogger zu Preisblogger“

    Claudia

    Antworten
    • Kai-Jürgen Lietz
      Kai-Jürgen Lietz sagte:

      Danke schön! Ja, Positionierung ist nicht von heute auf morgen zu haben. Allerdings stellen sich relativ bald Erfolge ein. Richtig toll wird es, wenn die Presse einen als Spezialisten wahrnimmt und deshalb zu aktuellen Themen interviewt. 🙂

      Antworten

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  1. […] Dies ist mein zweiter Beitrag zur Blogparade über Preisstrategien. Den ersten Artikel dazu finden Sie unter “Heiße Preise”. […]

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