Der Dreh mit dem Maßstab

Im diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie eigene Entscheidungs-Maßstäbe aufstellen und warum diese selten etwas mit Genauigkeit zu tun haben.

“Ich habe viele phantastische Handlungsoptionen. Welche nehme ich denn nun?”

Gute Entscheidungen hängen vom Urteilsvermögen des Entscheiders ab. Doch was soll das eigentlich heißen?

Der Verlauf einer Entscheidung: Wir sollten wissen, was wir genau wollen und uns dann die richtigen Alternativen schaffen. So weit so gut. Danach scheidet sich oft die Spreu vom Weizen. Denn wie finden wir heraus, ob eine Alternativen unseren Bedarf erfüllt? Selbst das “Ob” ist im Verhältnis noch einfach. Denn bei mehreren verfügbaren Alternativen wollen wir natürlich wissen, welche davon unsere Anforderungen am besten erfüllt.

Intuition ist nicht genug

Bauchentscheider werden sagen, dass sie diese Wahl allein ihrer Intuition überlassen. Bei vielen mag das sogar funktionieren. Sobald wir anderen Rechenschaft schuldig sind, müssen wir unsere Wahl begründen. Da reicht es dann leider nicht, wenn wir von einem guten Gefühl sprechen.

 

Das Maß der Entscheidung

Wir müssen also messen, wir gut unsere Alternativen zu unserem Bedarf passen. Bedarf drückt der Entscheider in seinen Entscheidungskriterien aus. Die Frage lautet also: Wie gut erfüllt eine Alternativen meine Kriterien?

Wenn ich mir ein Notebook kaufen möchte, fällt das relativ leicht. Denn technische Daten sind generell messbar. Ich weiß dann, welche Leistung, welches Gewicht, Display, Speicher, etc. das Gerät hat. Ich müsste dann nur noch dafür sorgen, dass mein Bewertungsmaßstab diese Werte in meinen Bedarf übersetzt.

Andere Merkmale sind nicht direkt messbar. Wenn ich zum Beispiel den Service einer Bank beurteilen möchte, lässt sich das nicht direkt messen.

Allerdings kann ich die Bank aufsuchen und beobachten, wie sich die Mitarbeiter gegenüber den Kunden verhalten.

Ich muss dann nur noch dafür sorgen, dass ich dafür wieder einen zuverlässigen Bewertungsmaßstab entwickle. Die Zuverlässigkeit ist das Hauptproblem bei nichtmessbaren Kriterien. Ich muss sicherstellen, dass ich bei gleichen Beobachtungen immer wieder die gleiche Aussage erhalte.

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Beispielmaßstab für die Messung von Servicequalität in einer Bank

Das ist das eigentliche Problem. Denn als Entscheider wollen wir ja am Ende die Unterschiede zwischen den Alternativen herausarbeiten, um anschließend eine gute Entscheidung treffen zu können. Das spricht für einen feinen Maßstab. Doch dafür reicht unser Urteilsvermögen selten aus.

Der Umschlagtest: Reicht das Urteilsvermögen?

Wir gut unser Urteilsvermögen tatsächlich ist, können wir übrigens mit dem Umschlagtest herausfinden: Nehmen Sie doch einmal einen Maßstab von 1 – 100, wobei bei “100” Ihr Kriterium voll erfüllt ist. Bewerten Sie mehrere Alternativen bezüglich fünf verschiedener Kriterien und stecken Sie das Ganze in einen Umschlag. Nach drei Stunden wiederholen Sie die Bewertung und vergleichen Sie sie mit dem Ergebnis im Umschlag. Wenn Sie keine 100%-tige Übereinstimmung haben, dann reicht Ihr Urteilsvermögen nicht aus, um mit einem so feinen Maßstab zu arbeiten. 😯

Erfahrung zeigt, dass die meisten Menschen in der Lage sind, mit einem Maßstab von 0-4 zu arbeiten. Das nivelliert zwar die Unterschiede zwischen den Alternativen, dafür können Sie die Entscheidung jederzeit wieder reproduzieren.

Hauptanforderungen an einen Maßstab

Das ist auch eine der Hauptanforderungen an einen Maßstab: Reproduzierbarkeit. Die andere heißt Transferierbarkeit. Denn der Maßstab muss auch für andere nachvollziehbar sein. Sonst war die Mühe vergebens.

Vermutlich werden Sie sich jetzt ärgern. Denn Sie wollen ja eine möglichst genaue Bewertung Ihrer Alternativen vornehmen.

Ich kann Ihren Ärger zwar verstehen, aber um Genauigkeit geht es beim Entscheiden bestimmt nicht. Denn dafür sind die wenigsten Menschen geschaffen. Bei einer Entscheidung wollen wir am Ende eine Wahl getroffen haben. Das Ergebnis sollte belastbar sein. Sie sollten die Entscheidung jederzeit wiederholen können, bei gleichem Ergebnis.

Wenn Sie Genauigkeit wollen, kaufen Sie sich eine gute Uhr. Beim Entscheiden müssen Sie darauf verzichten.

Übrigens: Wer klare Maßstäbe erstellt, leistet damit einen wertvollen Beitrag. Denn wo Entscheidungskriterien oft noch interpretierbar sind, schaffen Maßstäbe absolute Klarheit. Eines darf ein Maßstab daher niemals sein: Interpretierbar.

2 Kommentare
  1. Adrianus
    Adrianus sagte:

    Nabend. Eine etwas unpassende Frage aber wie kann ich diesen Blog zu meinem Google Feedreader hinzufuegen? Finde keinen Link. Auf jedenfall ein toller Beitrag.

    Antworten

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