Die verhängnisvolle Negativspirale der Kritik

image In der heutigen Zeit wird Kritik häufig mit Meinungsfreiheit gleichgesetzt und daher ist Kritik auch immer etwas Gutes.

Als Entscheider sind wir darauf angewiesen, dass wir ein ausgewogenes Bild der Welt haben. Durch unser Weltbild werden die Informationen, die wir wahrnehmen gefiltert. Gleichzeitig schaffen wir unser Weltbild aber selbst. Mit anderen Worten, wir sehen, was wir sehen wollen.

Das kann einen verhängnisvollen Prozess in Gang setzen.

Weil die Welt nicht perfekt ist, kritisieren wir sie. Weil wir kritisieren, ändern wir auch gleichzeitig unser Weltbild. Es wird negativer und wir nehmen mehr Fehler wahr. Also kritisieren wir noch mehr Fehler und raten Sie mal, unser Weltbild verändert sich weiter.

Negativspirale im öffentlichen Leben

Journalisten in Politik und Wirtschaft könnten diese Spirale gut kennen. Denn sie verstehen ihren Job oft als Kritiker an allem was passiert. So gibt es kein Land der Erde, in dem dermaßen kritisch über die politischen Eliten berichtet wird wie in Deutschland. Seltsamerweise führt das zu Politikverdrossenheit und eine mangelnde Bereitschaft, selbst in die Politik zu gehen. Ob das die Intention ist? 😯

Wie dem auch sei. Kritiker gelangen relativ schnell in eine verhängnisvolle Negativ-Spirale.

Das Gegenmodell – erfolgreiche Macher

Vielleicht haben Sie sich schon öfter darüber gewundert, dass viele erfolgreiche Firmenchefs die Welt nicht sehr kritisch betrachten?

Das liegt daran, dass wir als Kritiker nur Zuschauer sind. Macher wissen, dass Perfektion kein sinnvoller Standard ist. Natürlich hilft es auch nicht, die Welt nur in Rosafarben zu sehen.

Bitte einmal Maß nehmen!

Etwas Kritik ist richtig. Wir brauchen dabei nur das richtige Maß. Schließlich müssen wir wissen, woran wir arbeiten können, um besser zu werden.

Doch alles was ich hier schreibe, ist nicht neu. Jeder weiß es. Trotzdem gibt es so viele überkritische Menschen.

Anstrengungsloser Nebengewinn

Das liegt daran, dass Kritiker einen hohen Nebengewinn realisieren. Sie heben sich als Richter aus ihrer persönlichen Ohnmächtigkeit heraus. Sie haben die Macht, andere zu verurteilen und da die Welt nicht perfekt ist, haben sie auch immer recht. 😮

Diese Macht ist zwar billig und sorgt auch nicht dafür, dass der Kritiker unbedingt gemocht wird. Aber jeder kann Kritiker sein. Es gibt keine Verdienste oder Ähnliches, was wir vorweisen müssten, um uns diese Position zu verdienen.

Die Kehrseite

Traurig ist nur: Kritiker führen ein saures, unerfülltes Leben. Denn zum einen fehlt ihnen der Einfluss, etwas zu ändern. Zum anderen wissen sie das Vorhandene kaum zu schätzen.

Und wer sich dort erst einmal festgefressen hat, kommt nur ganz schwer wieder heraus. Der ewige Kritiker ist eine Sackgasse.

Was sagt das Buch der Bücher dazu?

In der Bibel finden wir in vielen Varianten, dass wir nicht über andere urteilen sollten. Denken wir nur an “Wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein” oder “Den Splitter aus dem Auge des Bruders ziehen und den Balken im eigenen nicht sehen”

Die Bibel enthält vieles, was unser Zusammenleben als Menschen regeln soll. Und ich finde gerade die Aufforderung, nicht zu (ver-)urteilen als ausgesprochen nützlich. Denn damit erreichen wir nur selten etwas.

Faustregel statt Faustrecht

Es gibt eine Faustregel, die wir sehr einfach einsetzen können. Fragen wir uns doch immer vorher: Was soll mein Ergebnis sein?

Ist das Ergebnis, “Ich fühle mich gut, weil ich meine Meinung geäußert habe”, ist das vielleicht ein bisschen ärmlich.

Äußern wir Kritik dagegen, um jemandem bei seinem Vorankommen zu helfen, klingt das schon besser. Doch wir müssen uns dann im Klaren sein, dass wir das Ergebnis nur bekommen, wenn derjenige die Kritik annehmen kann. Daher sollten wir uns vorher die Erlaubnis zu einem Feedback einholen.

Das sparen wir uns

Wie ist es dann mit der Kritik von Leuten des öffentlichen Lebens, die wir oftmals gar nicht kennen und auch nie kennen lernen werden?

Nun diese Frage dürfen wir uns selbst beantworten.

5 Kommentare
  1. Ralf Lengen
    Ralf Lengen sagte:

    Wertvoll Ihr Hinweis auf das Buch der Bücher. Nicht nur in dem Bild „Splitter und Balken“ wird darauf hingewiesen, vorsichtig mit dem Verurteilen zu sein. Dazu gibt es zahlreiche andere Belege in der Bibel.

    Heißt das, dass man gar nicht kritisieren sollte? Nein, es besteht ein Unterschied zwischen Kritik und Verurteilung. Mit letzterer stelle ich mich über meinen Gesprächspartner. Klar, dass das nicht gut ankommt.

    Kritik hingegen – Sie sagen es – sollte „jemandem bei seinem Vorankommen helfen“. Das hat nichts mit Verurteilung zu tun. Hier stimmt das Motiv. Wenn dann noch der Ton stimmt und der Gesprächspartner signalisiert, dass er auf Rat hören will (Sie empfehlen zu Recht, die Erlaubnis einzuholen), dann tritt folgendes ein, was auch in der Bibel steht, und zwar bei Salomo:

    „Wer einen Menschen zurechtweist, findet letztlich mehr Gunst als einer, der mit der Zunge schmeichelt.“ (Sprüche 28,23)

    Hier ist das Wort „letztlich“ entscheidend. Im Moment tut mir die Kritik vielleicht weh. Wenn ich aber etwas Abstand habe, dann gibt mir diese Kritik die Möglichkeit voranzukommen. Das bringt mich weiter als Schmeichelei, die im Moment vielleicht (nicht immer!) gut ankommt, aber mir langfristig schadet.

    Also: Richtiges Motiv + guter Ton + bereitwilliger Gesprächspartner = erfolgreiche Kritik und weiterhin gute Beziehung!

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  2. Kai-Jürgen Lietz
    Kai-Jürgen Lietz sagte:

    Mir gefällt die Unterscheidung zwischen verurteilen und kritisieren.

    Der Unterschied zwischen Urteil und Kritik ist allerdings ein schmaler Grat.
    Auch die Intention hilft nicht immer weiter. Der Richter mag sich zwar in gerechter Mission sehen und trotzdem nur seinem eigenen Ego dienen.

    Der Formel stimme ich voll zu.

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  3. Markus Classen
    Markus Classen sagte:

    Perfektion ist kein Standard – das ist der Satz, der mich hier am meisten beeindruckt in Ihrem Beitrag!

    „Macher wissen, dass Perfektion kein sinnvoller Standard ist“ – weil dieser unweigerlich zum Nichts-Tun führen wird. Denn: Perfekt ist in DIESER Welt rein gar nichts (um auch den Verweis auf das Buch der Bücher mit aufzunehmen 😉

    Ich verwende in diesem Zusammenhang auch gern die sog. 80/20-Regel: Vor Beginn einer Aufgabe überlege ich mir, ob wirklich 100% Qualität im Ergebnis benötige, falls nicht, reichen nämlich 20% Aufwand um 80% Ergebnisqualität zu realisieren.

    Nehmen Sie z.B. einen Geschäftsbrief oder eine etwas umfangreichere Mail. Sie haben im Kopf, was Sie schreiben wollen und schreiben so zunächst „einfach runter“. Dann lesen Sie noch einmal Korrektur und …. – STOP – jetzt haben Sie die 80% Qualität schon erreicht. Wenn Ihnen nun noch einfällt, ob Sie nicht etwas vergessen haben, was Sie noch ergänzen könnten und ob nicht dieser oder jener Satz zu kurz und der andere zu lang ist, etc. verbrauchen Sie noch mal 80% Aufwand (in diesem Fall Zeit), um Ihren Brief von 80% Qualität auf ein Niveau bis zu 100% zu heben.

    Für einen Geschäftsbrief reichen allerdings i.d.R. die 80 %, nur merken wir während des Bearbeitens meist nicht, dass wir viel Zeit investieren und wenig vorankommen. Deshalb: VORHER kurz innehalten, die „80/20-Frage“ stellen und dann erst loslegen.

    Viele Grüße aus dem Coachingbüro
    Markus Classen

    P.S. Zugegeben, wenn Sie an dem Text von Ihrem Unternehmensleitbild arbeiten, sollten Sie schon die 100%-Marke anstreben 😉

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  1. […] Quelle: Kai-Jürgen Lietz, Entscheiderblog, Die verhängnisvolle Negativspirale der Kritik […]

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