Harter Sparkurs – wenn die Zukunft verspielt ist
Ich lese gerade Rüdiger Jungbluths Biographie “Die Oetkers”. Die Gründungsgeschichte des Firmenimperiums um Pudding, Backpulver, Fertig-nahrung, Reedereien, Banken, Versicherungen und Touristikunternehmen lässt tief blicken.
Dr. August Oetker war bestimmt kein genialer Erfinder, aber er verstand es schon früh, durch intelligentes Marketing eine äußerst langlebige Marke aufzubauen. Er glaubte an langfristige Ziele und an Pläne und Tagebücher, um sie umzusetzen. Denn auch er wusste, wie leicht die Tagesroutine uns ablenkt. Und er war sparsam.
Früher Schicksalsschlag
Leider gehörte sein Sohn Rudolf zu den Gefallenen des ersten Weltkrieges. Sein Vater starb vor Gram darüber kaum ein Jahr später.
Doch dieser Schicksalsschlag ermöglicht den Oetkers heute, eine relativ weiße Weste bezüglich der Nazidiktatur zu haben.
Wie praktisch
Denn ein Studienfreund Rudolphs heiratete bald Rudolphs Witwe und übernahm das Familiengeschäft. So bekam der Enkel August Oetkers einen Stiefvater und das Unternehmen einen Sanierer. Denn die Oetker-Geschäftsführung hatte sich verspekuliert. Das Unternehmen drohte an einen Lieferanten zu fallen.
Kaselowsky war Antisemit, daher arrangierte er sich hervorragend mit dem Dritten Reich und seiner Administration. Er baute das Oetker-Unternehmen in den folgenden 12 Jahren weiter aus. So stieg Kaselowksy in ein Druckerei- und Pressegeschäft ein und in diverse Reedereien.
Stabübergabe kurz vor der Kapitulation
Als Kaselowsky 1944 bei einem Bombenangriff auf Bielefeld ums Leben kam, übernahm sein 28-Jähriger Stiefsohn und der Enkel des Gründers die Geschäfte.
Kaselowsky steht für das Kungeln mit dem Hitler-Regime. Rudolf August Oetker war weitgehend unbelastet, wurde aber wegen seiner Mitgliedschaft in der Waffen-SS nach Kriegsende interniert und entnazifiziert.
Vollgestopfte Taschen
Erstaunlich finde ich, wie sehr die Politik dem Enkel nach seiner Freilassung half, Geld zu verdienen. Nach der Währungsreform erlebte die Deutsche Industrie einen Konsumboom sonder gleichen. Es war ein Verkäufermarkt und die Konsumenten zahlten hohe Preise um billigen Pudding und Backpulver zu bekommen.
Die Gewinne durfte Oetker 1:1 in seine eigene Reederei stecken, um davon Schiffe zu kaufen. Der Staat finanzierte quasi den Schiffserwerb mit, weil er auf seine Steuern verzichtete.
Dabei ist dem Unternehmer kein Vorwurf zu machen. Er machte das, was jeder Unternehmer macht. Er nutzte die gegebenen Möglichkeiten.
Aber ohne die vielen Steuervergünstigungen zum Kauf von Schiffen, wäre der Oetker-Konzern in den 50er Jahren bestimmt nicht der größte Reeder Deutschlands geworden.
Späte Umverteilung?
Angesichts der großen finanziellen Probleme, die der Deutsche Staat heute hat, kann man natürlich auf die Idee kommen, dass solche Vermögen sich an den Kosten der Krise beteiligen sollten.
Ohne Substanz
Aber warum? Ja, alle Unternehmer und Immobilienbesitzer waren 1948 nach der Währungsreform in einer einmalig guten Lage. Die Lasten des Krieges waren auf alle Sparer abgewälzt worden.
Wer materielles Vermögen besaß fand eine geniale Gelegenheit vor, sein Vermögen zu vervielfachen. Während das einfache Volk sich der Konsumorgie hingab.
Allerdings wäre das Wirtschaftswunder ohne die Leidenschaft und das persönliche Engagement der Nachkriegsunternehmer nicht denkbar gewesen.
Kein Rückgrat
Die heutige Krise wurde nicht von Unternehmern sondern von führungsschwachen Politikern ausgelöst. Wo stünden wir heute, wäre unser Staat nicht so hemmungslos verschuldet?
Offensichtlich hat es kein Politiker seit den späten 60er Jahren fertig gebracht, “Nein” zu sagen. Jedes Jahr zahlen wir 40 Milliarden an Zinsen für Kredite. Diese 40 Milliarden sind unser Konsumverzicht, den wir für die Generationen vor uns leisten.
Denn sie haben mehr verbraucht, als sie erwirtschaftet haben. Unglaublicherweise tun wir das heute noch. Sparen tut weh. Denn zahlreiche Interessengruppen müssen auf liebgewonnene Extras verzichten. Besonders bitter: Der Sozialhaushalt hat den größten Anteil. Daher wird dort auch der größte Batzen zum Sparen sein.
Sparen währt am längsten oder so ähnlich …
Rudolph-August Oetker war ein sehr sparsamer Mensch. Obwohl der Herr eines Milliardenkonzerns, war es bekannt, dass er durchaus am Steuer seine VW-Käfers anzutreffen war, wenn er seine Betriebe besuchte.
Bei seinen Feiern in seiner Hamburger Villa waren seine reichen Freunde nicht immer amüsiert, Bratkartoffeln und Spiegelei serviert zu bekommen, wenn sie doch sonst Hummer und Kaviar gewohnt waren.
Doch Menschen wie Oetker werden Unternehmer, nicht Politiker. Was soll uns das wohl sagen?
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