Mit Abstand besser Entscheiden
Entscheidungen sind das Ergebnis unserer persönlichen Bewertung. Wir sind keine Maschinen. Ein und derselbe Sachverhalt sieht zu anderen Zeiten jeweils anders aus.
Mir geht es häufig so mit meinen Texten. Denn was nach dem ersten Schreiben zunächst da steht, spricht mich nicht immer an. Der Finger schwebt dann oft schon über der Löschtaste. Zum Glück setze ich den Entschluss in zwei von drei Fällen nicht um. Denn kurze Zeit später sehe ich den gleichen Text mit neuen Augen.
Ich hätte das Löschen vermutlich nicht bereut, weil ich keine Chance für eine zweite Bewertung gehabt hätte. Aber bei meinem zweiten Blick mit dem richtigen Abstand bin ich oft begeistert.
Ohne jede Selbstbeherrschung
»Na ja, so ist das beim Lietz, bei mir ist das ganz anders«. Der Meinung können wir sein. Aber ist das wirklich so?
Wir wissen zum Beispiel von Experimenten, bei denen der Präfrontale Cortex mit mathematischen Aufgaben ausgelastet wurde und gleichzeitig die Selbstbeherrschung der Probanten in den Keller geht.
Die Studienteilnehmer sollten sich eine Folge von Zahlen merken, in einem Flur kurz warten und in einem anderen Raum nachweisen, dass sie die Zahlen behalten hatten. Im Wartebereich hatten die Wissenschaftler einen Tisch mit Pausenverpflegung aufgebaut. Die Probanten hatten die Wahl zwischen Schokoladenkuchen und gesundem Obst.
Wie sich herausstellte, entschieden sich Teilnehmer mit längeren und komplexere Zahlenfolgen öfter für die weniger gesunde Alternative.
Das Chefsymptom
Stecken wir also in einer Situation, die unser Denken stärker fordert als sonst, sollten wir unsere Entscheidungen nicht gleich treffen.
Denn die Wahrscheinlichkeit, dass sie in unserem Reptilienhirn und nicht in unserem Großhirn gefällt wird ist groß. Ist der Präfrontale Cortex ausgelastet, fehlt es uns an Selbstbeherrschung.
Als Folge ist es mit unserer sozialen und emotionalen Intelligenz nicht mehr weit her. Eine Erfahrung, die viele Chefs machen.
Sie haben in kurzer Zeit viele anspruchsvolle Entscheidungen zu treffen. Will dann ein Mitarbeiter nicht so wie es gerade ins Konzept passen würde, schwingt man lieber die Vorgesetztenkeule, anstatt den Mitarbeiter für die eigene Sache gewinnen zu wollen.
Sicherheitsabstand
Bessere Entscheidungen treffen wir also, wenn wir zeitlichen Abstand schaffen und die endgültigen Entscheidung erst nach einer kurzen Entspannung treffen.
Wie mit diesem Text. Gut, dass ich ihn nicht gelöscht habe. 🙂
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