Ohne Unsicherheit und Risiko
„Was soll das heißen, meine Entscheidung fällt unter Unsicherheit? Ich bin mir ganz bestimmt sicher!“
So ein mittelständischer Unternehmer zu seinem Assistenten, der gerade frisch von der Uni kommt.
Der Unterschied zwischen der Praxis und dem universitären Elfenbeinturm könnte kaum krasser sein als beim Entscheiden.
Als Student vor 13 Jahren war ich in die Fächer Entscheidungstheorie und Spieltheorie geradezu vernarrt. Als junger Berater haben mir zwar die mittelständischen Kunden höflich zugeschaut, wenn ich mit Wahrscheinlichkeiten gerechnet habe, aber sie hätten in ihrem Leben nicht ihre Entscheidungen auf diese Weise getroffen.
Die Geister scheiden sich an dem Thema Eintrittswahrscheinlichkeit. Solange es sich um technische Vorgänge handelt, lassen sich Wahrscheinlichkeiten gut berechnen. Sobald es aber z.B. um ein neues Produkt auf einem noch nicht erschlossenen Markt geht, wird es haarig.
Große Unternehmen beauftragen dafür eine aufwändige Marktforschung, aber der Mittelständler muss hier weitestgehend auf sein Bauchgefühl vertrauen.
Dafür müssen die großen Unternehmen darüber entscheiden, ob sie überhaupt das Geld für die Marktforschung in die Hand nehmen. Wie häufig man sich in Deutschland dagegen entscheidet, können wir an den dt. Entwicklungen von Telefax, MP3-Player und Hybrid-Motor sehen. Den Erfolg haben heute Firmen in anderen Ländern. 🙁
Aber zurück zu unserem Mittelständler. Der ist schnell ein Freund guter Entscheidungsmethoden, sobald die Wahrscheinlichkeitsrechnung außen vor gelassen wird.
Sind seine Entscheidungen deshalb schlechter? Ich behaupte „nein“, denn der Entscheider ist sich ja doch bewußt, dass es immer anders läuft, als geplant.
Und da hat gerade der Mittelstand eine mächtige Waffe: Die Flexibilität. Läuft es anders als geplant, dann wird schnell umgedacht. Ist die Maschine nicht schnell genug auf das neue Produkt umgerüstet, aber die Marketingkampagne läuft schon, dann wird binnen 24 Stunden ein Kooperationspartner einschaltet oder den Kunden vorwitzig mitgeteilt, dass der Bedarf die „derzeitige“ Produktionskapazität übersteigt, oder die Mitarbeiter legen Sonderschichten ein, um das Unmögliche doch noch möglich zu machen, usw.
Diese Flexibilität macht die fehlende Wahrscheinlichkeitsrechung wieder wett bzw. ist dieser auch überlegen. 🙂
Wichtig ist nur, dass ich bei meinen Entscheidungen die drei Kernfragen kläre:
- Wie erziele ich Entscheidungsklarheit? (Was will ich wirklich?)
- Wie schaffe ich attraktive Entscheidungsalternativen?
- Wie sichere ich mir die größtmögliche Unterstützung für die Umsetzung?
Gerade Punkt drei sorgt für die von mir angesprochene Flexibilität. 🙂