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Irrungen und Wirrungen

© Gernot Krautberger - FOTOLIAGestern habe ich über die Trennung von Daimler und Chrysler geschrieben. Im Rückblick interessanter finde ich allerdings, dass die beiden Firmen überhaupt zueinander gefunden haben. Die damals verantwortlichen Architekten des Deals waren Jürgen E. Schrempp (Daimler-Benz) und Bob Eaton (Chrysler).

Es war ja nicht das erste Mal, dass eine grosse Illusion in Untertuerkheim geplatzt ist.

Just der Vorgänger von Schrempp, Edzard Reuter hatte das Unternehmen mit seiner Strategie des integrierten Technologiekonzerns in die schwerste Krise seiner Firmengeschichte geführt. Ein Verlust von über 5,7 Milliarden DM und die Pleiten der Konzerntöchter AEG und Fokker hinterlassen zumindest einiges an Erfahrung, aus der auch Schrempp lernen konnte.

Er zog daraus die Lehre, dass Daimler ein Automobil-Konzern ist und sich das Unternehmen darauf konzentrieren solle. Größe dagegen sei notwendig, da im Automobilbereich durch die Globalisierung die Konzentrationstendenzen zunehmen statt abnehmen. Der damalige Daimler-Chrysler Deal wurde geradezu frenetisch gefeiert. Schrempp und Eaton hatten es geschafft, ihre Pläne so lange geheim zu halten, bis alles spruchreif war. Mit großer visionärer Kraft überzeugte der Vorstandsvorsitzende von Daimler-Benz seine Kollegen, den Aufsichtsrat und schließlich auch die Aktionäre.

Große Synergien sollten gehoben werden und Daimler-Benz würde zu den ganz großen der Branche aufsteigen. Man muss sich allerdings fragen, wo diese Synergien tatsächlich lagen. Daimler und der amerikanische Partner hatten von vorne herein sehr unterschiedliche Märkte. Die Kunden von Daimler kauften aus Überzeugung eine teuere Edelkarosse, wegen Qualität und technischer Innovation. Der durchschnittliche Chrysler Kunde kaufte seinen Dogde, Neon oder Plymouth, weil der Deal gerade günstig war. Niemals würde ein Daimler-Kunde die billigen Baugruppen von Chrysler akzeptieren und kein Chrysler-Kunde würde die saftigen Aufpreise für Qualität und Innovation der Daimler-Teile bezahlen wollen.

Mit anderen Worten, Plattformstrategien, wie wir sie z.B. von VW kennen schieden aus. Allerdings gibt es ja noch Management und Verkauf. Da müssten doch wohl Synergien entstanden sein. In der Tat gab es hier Ansätze. Doch auch im Vertrieb muss man einfach konstatieren, dass die unterschiedlichen Käufergruppen nicht all zu viele Überschneidungen hatten. Natürlich wurde das Management verschlankt. Allerdings ebbt dieser Prozess über die Jahre ab. Denn es liegt in der Eigenart von großen Konzernen, immer wieder neue Aufgaben zu schaffen. In der Folge bläht sich der Verwaltungsapparat auf.

Da fragt man sich doch, haben die damals denn nichts davon wissen können?

Das kann man natürlich in der Retrospektive gut fragen. Ich denke, dass Jürgen E. Schrempp eine große Vision transportiert hat, die alle Beteiligten erfasst hatte. Dies hat ihm die große Unterstützung für die Umsetzung seines Planes verschafft. Alle waren wie betrunken von der Aussicht eines globalen Automobil-Konzerns, der im wesentlichen aus Deutschland bestimmt wird. Da mussten die platten Zahlen ja unter leichmetallbefelgte Breitreifen kommen. 😛
Nicht umsonst haben die dt. Wirtschaftseliten Schrempp 1999 in einer Forsa-Umfrage zum einflussreichsten Macher ernannt und ihm den größten Einfluss auf die dt. Wirtschaft in den nächsten zehn Jahren zugesprochen.

Angesichts der Strahlkraft ihrer unternehmerischen Visionen waren Reuter und Schrempp echte Unternehmer. Sie waren so überzeugend, dass es nur wenige Warner gab, die erst einmal kein Gehör fanden.

Wohlgemerkt, die Sache hätte auch gut gehen können. Sowohl im einen Fall, wie auch im anderen. Trotzdem bin ich gespannt, wann Herr Zetsche eine große Vision entwickelt und sie dann mit noch mehr Tatendrang in die Tat umsetzt. 😎

Als Entscheider kann man aus der Sache lernen, dass wir lediglich eine große Vision brauchen, die alle mitreißt, dann brauchen wir uns um die Umsetzung keine großen Sorgen mehr zu machen. 🙂 Erfolg ist damit natürlich noch nicht garantiert. 😉

Ohne Unsicherheit und Risiko

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„Was soll das heißen, meine Entscheidung fällt unter Unsicherheit? Ich bin mir ganz bestimmt sicher!“

So ein mittelständischer Unternehmer zu seinem Assistenten, der gerade frisch von der Uni kommt.

Der Unterschied zwischen der Praxis und dem universitären Elfenbeinturm könnte kaum krasser sein als beim Entscheiden.

Als Student vor 13 Jahren war ich in die Fächer Entscheidungstheorie und Spieltheorie geradezu vernarrt. Als junger Berater haben mir zwar die mittelständischen Kunden höflich zugeschaut, wenn ich mit Wahrscheinlichkeiten gerechnet habe, aber sie hätten in ihrem Leben nicht ihre Entscheidungen auf diese Weise getroffen.

Die Geister scheiden sich an dem Thema Eintrittswahrscheinlichkeit. Solange es sich um technische Vorgänge handelt, lassen sich Wahrscheinlichkeiten gut berechnen. Sobald es aber z.B. um ein neues Produkt auf einem noch nicht erschlossenen Markt geht, wird es haarig.

Große Unternehmen beauftragen dafür eine aufwändige Marktforschung, aber der Mittelständler muss hier weitestgehend auf sein Bauchgefühl vertrauen.

Dafür müssen die großen Unternehmen darüber entscheiden, ob sie überhaupt das Geld für die Marktforschung in die Hand nehmen. Wie häufig man sich in Deutschland dagegen entscheidet, können wir an den dt. Entwicklungen von Telefax, MP3-Player und Hybrid-Motor sehen. Den Erfolg haben heute Firmen in anderen Ländern. 🙁

Aber zurück zu unserem Mittelständler. Der ist schnell ein Freund guter Entscheidungsmethoden, sobald die Wahrscheinlichkeitsrechnung außen vor gelassen wird.

Sind seine Entscheidungen deshalb schlechter? Ich behaupte „nein“, denn der Entscheider ist sich ja doch bewußt, dass es immer anders läuft, als geplant.

Und da hat gerade der Mittelstand eine mächtige Waffe: Die Flexibilität. Läuft es anders als geplant, dann wird schnell umgedacht. Ist die Maschine nicht schnell genug auf das neue Produkt umgerüstet, aber die Marketingkampagne läuft schon, dann wird binnen 24 Stunden ein Kooperationspartner einschaltet oder den Kunden vorwitzig mitgeteilt, dass der Bedarf die „derzeitige“ Produktionskapazität übersteigt, oder die Mitarbeiter legen Sonderschichten ein, um das Unmögliche doch noch möglich zu machen, usw.

Diese Flexibilität macht die fehlende Wahrscheinlichkeitsrechung wieder wett bzw. ist dieser auch überlegen. 🙂

Wichtig ist nur, dass ich bei meinen Entscheidungen die drei Kernfragen kläre:

  1. Wie erziele ich Entscheidungsklarheit? (Was will ich wirklich?)
  2. Wie schaffe ich attraktive Entscheidungsalternativen?
  3. Wie sichere ich mir die größtmögliche Unterstützung für die Umsetzung?

Gerade Punkt drei sorgt für die von mir angesprochene Flexibilität. 🙂

Unternehmer haben Ihren eigenen Kopf

© James Steidl - FOTOLIAIch komme gerade aus einem Business Club Meeting.

Da kam die Sprache auf die Umsetzung von Entscheidungen. Ein Gast meinte, dass dies eigentlich kein Thema ist, wenn der Unternehmer seine Mitarbeiter achtet und ihnen den Sinn am Ganzen vermittelt. Nach dem Motto: Wir sitzen alle in einem Boot. Mit dieser Einstellung beteiligt der Unternehmer seine Mitarbeiter an den Entscheidungsprozessen. So komme es ganz natürlich zum Zug an einem Strang. Entscheidungen würden alle gemeinsam mit voller Kraft umsetzen.

Ich glaube das auch. Ich habe allerdings auch die Erfahrung mit einer großen Anzahl von Unternehmern gemacht. Die meisten Unternehmer hatten Ihr Unternehmen eigenhändig aufgebaut und sind dabei hohe private Risiken eingegangen.

Sie sind stolz darauf, was Sie erreicht haben, weil Sie auch wissen, dass dafür eine ganz bestimmte Lebenseinstellung vorhanden sein muss, die den meisten Angestellten abgeht. Arbeitszeiten von 7:00 Uhr bis 22:00 Uhr sind für viele Unternehmer normal.
Gleichzeitig beklagen viele, dass ihre Mitarbeiter nicht den richtigen „unternehmerischen Biss“ haben.

Da fällt es natürlich sehr schwer, den Mitarbeitern die gleiche Achtung entgegen zu bringen, wie das gegenüber einem erfolgreichen Unternehmerkollegen der Fall wäre. Ein Unternehmer ging sogar so weit, von „allgemeiner Faulheit und Dummheit“ zu sprechen. (Vielleicht werde ich Ihm mal die Adresse von Herrn Widmer zustecken 🙂 , damit es demnächst besser mit der Personalauswahl klappt.)
Wie kann ich diesen Unternehmern dabei helfen, trotzdem Entscheidungen so zu treffen, dass die Umsetzung mit der größtmöglichen Unterstützung erfolgt?

Was immer funktioniert, ist eine klare Abschätzung der eigenen Interessen.

Wenn ich als Unternehmer eine Entscheidung umsetze, dann verfolge ich damit immer ein bestimmtes Ziel. Jede Entscheidung schafft Betroffene und Beteiligte. Damit es mit der Umsetzung klappt, muss ich als Unternehmer dafür sorgen, dass es mehr Beteiligte als Betroffene gibt. Andernfalls kann ich mein Ziel vergessen. 😯

Daher berücksichtige ich die Interessen meiner Mitarbeiter in meinen Entscheidungen, auch wenn sie ja alle „nur“ eine Angestelltenmentalität haben 😉

Der andere Weg, die Lebensvorstellungen des Unternehmers auf den Kopf zu stellen, halte ich offen gesagt für verwegen. Denn dazu müßte dieser sich grundsätzlich ändern wollen und welcher ansonsten erfolgreiche Unternehmer möchte das schon?

In die Umsetzung vor der Entscheidung?

Warum soll ich einen Umsetzungsplan für Alternativen erstellen, über die ich noch nicht einmal entschieden habe? Fragte mich ein Unternehmer, der über ein internes Service-Projekt in seinem Unternehmen zu entscheiden hatte.

Die Frage ist berechtigt. Denn einen Umsetzungsplan (Projektplan) zu erstellen macht viel Arbeit. Insofern könnte es praktisch sein, damit zu warten, bis die Entscheidung gefallen ist. Bei fünf zur Verfügung stehenden Entscheidungsalternativen spart sich der Entscheider so doch 80% der Arbeit oder?

Um es mit Radio Eriwan zu sagen: Es kommt darauf an.
Unser Unternehmer hatte in seinen Entscheidungskriterien explizit „eine schnelle Projektdurchführung“ als besonders wichtig erachtet.

Jetzt gibt es zwei Faktoren, die die Geschwindigkeit der Projektdurchführung beeinflussen.

  1. Die für die Einzelmaßnahmen notwendige Zeit
  2. Die Widerstände, die das Projekt bei Betroffenen auslöst.

Punkt 1 ist klar, je mehr zu tun ist, um das Ziel zu erreichen, desto mehr Zeit und oder Manpower brauche ich.

Punkt 2 ist eigentlich auch klar. Grundsätzlich gibt es bei Veränderungen immer Betroffene. Diese lassen sich zu Beteiligten machen, wenn es gelingt, einen Interessenausgleich herzustellen. Noch besser ist es im Interesse der Umsetzungszeit, wenn die Anzahl der Betroffenen klein und der Grad Ihrer Betroffenheit niedrig ist.

Das trifft insofern zu. solange noch keine Entscheidung gefallen ist und erst einmal freundliche Gespräche ohne den Druck der Umsetzung geführt werden.

Der Unternehmer hat am Ende tatsächlich fünf grobe Umsetzungspläne für die verschiedenen Alternativen erarbeitet. Er war froh, es getan zu haben, da er andernfalls wahrscheinlich eine andere Alternative vorgezogen hätte.

Wie ist Ihre Erfahrung mit Umsetzungsplänen als Entscheidungsgrundlage?

Wenn alle an einem Strang ziehen…

Wenn alle an einem Strang ziehen, dann ist das meistens etwas Gutes. Ist das Ganze als Wettbewerb ausgelegt, dann nennt sich das Tauziehen und die größere und/oder stärkere Mannschaft gewinnt.

Viele Unternehmer wundern sich, dass sie von ihren Mitarbeitern nicht unterstützt werden und es häufig zum Machtkampf ausartet, wenn sie ihre Pläne umsetzen wollen.

Wie eigentlich immer, wenn starker Widerstand entsteht, kann das an der hohen Zahl der Betroffenen (Mitarbeiter) und der geringen Zahl der Beteiligten (nur der Unternehmer?) liegen.

Wer dieses Blog von Anfang an verfolgt hat, weiß dass ich an dieser Stelle gerne über das Einbinden der Interessen der (noch) Betroffenen schreibe. Aber es gibt natürlich auch andere Aspekte, die ebenfalls zuverlässig den Widerstand der Mitarbeiter hervorrufen.

Jo (von Jo’s Jobwelt) schreibt:

„Brad Gilbreath, Verhaltensforscher von der Indiana University in Fort Wayne: „Unsere Chefs sind die wichtigsten Bezugspersonen in unserem professionellen und auch in unserem Privatleben. Aber oftmals nicht aus den Gründen, die wir für offensichtlich halten.“ So könne eine Führungskraft das seelische Befinden der gesamten Belegschaft negativ beeinflussen.

Bestätigt wird die These durch eine Gallup-Studie, die er im Fachjournal „Work and Stress“ veröffentlichte. der Forscher befragte dazu über 1000 Angestellte aus unterschiedlichen Berufen nach ihren Vorgesetzten. Ergebnis: Über die Hälfte der Befragten wurden von den schlechten Stimmungen des Arbeitgebers auch privat negativ beeinflusst. Jeder zweite Befragte gab sogar zu, ein gestörtes Verhältnis zum Chef zu haben. Der ist sogar einer der häufigsten Gründe, warum Mitarbeiter ihren Hut nehmen und kündigen. Laut „Psychology Today“ übertrumpft der Chefzwist noch alle anderen Kündigungsgründe wie mangelndes Gehalt, Überstunden und tägliche Aufgaben.“

Ein Unternehmer hat mehr als jeder „normale“ Manager die Funktion eines Visionärs und eines Motivators. Etwas Mitreißendes sollte von ihm ausgehen. Wenn die Dinge nicht zum besten stehen, ist Sachlichkeit gefragt und wenn sie gut laufen Emotionalität. Von schlechter Stimmung sind im Zweifelsfall alle Betroffen, nach Interessensunterschieden muss man da nicht mehr groß fragen. Genauso sind an einer guten Kultur im Unternehmen auch alle beteiligt. Vielleicht ist an diesem generellen Ansatzpunkt vordringlich anszusetzen, bevor es darum geht in Einzelmaßnahmen einen Interessenausgleich zu schaffen?
Ich weiß, dass Sie anderes von mir gewohnt sind (wo ist der Mann mit den Unternehmerwerkzeugen?). Aber dies ist auch Teil der widerstandsfreien Umsetzung von Entscheidungen.