Apotheker-Entscheidung
Der größte PC-Hersteller der Welt gibt auf. Hewlett-Packard will sein PC-Geschäft verkaufen und sich zukünftig auf das Software- und Service-Geschäft konzentrieren.
Diese Nachricht schlug gestern Abend weltweit wie eine Bombe ein. Viele fühlen sich an den Tag erinnert, als IBM sein PC- und Notebookgeschäft an Lenovo verkaufte.
Gleichzeitig wird HP sein WebOS Geschäft mit Tablets und Smart-Phones aufgeben. Vor einem Jahr hatte der Konzern den Smartphone – und PDA-Pionier Palm für 1,2 Milliarden US Dollar gekauft und in eine neue Gerätegeneration investiert, die vor rund 50 Tagen auf den Markt kam.
Die Entscheidung ist nachvollziehbar. Mit Software- und Service sind erheblich höhere Margen zu verdienen als mit Hardware. Außer natürlich man heißt Apple. Das Unternehmen hat Software. Hardware und Service zu einem einzigartigen Ökosystem zusammengeführt und ist deshalb heute das wertvollste Unternehmen der Welt.
Das Apple-Modell wird von vielen bewundert, konnte bisher allerdings nicht kopiert werden, da kein anderes Unternehmen in der Branche über derart aktivierbare Fans verfügt.
Vor einem Jahr ist noch etwas anderes passiert. Der bis dahin sehr erfolgreiche HP Chef Mark Hurd trat wegen gefälschter Reiseabrechnungen im Zusammenhang mit einer Sex-Affäre zurück.
Sein Nachfolger ist seitdem Léo Apotheker, der ehemalige SAP-Chef. Insofern kommt die Entscheidung nicht wirklich überraschend.
Denn Entscheidungen geben unserem Handeln eine Richtung. Daher müssen wir sehen können, wohin wir wollen.
Leo A. hat sein Leben lang in Beratungen und Softwareunternehmen gearbeitet. Daher wäre es überraschend, wenn er eine Vision entwickelte, die auch einen starken Fokus auf Hardware hätte.
Gerade das Geschäft mit Smartphones und Tablets erfordert in diesen Tagen sehr viel visionäre Kraft. Denn Apple mit seinen iGeräten und Google mit seinen Android-Geräten dominieren diesen Markt.
Da müssen wir uns auch nicht wundern, dass Léo A. nach 50 Tagen den Stecker zieht. Wobei das bei WebOS Geräten das falsche Bild ist, weil sie induktiv ohne Kabel geladen werden. Der HP-Chef möchte dem schlechten Geld kein gutes hinterherwerfen.
Wer keine Vision hat, wird sich bei Hindernissen kaum selbst davon überzeugen können, dass sich das Weitergehen lohnt. Stattdessen geben wir auf und suchen uns etwas, das leichter ist. Das ist nur menschlich.
Léos Entscheidungen sind also nachvollziehbar. Niemand wird etwas tun, was nicht in ihm ist. Die Entscheidung gegen das PC-Geschäft und gegen WebOS ist bereits letztes Jahr gefallen, als man Léo Apotheker an die Spitze des Unternehmens gestellt hat.
Was werden HPs Kunden darüber denken? Nun, ich gehörte dazu. Über mehrere Jahre hatte ich HP Desktops und einen HP TabletPC. Beide waren nicht perfekt. Aber trotzdem keine schlechten Geräte. Allerdings habe ich heute einen flüsterleisen Desktop PC aus handverlesenen Komponenten und ein Asus EEE Slate EP 121, auf dem ich gerade diesen Beitrag schreibe.
HP hat vor Jahren seiner Forschungs-und Enwicklungsausgaben stark zurückgefahren. Das geht vielleicht eine Zeit lang gut, aber wer möchte nicht von seinem Neukauf auch ein Stück begeistert werden?
Apple erfüllt und übertrifft oft diese Erwartung. Daher funktioniert das Geschäft für den Anbieter aus Cupertino. Steve Jobs wollte immer coole Produkte schaffen, die jeder bedienen kann. Das macht Kunden zu Fans.
Mischkonzerne wie HP wollen vor allen Dingen Geld verdienen und verlieren dabei den Kunden aus dem Blick. Sie wissen sie nicht zu begeistern. Aber vielleicht ist das eine auch die Folge vom anderen. Wer weiß? 😉
Da bekommt der Leitspruch von HPs PC-Sparte eine völlig neue Bedeutung: “The computer is personal again”. Ja, unser PC ist jetzt wieder unser Privatproblem. 😉