eBooks im Management – Der OYO eBook Reader
In Amerika ist es DAS Thema. In Deutschland tasten wir uns langsam heran. Gemeint sind elektronische Bücher oder auf neudeutsch eBooks.
Normalerweise beschäftige ich mich im Entscheiderblog nicht mit Technik. Allerdings glaube ich, dass wir Entscheider alle ein ähnliches Problem haben.
Wir lesen lebenslang
Die Notwendigkeit, lebenslang zu lernen zwingt uns, viele Sach- und Managementbücher zu lesen. Der eine oder andere hat vielleicht auch Freude an psychologischen Ratgebern.
Die Folge: Nach einiger Zeit gibt es kaum mehr freie Regalplätze im Büro und Zuhause. Da diese Bücher meistens zeitlos sind, möchte man sich ungern davon trennen.
Bücher sind schwer
Die beste Zeit zum Lesen sind Geschäftsreisen. Allerdings möchten wir dann leicht unterwegs sein. Die Deutsche Bahn wollte wegen meiner Reise-Bibliothek auch keinen Extrawagen an ihren ICE hängen. 😉
Schwere Schmöker belasten. Zudem ist der früher obligatorische Aktenkoffer der Notebook Tasche mit weniger Stauraum für unsere Bücher gewichen.
Wer zusätzlich als Trainer unterwegs ist, hätte sich in der Vergangenheit sicher oft gewünscht, seine wichtigsten Bücher im schnellen Zugriff zu haben. Denn Seminarteilnehmer fragen oft ganz unvorhersehbare Fragen. Da hätte ich in der Vergangenheit gerne in der Mittagspause noch etwas nachgeschlagen.
1.000 Bücher und mehr
Lange Rede kurzer Sinn. Ein Gerät, auf dem sich mehr als 1.000 Bücher speichern und lesen lassen ergibt einen Sinn, selbst wenn wir technisch nicht jedem Fallobst hinterherlaufen möchten.
Die Firma Thalia hat mir dankenswerter Weise ihren brandneuen OYO eBook Reader, der seit gestern für 139 Euro zu kaufen ist, zur Verfügung gestellt.
Management Zusammenfassung
Das Lesen mit dem OYO Reader macht insgesamt Spaß. Beim Lesen vergisst man schnell die Technik und kann sich gut auf den Inhalt konzentrieren. Der Bildschirm ist klar und spiegelt nicht. Nie war es einfacher, mal eben ein neues Buch zu kaufen. Das verwendete Buchformat stellt sicher, dass heute gekaufte Bücher auch in zehn Jahren noch lesbar sind. Allerdings gibt es für den Leser von Managementliteratur auch einige Kinderkrankheiten in Kauf zu nehmen.
Was nach dem Auspacken sofort auffällt: »Der ist aber klein«. Der OYO Reader hat eine Bildschirm-Diagonale von 6 Zoll und wiegt dabei rund 240 Gramm. Damit ist er kleiner als ein Taschenbuch und könnte in vielen Jackentaschen Platz finden.
Klein aber OYO
Gemäß dem allgemeinen Trend zum Liebkosen der Technik darf auch der OYO Besitzer sein Gerät streicheln, um es zur Mitarbeit zu bewegen. Letzter ist also per Touch zu bedienen. Das spart Platz, der ansonsten für eine kleine Tastatur benötigt würde.
Denn gar nicht so selten, müssen wir als Leser auch etwas schreiben. Zum Beispiel, wenn wir das Gerät ins WLAN der Firma hängen wollen. Letzteres ist sinnvoll, weil sich dann die eigene Bibliothek schnell und bequem übers Internet erweitern lässt.
Ich persönlich fand die Erfahrung mit der Bildschirm-Tastatur etwas frustrierend nicht nur positiv. Denn ich habe mich nicht nur schnell vertippt, sondern hatte auch das Gefühl, dass der OYO langsamer reagierte, als ich hätte tippen können. Wenn ich mich allerdings ohnehin vertippe, brauche ich das vielleicht auch nicht extraschnell.
Die Bildschirmtasten sind etwas klein geraten, was dem einen oder anderen Manager mit Gorillahänden Extra-Koordination abverlangen wird. Allerdings hat sich auch noch niemand wegen der Tastengröße seines Blackberrys beschwert.
Praxiserfahrung
Wer seine Lese-Erfahrung vorwiegend mit toten Bäumen gesammelt hat, sollte nicht erwarten, dass er seine Ebooks gleich bedingungslos lieb gewinnt.
In einem Ebook blättern wir nicht einfach, sondern wir nutzen die Suchfunktion bzw. Lesezeichen, um an interessante Stellen zu gelangen.
Die Seitenwechsel dagegen orientieren sich am Papiervorbild. Einmal kurz über die Seite gestrichen und der OYO wechselt zum nächsten Textabschnitt.
Einige von uns lesen Bücher nicht richtig, sondern sind sog. Scanner. Die kleine Fläche des Readers erschwert das. Zwar gibt es die Wahl zwischen 6 Textgrößen, aber je kleiner der Text, desto anstrengender das Lesen.
Bücher im OYO lesen sich insgesamt also etwas langsamer. Allerdings bleibt auch mehr vom Inhalt hängen. Das gleicht es aus.
Die Software
Allerdings gibt es eine Einschränkung, mit der ich nicht so gut leben kann. Der OYO (und vermutlich auch alle anderen Ebook Reader) muss die Bücher vom PDF (Page Document Format von Adobe) in Fließtext umwandeln. Das begünstigt das Lesen auf dem kleinen Bildschirm, macht aber die meisten Schaubilder und Tabellen unlesbar.
Sie sind entweder gar nicht sichtbar oder die darin enthaltenen Textteile werden relativ sinnlos aneinander gereiht.
Bei Belletristik spielt das keine Rolle. Da wollen wir nur den Text lesen und wenn es spannend wird, möglichst unterbrechungsfrei. Für den Leser von Management-Literatur trübt das den Lesegenuß etwas.
Wir können zwar auf eine PDF Originalansicht der Seite schalten. Damit sind dann alle Grafiken sichtbar. Aber das kostet Umwege über Menüs und die sind zudem noch nicht ganz fehlerfrei. Ich weiß beispielsweise bis heute nicht, wann ich die Gesamtansicht bekomme oder eine Teilausschnitt-Ansicht, bei der ich auf dem Bildschirm hin und herscrollen musste.
Wer keine Fachliteratur damit lesen will, wird diesen »Fehler« vermutlich nicht zu Gesicht bekommen. Ich bin mir auch nicht sicher, ob es nicht auch ein Feature ist. Die Anleitung schweigt sich darüber allerdings aus.
Buchkauf
Für den OYO betreibt Thalia einen Ebook-Shop im Internet, in dem wir viele bekannte Management-Werke, Sachbücher und Ratgeber finden. Natürlich gibt es auch Lücken. Denn 100.000 Bücher sind nicht die Welt. Auf der Frankfurt Buchmesse werden jedes Jahr allein so viele Bücher vorgestellt.
Nachdem wir im Thalia-Shop ein Nutzerkonto eröffnet haben, steht neuem Lesestoff nichts mehr im Weg. Schon auf der Eingangsseite werden wir auf Neuerscheinungen und Bestseller hingewiesen. Ein kurze Suche nach dem Erfolgsautor Kai-Jürgen Lietz 😉 bringt dann auch schnell die beiden beim Carl Hanser Verlag erschienenen Bücher zutage.
Gut gefällt mir, dass man auf diese Weise auch wieder an Bücher kommt, die längst vergriffen sind. Zum Beispiel »Talente nutzen – erfolgreich sein« von Thomas Cerny. So bleiben uns zukünftig speckige Antiquariate zu überhöhten Preisen erspart.
Der Kauf ist nur einen Klick entfernt und das neue Buch in WLAN-Geschwindigkeit auf dem OYO, bereit gelesen zu werden. Dieser Teil der Erfahrung macht definitiv Freude.
Die Entwickler des Internet-Shops haben definitiv einen guten Job gemacht. Aus meiner Sicht ist das sehr wichtig. Denn der Kauf ist ein wichtiger Teil der Gesamterfahrung.
Wenn man denn möchte kann man seine bereits gekauften Bücher auch über USB direkt an das Gerät übertragen.
Die Hartware
Der Display des OYO ist sehr gut lesbar. Allerdings sind die Kontraste nicht ganz so knackig, wie ich es gedacht hätte. Ein anderer Tester schreibt das der Touchoberfläche zu. Letztere ist m.E. auch eher ein Marketing-Argument.
Heute wollen alle ihre Geräte »betouchen« und was der Markt will, bekommt er auch. Ob ich allerdings die Bildschirmseite per Streicheln oder Knopfdruck wechsle, macht letztlich keinen großen Unterschied.
Der Akku des OYO kommt bereits geladen beim Nutzer an. Dieser ersten Ladung sollte man allerdings nicht zu viel Vertrauen schenken. Denn sonst kann es auf der ersten Geschäftsreise eine böse Überraschung geben. Nach kurzer Zeit war der Akku schon halbleer und nach zwei Tagen brauchte der Kleine dringend etwas Spannung.
Nach knapp drei Stunden an der Steckdose war er aber wieder voll geladen und zeigte von da an Marathonqualitäten. Drei Tage nach dem Volltanken zeigt der Akku immer noch “voll” an.
Ich habe am ersten Tag gleich meine Eindrücke und Verbesserungsvorschläge an meinen Kontakt bei Thalia weiter gegeben. Dort hat man sich sehr gefreut und sie an die Technik weiter geleitet. Das stimmt mich optimistisch, dass der OYO in kurzer Zeit auch Schaubilder und Tabellen besser einbindet.
Sony zeigt die kalte Schulter
Bei einem internationalen Hersteller würden wir damit nicht so viel Glück haben. Ich hatte im Vorfeld dieses Erfahrungsberichts auch bei Sony angefragt, ob man dort nicht bereit wäre, mir ein Testgerät bereit zu stellen.
Offensichtlich hält man dort meine Leser nicht für wichtig genug. Ich habe daher bis heute keine Antwort von Sony erhalten.
Wie würden die Japaner dann wohl erst damit umgehen, wenn einfache Nutzer ihrer Geräte Fehler im Benutzerinterface melden?
Die Frage kann sich jeder selbst beantworten.
Kein Vergleich
Meine Besprechung des OYO ist bewusst nicht technisch gehalten. Aus der Sicht eines eBooklaien.
Für mich war interessant, wie sich die neue Technik im Entscheider-Alltag bewährt. Welcher Prozessor und welche Displaytechnik genau darin steckt, wird von anderen bestimmt in aller Ausführlichkeit besprochen.
Doch das sind in der Regel Techies, die sich wenig in die Bedürfnisse von uns Entscheidern hineinversetzen. So habe ich z.B. in keinem einzigen Test eines eBook Readers etwas über die Problematik von Schaubildern und Tabellen gelesen.
Ein Fazit
Der Technikpartner von Thalia, die Firma Medion wird sicherlich noch das eine oder andere an der Software nachzubessern haben. Doch insgesamt hat der OYO auf mich einen guten Eindruck gemacht. Das verwendete ePub Format von Adobe ist in Deutschland bei den Verlagen allgemein akzeptiert. Amazons Kindle und Apples Ipad-Format sind dagegen proprietär und fesseln ihre Käufer an ihre Plattformen.
Soll man noch warten? Ich denke nicht. Denn der Nutzen eines OYO und seiner Hardware-Kollegen ist bereits heute überwältigend. Die Erfahrung mit dem Gerät war gut. Es ist einfach zu bedienen und verlangt uns kein mehrstündiges Handbuchstudium ab. Das dahinter liegende Format ist zukunftssicher. Heute gekaufte Bücher sind aller Wahrscheinlichkeit nach auch noch in zehn Jahren lesbar.
Perfekt ist der OYO nicht. Aber wer das erwartet, hat ohnehin den falschen Beruf gewählt.
Zeit für den Abschied
Leider musste ich meinen Test-OYO heute wieder zurückgeben. In der kurzen Zeit habe ich mich an das kleine Gerät richtig gewöhnt. Trotz kleinerer Kinderkrankheiten, für 139 Euro kann man hier definitiv nichts falsch machen.
Zudem wird das Gerät mit jedem Softwareupdate noch besser werden.
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