Faulheit oder Falle – Intuition missbraucht

image »Ich entscheide aus dem Bauch heraus. Daher ist das Zeugs mit Entscheidungsklar­heit usw. nicht so wichtig für mich«

Vielleicht nicken jetzt viele. »Ja! Das ist was für die Kopfmen­schen, aber bei mir ist das an­ders.«

Betrachten wir allerdings Er­gebnisse der Gehirnforschung, kommen wir schnell ins Grü­beln. Denn jeder von uns trifft pro Tag ca. 20.000 Einzelentschei­dun­gen.

Intuition ist die Regel

Das schaffen auch die vehementesten Befürworter rationaler Entschei­dungsverfahren nicht alles bewusst. Intuitive Entscheidungen sind also nichts Besonderes. Sie sind die Regel.

Wir sprechen hier daher über das halbe Promille an Entscheidungen und weniger, die wir täglich tatsächlich bewusst treffen.

Gleich gut

Für diese gibt es zwei Entscheiderlager. Die einen setzen auf struktu­rierte Verfahren und Methodenkompetenz. Die anderen auf eine emo­tionale Wegweisung, die Intuition. Meine Erfahrung aus knapp sechs Jahren Coaching in diesem Bereich: Beide führen zu guten und sehr guten Ergebnissen.

Sinn und Unsinn

»Toll! Dann muss ich ja als intuitiver Entscheider nichts tun!«

Niemand »muss« irgendetwas tun. Wenn wir damit zufrieden sind, dass unser Leben keine Richtung kennt und dass wir auf der Suche nach dem Sinn vermutlich nie eine Antwort bekommen. Dann können wir uns ganz dem Unbewussten überlassen.

Frage Dich

Denn wie kommen wir darauf, dass unser Unterbewusstsein wissen könnte, wo wir eines Tages hin wollen?

Glauben wir wirklich, dass alle die unbewussten Botschaften, die unse­re Eltern, unsere Umgebung und die Medien in uns hinein gefüttert haben eine tiefere innere Weisheit besitzen?

Glaubensfrage

Das ist letztlich eine Glaubensfrage. Wir können die Frage mit “ja” oder “nein” beantworten.

Nennen wir den Glaubenden hier den “Last Minute Entscheider”. Seine Entscheidung beginnt und endet immer in dem Moment der Auswahl aus sich bietenden Gelegenheiten. Er kommt zu seiner Entscheidungssituation wie die Jungfrau zum Kind und »muss« eine Entscheidung treffen.

Entscheidungen geben unserem Handeln eine Richtung.

Gehören wir zur anderen Fraktion, den gestaltenden Entscheidern (mit und ohne Intuition) sollten wir mehr tun. Damit die Richtung, die wir mit jeder einzelnen Entscheidung unserem Handeln geben ein Ziel hat.

Wissen wo es hingen soll

Beschäftigen wir uns jeden Tag mit unserer eigenen Zukunftsvision, dann wird unser Unterbewusstsein uns auch bei ihrer Umsetzung un­terstützen.

Dann ist es gut, wenn wir bei jeder einzelnen bewussten Entschei­dung genau wissen, was wir erreichen wollen. Nicht ungefähr, son­dern genau. Ich nenne das Entscheidungsklarheit.

Neue Wege schaffen

Wir werden dann erkennen, dass die meisten Handlungsalternativen, die etwas wert sind von uns geschaffen werden müssen. Das nenne ich Attraktive Alternativen schaffen. Dieser Punkt macht den Qualitäts­unterschied zum »Last Minute Entscheider” aus. Wer bewusst neue Alternativen schafft, um den eigenen Weg gehen zu können, hat die bessere Auswahl.

Delegation der eigenen Unklarheit

»Last Minute Entscheider« sind darüber hinaus als Führungskräfte eine Belastung für ihre Umgebung. Da sie nicht genau wissen, was sie wollen, delegieren sie ihre Unklarheit an ihre Mitarbeiter.

»Was erwarten Sie genau von mir, Chef?«

»Überraschen Sie mich! Lösen Sie das Problem!«

So bleibt das Risiko, zu scheitern am Mitarbeiter hängen.

Wer hat nicht schon mit Menschen zu tun gehabt, die erst dann wis­sen, was sie nicht wollten, wenn sie mit den Ergebnissen konfrontiert sind?

»Nein! So wollte ich das nicht. Sie haben mich völlig falsch verstanden. Wie konnten Sie mich nur so enttäuschen?«

Vertrauen kann so nicht entstehen. Das ist für die Umsetzung unse­rer Entscheidungen eine ständige Hypothek.

Unterstützung sichern

Zudem wissen wir aus der Motivationsforschung, dass wir die Unter­stützung unserer Umgebung über Ziele und nicht über Maßnahmen ge­winnen. Dazu müssen wir vor unserer Entscheidung tätig werden, noch bevor Betroffenheit durch die Umsetzung der Entscheidung ent­steht.

Da der »Last Minute Entscheider« vor seiner Entscheidung bestenfalls nebulös weiß, was er erreichen will, muss er nach seiner Entschei­dung für Verständnis werben. Die Ergebnisse solcher Versuche können wir gerade am Projekt Stuttgart 21 sehen.

Die Organisation von Entscheidungen

Entscheidungsklarheit und Attraktive Alternativen schaffen, sowie sich die notwendige Unterstützung sichern – das sind einfache und not­wendige Schritte für alle Entscheider. Egal, ob wir die Wahl unserer Handlungsalternative am Ende intuitiv oder strukturiert treffen.

Und trotzdem …

Ich weiß natürlich, dass es trotzdem genügend Entscheider geben wird, die jetzt mit dem Kopf schütteln und sich sagen »… aber ich bin doch bisher gut damit gefahren!«

Ja! Das ist die gute Nachricht. Weil wir ohne eine Vision keinen Maßstab für die Qualität unserer Entscheidungen haben, merken wir nicht, was uns entgeht.

Bis wir vielleicht mit 40 oder 50 Jahren ein diffuses Gefühl wahrneh­men. Ein Bauchgefühl. Irgendetwas stimmt nicht … 😮

Wir haben die Wahl

Am Ende des Tages entscheiden wir mit der Organisation unserer Entscheidung darüber, ob wir Opfer unserer Entscheidung oder Ge­stalter sind. Ob wir Unsinn oder Sinn in unseren Entscheidungen erle­ben.

Nicht mehr und nicht weniger.

Als Ergänzung zu diesem Artikel passt mein vor einigen Tagen veröffent­lichter Beitrag über Perspektive.

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