Lieblinge unter sich
Mit unseren Entscheidungskriterien bewerten wir unsere Alternativen. Für strukturierte Entscheider haben sie eine große Bedeutung. Intuitive Entscheider rümpfen dagegen gerne die Nase. Doch tatsächlich können wir mit unseren Entscheidungskriterien sehr genau abbilden, was wir wirklich wollen. Und das ist auch für einen intuitiven Entscheider wichtig.
»Was machen wir, wenn ein Entscheidungskriterium zehn mal so wichtig ist, wie alle anderen Entscheidungskriterien?«
Dahinter steht die alte Frage, wie verhalten sich meine Entscheidungskriterien zueinander.
Stellen wir uns vor, wir haben für unser persönliches Zeitmanagement folgende Entscheidungskriterien:
– Sinn in der Arbeit erleben
– Stressfrei arbeiten
– Zeit für die Familie
– Umsetzung meiner Ziele
– Zuverlässigkeit
– Stillstand vermeiden
Nehmen wir weiter an, gerade der letzte Punkt hat für uns eine besondere Bedeutung, weil wir festgestellt haben, dass wir uns in den letzten zwei Jahren nur im Kreis drehen. Wir erleben ständigen Stillstand. Daher haben wir beschlossen, dass wir Stillstand auf keinen Fall weiter zulassen werden.
Wenn wir auf mit diesen Kriterien eine paarweise Gewichtung vornehmen (wie ich es empfehle), dann würde sich das folgendes Bild ergeben:
Beim paarweisen Vergleich prüfen wir jedes Entscheidungskriterium gegeneinander. Dazu bietet sich eine Excel-Tabelle an. Im obigen Beispiel vergleichen wir die Kriterien A-F gegeneinander. Die Summe der Siege eines Kriteriums macht am Ende seine Gewichtung aus. Erklärung für die ersten beiden Reihen. In der ersten Reihe gewinnt Kriterium A gegen B und C, verliert aber gegen D, E und F. In der zweiten Reihe gewinnt B kein einziges Mal.
Tatsächlich könnte es sein, dass wir mit dem Gewichtungsergebnis nicht zufrieden sind. Denn wir würden trotzdem noch Aufgaben bearbeiten, die in die Stillstandskategorie fallen.
Zum Beispiel dann, wenn ein Kollege uns dazu überreden will, eine Aufgabe zu übernehmen, die wir in der Vergangenheit regelmäßig bearbeitet haben. Er appelliert daher an unsere Zuverlässigkeit und stellt eine Verbindung zu unseren Zielen her.
Der Punkt “Stillstand vermeiden” müsste also viel stärker gewichtet werden. Er bräuchte vermutlich eine “50”. Nur ergibt sich das aus dem paarweisen Vergleich nicht.
Das muss es auch nicht!
Denn es gibt ein besseres Vorgehen für übermächtige Entscheidungskriterien.
Wann immer ein Entscheidungskriterium sich gegenüber den anderen als übermächtig erweist (mit dem paarweisen Vergleich nicht richtige abgebildet werden kann), handelt es um ein Ausschlusskriterium.
Ausschlusskriterien sind quasi das Casting für meine Entscheidungsalternativen.
Wer da nicht besteht, wird für die Entscheidung gar nicht mehr zugelassen.
Wenn dann besagter Kollege kommt, hat er keine Chance, weil wir darüber keine Bewertung mehr vornehmen. Sondern wir übernehmen grundsätzlich keine Aufgaben, die in die Stillstandskategorie fallen.
Für die Entscheidung, welche Aufgaben wir mit welcher Priorität übernehmen, haben wir jetzt ein Kriterium weniger. Die neue Tabelle bildet unsere Präferenzen besser ab als zuvor.
Jetzt können wir natürlich sagen, dass der Punkt “Zuverlässigkeit” uns drei Mal so wichtig ist, wie die “Umsetzung unserer Ziele”. Wie könnten wir damit umgehen?
So einfach, wie verblüffend: Gar nicht! Die meisten Menschen sind ohnehin zunächst überrascht, welche Gewichtungen bei dem paarweisen Vergleich herauskommen.
Wir lassen uns ohne die Fokussierung mittels des paarweisen Vergleichs häufig von Allgemeinvorstellungen leiten. Danach ist z.B. “Sinn in der Arbeit” von überragender Bedeutung, genauso wie “stressfreies Arbeiten” vielleicht sehr ansprechend erscheint.
Mein Tipp: Machen Sie keine höhere (strenge) Mathematik daraus, sondern machen Sie die Methode zu Ihrem Diener.
Wer dagegen zum Sklaven der Methode wird, hat beim Entscheiden schon wieder verloren!
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