Treibjagd auf Stephano

Kennen SIe das Prinzip einer Treibjagd? Sie brauchen eine große Anzahl von Treibern, einige Hunde und natürlich den oder die Jäger. Die Beute wird durch Lärm (die Treiber schreien und klopfen so laut sie können) aufgeschreckt und wird in eine vermeintlich sichere Richtung getrieben. Ironischerweise lauert genau dort die einzig wirkliche Gefahr. Denn die Treiber sind nicht bewaffnet (von einem Stock einmal abgesehen). Die Beute möchte sich aus der Situation befreien und läuft dorthin, wo es sicher scheint. Die Erkenntnis, einer Falle aufgesessen zu sein, kommt spät und ist dann nutzlos.

Genau das Gleiche passiert auch in Entscheidungssituationen. Entscheidungstreiber bauen Druck auf, indem das Problem einen immer größeren Leidensdruck erzeugt. Der Unternehmer möchte sich damit zunächst nicht auseinandersetzen. Schon bald ist aber der Zwang da (die Treiber sind schon ziemlich nah). Was will der Unternehmer in dieser Situation? Er möchte das Problem lösen. Er läuft also auf die Jäger zu (seine Entscheidungsalternativen) und verliert die Kontrolle über die Entscheidung, ohne es zu merken. Er ist also in der Treibjagdfalle.
Ein dafür passendes Beispiel liefert ein Textilhändler aus Italien, den ich unlängst auf einer Zugfahrt kennenlernen durfte.

Wir schreiben das Jahr 1999. Unser Unternehmer, nennen wir ihn Stephano, hat ein florierendes regionales Einzelhandelsunternehmen mit 14 Filialen in Italien. Damit ist er bisher sehr erfolgreich gewesen und konnte in den letzten 2 Jahren über neue Filialen und einen höheren Umsatz/Filiale um 30% wachsen.

Um mit den gestiegenen Anforderungen zurecht zu kommen, baut er eine kleine IT-Abteilung mit einem jungen Informatiker als Führungskraft auf. Ein bißchen Ahnung vom Handel bringt er auch mit, da er über das Thema Ecommerce promoviert hatte.

1999 ist eines der Boomjahre des DotCom-Zeitlalters. Immer wieder spricht der IT-Leiter Stephano darauf an, dass er sich doch mit der Thematik befassen sollte. Die Presse berichtet auch immer wieder davon, dass für den Handel ein neues Zeitalter anbrechen würde. Wer nicht dabei ist, den bestraft das Leben.

Da Stephano ein sehr traditioneller Unternehmer ist, gibt er erst einmal nicht viel darauf. Aber eine leichte Unruhe ergreift ihn doch. Bald liest er von zahlreichen Einzelhandelsunternehmen in Italien, die ihre Pläne für das Internet bekannt geben.

Schließlich überrascht ihn sein IT-Leiter mit der Kündigung. Er fühle sich bei Stephano einfach unterfordert und außerdem könne er nicht länger zusehen, wie das Unternehmen systematisch seine Chancen verspiele. Mit viel Überredungskunst gelingt es Stephano, den unglücklichen Informatiker zum Bleiben zu überreden.

Mittererweile ist er überzeugt, dass er etwas tun müsse. Daher beschließt er, ein Ecommerce-Projekt ins Leben zu rufen. Nach einigen Gesprächen mit den Fachleuten ist ihm klar, dass ihm gar nichts klar ist 😮

Allerdings wächst in ihm dadurch nur der Handlungsdruck. Denn so wie es ihm dargestellt wird, findet der Handel bald nur noch mit Unterstützung des Internet statt. Aber keine Sorge, sein IT-Leiter hat bereits einen Projektplan ausgearbeitet, wie Stephano den Rückstand wieder aufholen kann.

Danach reicht es natürlich nicht mehr, einfach nur einen Shop zu haben. Nein, dieser muß natürlich in die Warenwirtschaft integriert sein. Damit die zahlreichen zu erwartenden Bestellungen auch zeitgerecht abgearbeitet werden können, muss Stephano im Lager seines Unternehmens zusätzlich spezielle Kommissionier-Arbeitsplätze einrichten. Alles zusammen muß Stephano eine hohe 6stellige Eurosumme investieren, um zukünftig ganz vorne mit dabei sein zu können. Er wird diesen Betrag finanzieren müssen, aber laut Businessplan wird sich der Einsatz innerhalb von 3 Jahren amortisiert haben!

Obwohl sich Stephano nicht ganz wohl dabei fühlt, entscheidet er sich dafür, ein „Clicks and Mortar Retailer“ zu werden. Das Projekt ist am Ende natürlich 20% teurer, als kalkuliert. Aber nach exakt 6 Monaten wird der Web-Shop für den Kundenansturm freigegeben.

Doch trotz einer Anzeigenkampagne sowohl im Internet als auch in den klassischen Medien zeigt sich kaum ein Kunde. Oder wie Stephano es ausdrückte: Er hätte auch gleich eine Filiale auf dem Grund des Mittelmeers errichten können. 🙁

Kurze Zeit später kam der große DotCom-Crash und viele der vollmundigen Ankündigungen von Stephanos Konkurrenten stellten sich als reine Lippenbekenntnisse heraus.

Stephanos Unternehmen zahlt noch heute die Kredite aus seiner größten Fehlinvestition ab. Den unnützen Shop gibt es nicht mehr. Er mußte zusätzlich einen Investor mit an Bord nehmen und bäckt jetzt kleinere Brötchen.

Aber es geht ihm gut, denn er hat Karten für die Weltmeisterschaft. Na dann 😉

Dem Fehler auf der Spur

Marcel Widmer mit seinem Joblog ist immer wieder eine wahre Inspiration. Er beschäftigt sich in seinem Blog mit der Frage, wie wir aus Fehlern lernen können.
Sehr spannend sind seine drei Grundsätze für eine konstruktive Weiterentwicklung:

  1. Suchen Sie Herausforderungen, in denen Sie interessante Fehler machen können.
  2. Haben Sie die Weisheit (und Cleverness), diese Fehler als Ihre eigenen anzuerkennen.
  3. Seien Sie mutig und wagen Sie dann die Veränderung.

Als Unternehmer können Sie Punkt 1 mühelos mit Ihren Entscheidungen abdecken. Allerdings kann es dann bei Punkt 2 und 3 durchaus zu Problemen kommen.
Viele Entscheidungen entfalten Ihre Wirkung erst nach einiger Zeit. Daher empfehle ich jede wichtige Entscheidung schriftlich auszuarbeiten und ansonsten eine Art Logbuch zu führen, wo Sie alle die lästigen kleinen operativen Entscheidungen zumindest einmal vermerken.

Nur dann haben Sie später noch einmal die Chance, daraus zu lernen.

Am Ende seines Artikels stellt JobBlog eine Checkliste des Autors Scott Berkun, die ich für Sie hier einmal kurz übersetze, weil sie mir sehr gut gefällt:

  • Lernen ist nur dann möglich, wenn Sie ihre Verantwortung akzeptieren können
  • Verwechseln Sie nicht, das „Fehler machen“ mit dem „der Fehler sein“
  • Ihre Fehler können Sie nicht mehr ändern, aber Sie können entscheiden, wie Sie damit umgehen
  • Ihr persönliches Wachstum hängt davon ab, dass Sie sehen, wo Sie die Dinge verbessern können.
  • Arbeiten Sie daran, zu verstehen, warum es passiert ist und was die beteiligten Faktoren dafür waren.
  • Welche Informationen hätten den Fehler verhindert?
  • Welche vielen kleinen Fehler führten zu dem großen Fehler?
  • Gibt es Alternativen, die Sie nicht beachtet haben, aber wichtig gewesen wären?
  • Was müssen Sie verändern, damit dieser Fehler nicht mehr auftritt? Welche Veränderungen fallen Ihnen dabei persönlich schwer?
  • Wenn Sie wieder in die gleiche Situation kämen, was müßten/würden Sie anders machen?
  • Arbeiten Sie so lange daran, den Fehler zu verstehen, bis er Ihnen selbst schon lächerlich vorkommt (und Sie auch niemanden mehr erwürgen wollen, der sich über Ihren Fehler lustig macht)
  • Vermeiden Sie die Überkompensation: Die nächste Situation wird bestimmt nicht genauso sein, wie die letzte.

Via JobBlog

Die Enigma-Falle für Entscheider

Der Begriff „Enigma“ steht für „Rätsel, Geheimnis“. Unsere weniger demokratischen Vorfahren benannten ihre militärische Verschlüsselungsmaschine danach, weshalb Ihnen das Wort auch geläufig vorkommen könnte. Entscheider verschlüsseln allerdings nicht ihren Funkverkehr zwischen den militärischen Einheiten.

Nein, die Enigma-Falle für Entscheidungen ist nicht nur für diejenigen schädlich, die das Geheimnis nicht kennen sollen, sondern auch für denjenigen, der das Geheimnis bewahrt, den Entscheider.

Sie fragen sich vielleicht, warum sollte jemand so etwas Dummes tun? Nun, deshalb ist es ja auch eine Falle. 😉
Es ist heute ja en vogue, Ausschreibungen zu organisieren, um das jeweils günstigste Angebot auf dem Markt zu erhalten. Über den Sinn und Unsinn von Ausschreibungen gäbe es viel zu sagen und das werde ich sicher auch an anderer Stelle tun. Es sei nur soviel gesagt, es ist kein geeignetes Verfahren, um eine vertrauenbasierte Geschäftsbeziehung aufzubauen 😮

Das Interessante in solchen Auschreibungsverfahren sind immer die Unterlagen. Diese beziehen sich in über 90% aller Fälle lediglich auf technische Eigenschaften, die das Angebot erfüllen sollte. Was mich immer sehr wundert, ist dass so gut wie nie mitgeteilt wird, auf welchen anderen Grundlagen die Entscheidung fallen wird. Also auf welche Faktoren der Entscheider neben den objektiv messbaren Eigenschaften, wie Preis, Zeit, etc. Wert legt.

Als Berater habe ich oft das Privileg, die andere Seite zu kennen. Der Entscheider hat natürlich ein Bündel von Kriterien, die in der Ausschreibung niemals erwähnt werden. Und warum? Man müsse doch geheim halten, wie man tickt, denn der Anbieter könne das Wissen ausnutzen.

An dieser Stelle kommt dann eine wirklich gemeine Frage 😉

Welche Möglichkeit gibt es für den Anbieter dieses Wissen auszunutzen? Nach einigem Überlegen findet der Entscheider ein wahrlich bedrohliches Szenario: Der Anbieter könnte sein Angebot so anpassen, dass es möglichst nah an die eigenen Anforderungen (auch den weicheren Faktoren) kommt und dann müsse man diesen ja beauftragen! 🙂

Jetzt wird dann natürlich auch klar, warum so viele Entscheider so unzufrieden sind mit den Angeboten, die Sie durch Ausschreibungen erhalten. Es kann nur der pure Zufall sein, wenn ein Anbieter in seinem Angebot auf weiche Faktoren seines Angebots zu sprechen kommt und diese dann auch noch zu dem Auftraggeber passen.

Mein Tipp: Kommunizieren Sie gerade gegenüber externen Anbietern, was Ihnen bei Ihrer Entscheidung wirklich wichtig ist. Diese können ihr Angebot dann für Ihre Anforderungen optimieren. Sie werden von dem Ergebnis begeistert sein!

Den Elefanten am Rüssel packen

Sie sind ein vorbildlicher Entscheider? Sie arbeiten nach einem gut strukturierten Entscheidungsverfahren? Sie habe in jeder Entscheidung eine große Anzahl attraktiver Alternativen?

Und ein Großteil Ihrer Entscheidungen stellt sich für Sie im Nachhinein als schlecht heraus?

Dann geht es Ihnen wie Bernd S. Ich habe selten einen so akribischen Entscheider unter meinen Kunden gefunden. Insofern war es eine echte Herausforderung die Ursache für die schlechten Ergebnisse seiner Entscheidungen zu finden.

Wie sich herausstellte, waren es insbesondere Investitionsentscheidungen, die Unternehmer S. liebend gerne zurückgedreht hätte. Als das klar war, schwante mir schon, wo der Hund oder vielmehr der Elefant begraben liegt.

Wie ging Herr S. bei seinen Entscheidungen vor? Er orientierte sich bei seinen Entscheidungen an seinen strategischen Zielen (sehr gut), definierte klar und abgegrenzt die Problemstellung (wunderbar). Im nächsten Schritt definierte er Entscheidungskriterien, die er aus der Zielsetzung und der Problemstellung abgeleitet hatte (phänomenal) und brachte seinen Standarsatz betriebswirtschaftlicher Entscheidungskriterien ein und gewichtete alle Entscheidungskriterien nach seinen langfristigen Unternehmerpräferenzen (würde ich niemals anders machen).

Wie sah das im konkreten Einzelfall aus? Unternehmer S. hat das strategische Ziel, in seinem Markt zum Qualitätsführer zu werden. Seine Kunden bewerten die Qualität im Vergleichsbenchmark zur Konkurrenz bereits um 7% höher, aber er möchte dass seine Kunden bei ihm kaufen, weil er die beste Qualität bietet.

Dies ist heute noch nicht der Fall und daher befindet er sich immer noch im Bereich des Preiswettbewerbs.

Als eine Reinvestition für eine Maschinenanlage ansteht, zieht er verschiedene Angebote heran. Dabei gibt es Anlagen, die Qualitätsprüfungen und Interventionen zulassen und andere Anlagen, die die Qualitätsprüfung weiterhin dem Menschen überlassen. Zwischen diesen verschiedenen Anlagenphilosophien besteht eine große Preisdifferenz, wie auch nicht anders zu erwarten ist 🙂

Unternehmer S. gewichtet das Entscheidungskriterium „Qualitätssicherheit in der Produktion“ am stärksten. Allerdings sind für ihn auch die betriebswirtschaftlichen Kriterien, die er ansetzt relativ wichtig. Dies sind „Anschaffungskosten“, „ROI“, „laufende Kosten“ und „Budget-Treue“. In seiner Entscheidung gibt es noch sieben weitere Kriterien, die ich Ihnen hier einfach mal erspare, da sie nichts mit der Problematik zu tun haben.

Nachdem sein Entscheidungskompass steht (Entscheidungskriterien mit Gewichtungen), bewertet S. die verschiedenen Anlagenalternativen. Im Ergebnis scheint die preiswerteste Anlage die beste Entscheidung für sein Unternehmen zu sein. Seltsamerweise ist das in den vergangenen 5 Jahren immer so gewesen. Unternehmer S. fühlt sich zum Entscheidungszeitpunkt völlig entzwei gerissen. Auf der einen Seite möchte er rein emotional lieber eine der Anlagen, die eine noch bessere Qualität versprechen, auf der anderen Seite sagt ihm sein persönlich auf ihn abgestimmter Entscheidungsprozess, dass er lieber eine der traditionellen Anlagen anschaffen soll.

Ich kenne dieses Dilemma gut. Denn es ist sehr leicht, in diese von mir so genannte „Elefantenfalle“ hineinzugeraten. Der aufmerksame Leser weiß natürlich längst, wo das Problem liegt. Nur häufig ist es nicht so gut sichtbar, wie in diesem Fall.

Unternehmer S. hat zwar die höchste Gewichtung auf „Qualitätssicherheit in der Produktion“ gelegt. Doch dann hat er mit seinen betriebswirtschaftlichen Kriterien einen Elefanten geschaffen. In vier einzeln genannten Kriterien ist der Aspekt Kosten enthalten:

  1. Anschaffungskosten
  2. ROI – Return on investment (investments sind Kosten)
  3. laufende Kosten (in den Maschinenstundensätzen schlagen sich über die Abschreibungen noch einmal die Anschaffungskosten nieder)
  4. Budget-Treue (heißt nichts anderes, als dass die Anschaffungskosten eine vorgegebene Schwelle nicht überschreiten)

Selbst wenn der Unternehmer diese Kriterien relativ niedrig gewichten würde, entsteht daraus immer noch ein Elefantenkriterium, das alle anderen Entscheidungskriterien platt walzt 😮

Bernd S. hat diese Entscheidung noch einmal neu aufgerollt und mit einem ganz anderen Ergebnis abgeschlossen 🙂

Mein Tipp: Nutzen Sie Ihre Intuition als Qualitätssicherung. Wenn Sie selbst am Ende eines gut strukturierten Entscheidungsprozesses nicht das Gefühl haben, das Richtige zu tun, dann könnte es zum Beispiel sein, dass Ihr Elefantenhaus Zuwachs bekommen hat 🙂

Die hohe Kunst das Ziel seiner Entscheidung zu kennen

Eine Maschine gibt nach 35 Jahren ihren Geist auf und läßt sich nicht wieder reanimieren 😮

Ihre Aufgabe war es all die Jahre, Kleinserien für Kunden herzustellen. Dazu war die Anlage maximal 4 Tage im Monat in Betrieb.

Was soll der Unternehmer (nennen wir ihn Hermann W.) jetzt machen? Über Deckungsbeiträge darf man bei dieser Auslastung gar nicht erst sprechen und die Neuanschaffung kostet ein kleines Vermögen. Eine rein technokratische Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass auch die Produktion auf der bereits lange abgeschriebenen Maschine nicht rentabel war. Daher kann der Schluss nur heißen, weg mit dem Krempel und Konzentration auf das lukrative Gross-Seriengeschäft.

Zu diesem Schluss war auch ein Berater gekommen, der Hermann W. in einer anderen Angelegenheit beriet und diese Analyse als Zusatzauftrag anfertigte.

So weit so gut. Unternehmer W. hatte zwar kein gutes Gefühl, da er gerne auch auf Spezialwünsche seiner Kunden einging. Aber er mußte sich (wie er dachte) der Logik der Zahlen beugen.

Fortan lehnte das Unternehmen die verlustreichen Kleinserienaufträge ab und konzentrierte sich auf das Geschäft mit hohen Deckungsbeiträgen.

2 Jahre später mußte sich Hermann W. eingestehen, dass sein Lebenswerk in der Krise steckt. Wichtige Kunden waren sukzessive abgesprungen und vergaben Ihre Aufträge an Wettbewerber, die teilweise in Fernost produzieren ließen und daher preiswerter waren.

Was war geschehen? Die Kunden hatten ursprünglich ein klares Bild von dem Unternehmen. Danach war es zwar nicht der preiswerteste Anbieter, legte dafür aber eine hohe Flexibilität an den Tag. Der Kleinserien-Service erhöhte zudem die Wahrnehmung für die gelieferte Qualität.

Mit der Einstellung der Kleinserienfertigung hatte das Unternehmen also seine Identität im Kopf seiner Kunden geopfert. Es war damit nicht mehr eindeutig positioniert und mit seinem Wettbewerb vergleichbar geworden.

Unternehmer W. zögerte nicht lange. Er kaufte die neue Maschine aus der Konkursmasse eines weniger glücklichen Unternehmens und bot die Kleinseriendienste wieder aktiv in seinem Markt an.

Jetzt nach einem Jahr sieht die Welt in der Gross-Serienfertigung zwar noch nicht wieder in Ordung aus, aber alte Kunden sind wieder zurück gekommen und W. hat bereits einige Neu-Kunden gewinnen können.

Seine Kleinserienproduktion arbeitet jetzt kostendeckend. Denn die aktive Vermarktung dieses Angebots hat zu einer wahren Auftragswelle geführt, so dass hier im 2-Schichtbetrieb gearbeitet werden muss.

In der Rückschau weiß Hermann W. jetzt, wo sein Fehler lag. Er hatte das Ziel aus den Augen verloren. Er wollte für seine Kunden ein Problemlöser für ihre Engppässe sein. Dafür hatte er vor vielen Jahren die Kleinserienfertigung angeboten.

Die Entscheidung über die Einstellung des Angebots war am Problem orientiert (eine neue Maschine ist zu teuer), anstatt sich am Ziel zu orientieren, weiterhin Problemlöser für die Kunden sein zu können.

Kalkulatorisch könnte man sagen, dass die negativen Deckungsbeiträge der Kleinserienfertigung über die Jahre gut angelegte Marketingausgaben waren 🙂

Zu wenig Beiträge die letzten Wochen?

Liebe Leser,

ich habe einige Emails bekommen, ob mein Blog denn eingeschlafen wäre oder mir die Themen ausgehen 🙂

Dem ist zum Glück nicht so! Ich hatte in den letzen Wochen allerdings viele sehr interessante Aufträge und arbeite gleichzeitig an meinem persönlichen „next big thing“. Dazu werde ich demnächst mehr an dieser Stelle schreiben.

Zuvor gelobe ich aber, dass ich keine so große Lücke zwischen meinen Beiträgen mehr zulassen werde, ganz bestimmt 🙂

Ein schönes Wochenende!

Ihr Kai-Jürgen Lietz

Über Geschmack läßt sich nicht streiten, oder?

De gustibus non disputandum esse – über Geschmack läßt sich nicht streiten.

Ein mittelständisches Unternehmen hatte vor kurzem eine Entscheidungskrise zu lösen. Das Unternehmen hieß bisher so wie die Firmengründer vor 78 Jahren. Im Zuge des eigenen internationalen Auftritts wollten die beiden inzwischen recht weitläufigen Unternehmerfamilien dem Unternehmen einen neuen Namen geben. Also wurde eine spezialisierte Agentur beauftragt, Namensvorschläge zu erarbeiten.

Als Ergebnis der Arbeit gab es dann vier Alternativen. So weit, so gut. Denn damit begannen die Probleme. Welcher Name ist der Richtige? Es bildeten sich tatsächlich vier Fraktionen, zwei kleinere und zwei größere.

Wie wurde das Problem gelöst? Nach einigem hin und her wurde den Beteiligten klar, dass es keine rationalen Argumente mehr geben würde, die noch ins Feld geführt werden könnten. Denn die Namensvorschläge waren bei den Zielgruppen getestet und gleichermaßen für gut befunden worden. Neben den Akzeptanztests waren auch bereits Pläne entwickelt worden, wie der jeweilige Name am besten in den Markt gebracht werden kann.

Es war tatsächlich nur noch eine Geschmacksfrage. Derartige Entscheidungen werden nie in einer Gruppe zufriedenstellen ausfallen. Daher haben sich die beiden Familien (mit sanften Druck) entschlossen, eine Person mit der Entscheidung zu beauftragen, die das Vertrauen von allen besitzt. Dabei handelte es sich um den kaufmännischen Geschäftsführer des Unternehmens.

Da er das Unternehmen in den letzten Jahren auf einen starken Wachstumskurs gebracht hatte und sich bei den wichtigen Entscheidungen immer auch die Unterstützung der Gesellschafter zu sichern wußte, war er die natürliche Wahl. Ganz nebenbei war er auch derjenige, der den neuen Firmennamen in der Zukunft erfolgreich vertreten sollte.

Obwohl die Familien vorher leidenschaftlich um ihre Namensfavoriten gekämpft hatten, war die Reaktion nachdem seine Entscheidung für den Namen gefallen war unspektakulär. Ich denke, die meisten waren froh, dass sich die Gesellschafter über ihre Vertrauensperson einig waren.

Die Wahl einer Vertrauensperson, die dann über eine Geschmacksfrage entscheiden soll ist übrigens keine Geschmacksfrage. Dafür hat jeder (nach einigem Nachdenken) klare Entscheidungskriterien und diese werden in der Regel auch von anderen akzeptiert.

Wenn Sie selbst eine Geschmacksfrage zu entscheiden haben, hilft das allerdings nichts. Denn am Ende sind Sie der Experte, was Ihnen gefällt. Das immer unter der Voraussetzung, dass Sie vorher den Markt gefragt haben und dabei keine Alternative den Vorzug bekommt.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

Mit Sicherheit unsicheres entscheiden!

Im Auto bei 180 Km/h: Ein trockener Husten erschüttert den Fahrer. In der Bonbon-Box nur noch 3 Stück in den Geschmacksrichtungen Zitrone, Orange und Waldmeister. Der Fahrer haßt Waldmeister und entscheidet sich für Zitrone, wohl wissend, dass der Beifahrer dann Orange nehmen wird und Waldmeister die einzige Lutschgelegenheit bleiben wird. Ein Moment der Unachtsamkeit und das Zitronenbonbon verschwindet unwiderbringlich zwischen den Sitzen. Jetzt bleibt nur der ungeliebte Waldmeistergeschmack 😮
Der Fahrer hatte scheinbar eine sichere Entscheidungssituation. Er hat sogar zutreffend das Verhalten des Bonbon-Konkurrenten richtig eingeschätzt und doch endet er am Ende mit einem unerwünschten Ergebnis. Hat er deshalb eine schlecht Entscheidung getroffen? Er hätte ja zumindest bedenken können, dass das Bonbon auf so ungeschickté Weise verschwinden würde. Wenn der Fahrer nicht gerade an Parkinson leidet, bringt es jedoch wenig, Möglichkeiten mit einer derart geringen Wahrscheinlichkeit in Betracht zu ziehen.

Ich habe einige Entscheider in Unternehmen kennen gelernt, die auch diese sehr unwahrscheinlichen Ereignisse berücksichtigten. Im Ergebnis wurden die Entscheidungen dadurch unnötig herausgezögert. Unsere amerikanischen Kollegen kennen das Eintreten von ganz und gar unwahrscheinlichen Ereignissen „freak accidents“ und würden niemals einen Gedanken daran verschwenden, das zu berücksichtigen. Ich sehe das genauso. Denn es ist jedem klar, dass nichts sicher ist. Wenn Sie sich aber mit jeder Eventualität auseinandersetzen, beeinträchtigt das Íhr Sicherheitsgefühl als Entscheider.

Meine These: Als guter Entscheider wissen Sie zwar, dass es viele Unwägbarkeiten gibt, aber rein emotional fühlen Sie sich sicher. Ein Entscheider widerum, der sich nicht sicher fühlt, wird keine guten Entscheidungen treffen können.

Was machen Sie, wenn Sie sich in einer Entscheidungssituation emotional nicht sicher fühlen? Am besten Sie verbessern zunächst Ihre Informationsbasis. Sie müssen herausfinden, was Sie genau mit der Entscheidung erreichen wollen (Was will ich?). Wenn Sie genau wissen, was Sie wollen und klare Kriterien haben, nach denen Sie Ausschau halten können, geht es im nächsten Schritt an die Alternativen. Wenn ich keine guten Alternativen für die Lösung eines Problems hätte, würde ich mich auch unsicher fühlen. Daher sollten Sie Alternativen schaffen, die Ihre Kriterien im hohen Maße erfüllen. Die Alternativen, die sich Ihnen dabei am Anfang anbieten werden das nur zufällig tun. Für gute Alternativen mussen Sie als Entscheider im Regelfall Arbeit investieren. Was Sie dabei im Einzelnen machen können habe ich bereits in verschiedenen Blog-Einträgen beschrieben.

Ich garantiere Ihnen, wenn Sie genau wissen, was Sie wollen und über eine Anzahl guter Entscheidungsalternativen verfügen, fühlen Sie sich bei Ihren Entscheidungen sicher wie beim Bonbon-Lutschen in Ihrer E-Klasse bei 180 Km/h 🙂

Was sage ich jetzt?

Apple Computers hat den Prozess gegen Apple Records gewonnen. Der Vorsitzende Richter Edward Mann konnte keinen Verletzung des 1991 geschlossenen Vergleichs-Vertrages erkennen. Apple Computers nutze sein Logo nur im Zusammenhang mit seinem Online-Store, aber nicht im Zusammenhang mit der Produktion von Musik.

Vorläufig ist die Kuh also vom Eis. Natürlich werden Sie sich fragen:

Na Herr Lietz, was sagen Sie jetzt?

Nicht viel anderes als vor dem Urteil. Denn die Fakten sind gleich geblieben.

  1. Apple Computers wurde in seiner Firmengeschichte bereits zwei Mal von Apple Records wegen Markenrechts-Verletzungen verklagt. Dabei hatte Apple Records offensichtlich so gute Karten, dass Apple Computers sich jeweils auf einen Vergleich einließ.
  2. Im letzten Vergleichsvertrag von 1991 hat Apple Computers sich verpflichtet, keine Musik zu produzieren und zu verkaufen.
  3. Nach zwei für die jeweilige Firmengröße kostspieligen Vergleichen ist Steve Jobs zum Vertreter von Apple Records, Neill Aspinall gegangen und hat dem Unternehmen $1 Mio. für die Markenrechte geboten.
  4. Nachdem sich die Beatles-Firma nicht darauf einließ (warum wohl?), führte Steve Jobs Neill Aspinall eine Demo von ITunes vor. Dabei soll Aspinall keine Einwände gegen das Geschäftsmodell erhoben haben. Darüber gibt es allerdings keine schriftliche Vereinbarung(!).

Wenn Sie Neill Aspinall wären und wüßten, dass Apple Computers bereits $ 27 Mio. vor 10 Jahren für einen Vergleich bezahlt hat, würden Sie die Markenrechte für $ 1 Mio. abtreten? Ich jedenfalls nicht.

Der Prozess war zu erwarten und unternehmerisch ein Vabanque-Spiel. Apple Computers hat ihn gewonnen, Juhu 🙁

Es heißt immer das Glück winkt dem Tüchtigen. Es schadet allerdings auch nichts, wenn der Tüchtige mit seinen Risiken verantwortlich umgeht.

Die Prozesskosten betrugen für Apple Computers übrigens ca. $ 1,5 Mio. Nach dem Berufungsverfahren dürfte sich der Betrag mehr als verdoppelt haben. Und der Ausgang ist ungewiss…

Weitere Blogeinträge über den Fall Apple vs. Apple:

  1. Dilettantentum kann Apple in den Ruin treiben
  2. Eigentlich seltsam…
  3. Apple war doch besser als zunächst wahrgenommen

Stärken und Schwächen

Unternehmer sind Stars. Schwächen gesteht man sich selten ein, denn wer etwas Neues (ein Unternehmen) in die Welt setzt, kann nicht schwach sein. Vielleicht machen unsere Schwächen uns aber auch stark? Marcel Widmer gibt in seinem JobLog einen Anstoß, sich Gedanken zu machen…