Rezension – Touchpoints: Auf Tuchfühlung mit dem Kunden von heute

Als 1999 die Amerikaner Rick Levine, Christopher Locke, David Weinberger und Doc Searls das Cluetrain-Manifesto  veröffentlichten, begann die Reformation des Internets. »Markets are Conversations« war jetzt das neue Credo der Marketingexperten.

Bis dahin hatte Corporate Amerika hunderte von Millionen Dollar in seine Internetauftritte investiert, ohne eine echtes Publikum zu finden. All die tollen Hochglanzwebseiten waren gnadenlos gescheitert. Denn bis dahin hatten nur wenige verstanden, dass Kommunikation keine Einbahnstraße ist. Das Internet war keine Litfaßsäule, sondern bot zahlreiche Begegnungsstätten – Touchpoints – mit dem Kunden.

Jahre später hat sich das Bild gewandelt. Das Internet hat technologisch nachgelegt. Heute sind wir alle vernetzt und Teil des Web 2.0. Viele Unternehmen haben auf diese Veränderungen noch nicht die richtigen Antworten gefunden.

Ganz nah am Kunden

Mit Ihrem Buch »Touchpoints: Auf Touchfühlung mit dem Kunden von heute« legt Anne M. Schüller jetzt eine umfassende Anleitung vor, wie Unternehmen endlich profitabel mit der neuen Herausforderung umgehen können.

Eine Leisetreterin ist Frau Schüller nicht. Sie legt die Finger in zahlreiche Wunden. So spricht sie oft von »selbstzentrierten Chefs« und »den Herren in der Teppichetage«.

Aber »if you can’t stand the heat, get out of the kitchen«, sagt ein englisches Sprichwort. Gestandene Chefs sollten das aushalten können.

Tiefe Einblicke

Im Gegenzug erklärt die »Expertin für kundenfokussiertes Management« die schöne neue Onlinewelt. Gerade wer sich noch nicht so intensiv mit sozialen Netzwerken und ihren Auswirkungen auf den Unternehmensalltag beschäftigt hat, bekommt einen guten Einblick in die Mechanismen und die Dynamik dahinter.

Vorab ein Caveat: Frau Schüllers Darstellung ist ein Idealbild. Da bleibt kein Platz für die Trolle und Waisenkinder der Onlinewelt.

Das ist die Kundenerfahrung

»Markets are Conversations« An zahlreichen Touchpoints kommen Kunden mit unserem Unternehmen in Kontakt. Dabei spielt es keine Rolle, ob offline oder online – am Ende ist es die Gesamterfahrung des Kunden, die über seine Loyalität und seine Bereitschaft, uns weiterzuempfehlen entscheidet.

Zahlreichen Fallbeispiele zeigen, wie Unternehmen erfolgreich mit ihren Touchpoints umgehen. Aufmerksame Leser lassen sich so zu neuen Ideen inspirieren.

HOW TO – ganz groß

Was mir sehr gut gefällt: Der Leser wird nicht einfach mit der Aufgabe alleingelassen, die Ideen der Touchpoints in seinem Unternehmen umzusetzen. Ein umfangreicher How-to-Teil nimmt ihn stattdessen an die Hand und versorgt ihn mit der richtigen Methodik.

Obwohl ich selbst die Entwicklung des Internets von 1993 an verfolgt habe und das Social Net schon seit langem intensiv für mich nutze, regt mich einiges in »Touchpoints« zum Nachdenken an. In Zukunft werde ich bestimmt vieles besser machen.

Eine verpasste Chance

In Teil 3 übersetzt Frau Schüller ihr Kundenwerkzeug in ein Werkzeug zu einer modernen Zusammenarbeit in Unternehmen. Das liegt nahe, da wir in den Touchpoints den Kunden zur Mitarbeit ermutigen. Die Idee ist fabelhaft. Allerdings verdient sie gerade deswegen ein eigenes Buch.

Schon jetzt machen sich viele Unternehmen Gedanken, wie sie im Krieg um die Talente von morgen bestehen können. Genau dafür ist Frau Schüllers Collaborator Touchpoint Management die passende Geheimwaffe, wie ich finde.

Allerdings macht die Autorin diese Idee zu einem Nachgedanken auf 55 Seiten. Das ist schade!

Den Wert des Buches mindert das natürlich nicht.

Die Autorin hat schon einige Bücher veröffentlicht. Sie schreibt daher unterhaltsam und leicht verständlich. Das Layout ist sehr modern und fast verschwenderisch. Das lässt Raum für aktive Leser, die sich gerne Notizen für eigene Gedanken machen.

Für wen ist Touchpoints geeignet?

  • Für Marketingfachleute, die ihr Unternehmen im Web 2.0 auf Trab bringen wollen.
  • Führungskräfte, die verstehen und mitreden wollen, warum die Märkte sich verändert haben und verändern werden.
  • Alice Schwarzer 😛
  • Unternehmer und Selbständige

Für wen ist Touchpoints nicht geeignet?

  • Für Ignoranten
  • Kleine und große Kaiser, die Majestätsbeleidigungen nicht ertragen.
  • Großzügige Unternehmer, die ihre Kunden gerne ihren Wettbe­werbern überlassen.

»Markets are Conversations«. Lassen Sie mich also wissen, was Ihre Meinung zu Touchpoints ist. Vielen Dank an Frau Schüller, die mir ihr Buch zur Rezension geschickt hat.

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