Souverän wie ein freies Land

image »In meiner Zukunft bin ich absolut souverän!«

Souveränität ist eine der am meisten gewünschten Fähigkeiten für die eige­ne Zukunft. Doch was heißt das eigent­lich?

Bei Staaten bedeutet Souveränität die rechtliche Selbstbestimmung. Als der Irak vor dem ersten Golfkrieg im Scheich­tum Kuweit einmarschierte, ver­letzte er damit die Souveränität des OPEC-Mitglieds.

Als Entscheider erleben wir auch hin und wieder die Verletzung unse­rer Souveränität.

Regeln der Souveränität

Allerdings sind wir es, die die Regeln dafür machen. Regeln, die schnell zu einer unbeabsichtigten Selbstdemontage führen können.

Vielleicht möchte ein Kollege uns einen Rat geben, weil uns vielleicht noch die Erfahrung fehlt. Keine große Sache eigentlich. Aber nach un­seren Regeln verletzt er damit unsere Souveränität. Wir fühlen uns Bevormundet. Das geht schnell und führt meist zu ebenso schnellen Gegenmaßnahmen.

Staaten mobilisieren sofort ihr Militär, wenn ihre Souveränität ver­letzt wird. Unsere Gegenmaßnahmen fallen wahrscheinlich weniger drastisch aus.

Emotionale Selbstbestimmung

Doch hier kommt der entscheidende Unterschied. Während ein Staat seine Souveränität durch seine Reaktion möglicherweise erhalten kann, verlieren wir sie durch unsere Gegenmaßnahmen. Denn für die Persönlichkeit ist Souveränität die emotionale Selbstbestimmung.

»Ich hätte souveräner reagieren sollen«, kommentieren wir dann häufig zerknirscht.

Denn unsere Regeln sind nicht zwangsläufig die Regeln, nach denen auch andere funktionieren.

Vielleicht wollte der andere uns an seiner Erfahrung teilhaben lassen. Wir verstehen das als Einmischung oder Bevormundung und machen ihm das unmissverständlich klar. So glauben wir zumindest. Allerdings verletzen wir im gleichen Zug seine Regeln.

Er war bereit, seine Erfahrung mit uns zu teilen. Doch statt eines Danks gehen wir ihn aggressiv an. Da ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns gegenseitig aufschaukeln sehr groß.

Pawlows Glöckchen läuten hell

Der Kern unserer fehlenden Souveränität sind natürlich alte Kondi­tionierungen. Jeder von uns hat seine Knöpfe, die nur gedrückt wer­den müssen und schon rücken unsere inneren Streitkräfte aus.

Souveränität bedeutet dann, das zu sehen was ist. Unser Gegenüber hat zwar möglicherweise eine unserer Regeln verletzt, aber letztlich ist das sein Problem. Es hat nichts mit uns zu tun.

Das ist leichter gesagt als getan. Denn Konditionierungen wirken ohne Umweg über unseren Verstand. Pawlows Hunde haben sich vielleicht auch gewünscht, dass ihnen der Sabber nicht aus dem Mund läuft, nur weil ein Glöckchen läutet.

Ketten sprengen

Die Entscheidung zu handeln, ist also direkt verdrahtet. Die von Daniel Golemann geforderte soziale und emotionale Intelligenz kommt also selten zum Zug. Denn um eine Konditionierung aufzulösen, müssten wir das zwangsläufige Wenn-dann-Muster auflösen.

Stattdessen brauchen wir ein Options-Muster: Wenn unsere Regeln verletzt werden, haben wir verschiedene Möglichkeiten, wie wir reagieren können.

Dazu müssten wir allerdings zuerst unser Wenn-dann-Muster mehrfach durchbrechen und damit unwirksam machen. In der NLP gibt es zum Beispiel das sog. Swish-Pattern und natürlich könnten wir auch eine Hypnosetherapie machen.

Chance Internet

Seit es das Internet gibt, haben wir allerdings mit E-Mail, Instant Messaging und Sozialen Netzwerken eine weitere Trainings-Möglichkeit. Auch hier verletzen andere unsere Regeln, ohne sich dessen bewusst zu sein.

Unsere natürliche Reaktion: »Was fällt dem ein! So ein ******* (Ausdruck für einen lieben Mitmenschen)! Dem zeig ich’s!«

Stattdessen sollten wir uns angewöhnen auch bei gewollten Angriffen nicht zu reagieren. Das führt ohnehin nie zu etwas.

Wir sitzen dann also vor unserem Bildschirm und schäumen vielleicht vor Wut. Mag sein. Aber dadurch lernt unser Unterbewusstsein, dass es nicht immer in der gleichen destruktiven Weise reagieren muss. Wir können stattdessen auch gar nichts machen.

Neue Handlungsoptionen

Irgendwann merken wir dann auch im Alltag, dass wir nach einer Verletzung unserer Regeln innhalten. Denn wegen unseres neuen Options-Musters wird eine bewusste Entscheidung benötigt. Wir können dann sogar unsere Handlungsoptionen erweitern und zum Beispiel ein Feedback geben: »Es tut mir leid. Ich weiß, Du meinst das nicht böse, aber Du hast gerade eine meiner Regeln verletzt.«

Umgekehrt verletzen wir auch die Regeln von Mitarbeitern, Kollegen und Kunden. Daher sollten wir häufiger um Erlaubnis fragen. Zum Beispiel: Mir fällt da gerade etwas auf. Sind Sie an einem Feedback interessiert?

Freiheit ist unbezahlbar

Für die Persönlichkeit bedeutet Souveränität, die Abwesenheit von Fremdsteuerung, die emotionale Selbstbestimmung.

Für Entscheider gibt es kaum ein Gut, das höher zu bewerten ist. Denn Freiheit ist in unserer Gesellschaft eine innere Einstellung und keine politische.

Lessen Sie dazu auch:

Sprengfalle für Gestaltungsspielräume

Zwanglose Entscheidungen

1 Kommentar

Trackbacks & Pingbacks

  1. […] an Jürgen Lietz, dessen heutigen Eintrag in seinem Entscheiderblog ich ausführlicher zitiere: “Ich hätte souveräner reagieren […]

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.