Die Schneckenfalle
Als 2007 ein privater Investor auf Franz Maler* zuging, um bei ihm mit stillem Kapital einzusteigen, schob der Unternehmer die Entscheidung auf. Generell wollte er seine Abhängigkeit von den Banken reduzieren.
Aber das hatte ja Zeit.
Keine zwei Jahre später brauchte er dringend Eigenkapital, weil seine Hausbank in der Krise die Risiken lieber gering halten wollte. Doch der Investor wusste natürlich auch, dass Malers Unternehmen weidwund war.
Der Entscheider auf der anderen Seite des Tisches brauchte keine zwei Jahre für seine Entscheidung, sondern nur ein paar Sekunden: “Nein!”.
Maler ist ein Opfer der Schneckenfalle geworden.
Viele Entscheidungen müssen wir nach unserem Zeitempfinden nicht gleich treffen. Maler spürte 2007 noch keinen Handlungsdruck.
Doch der Eindruck täuscht. Die Wahl für eine Entscheidungsalternative hat vermutlich Zeit. Aber dies ist der letzte Schritt, dem drei andere vorausgegangen sein sollten.
Schritt 1: Entscheidungsklarheit
Wir sollten zuvor wissen, was wir mit unserer Entscheidung genau erreichen wollen. Das braucht nicht viel Zeit. Allerdings vernachlässigen wir das gerne mal, was die Popularität der Angebotsfalle erklärt.
Schritt 2: Attraktive Alternativen
Im nächsten Schritt sorgen wir für attraktive Alternativen. “Attraktiv” bedeutet hier, passend zu unserem Bedarf. Einfach ein paar beliebige Alternativen einzubeziehen, die uns zufällig in den Schoß gefallen sind, reicht hier nicht aus.
Schaffen wir uns selbst attraktiven Alternativen, erweitern wir damit unsere Gestaltungsspielräume.
In Malers Fall wäre es zum Beispiel interessant, dem genossenschaftlichen Finanzierungsverbund Geno Equity eG beizutreten. Dort fließt Eigenkapital von mittelständischen Unternehmen an andere mittelständische Unternehmen ohne Umweg über eine Bank.
Das funktioniert natürlich nur, wenn sich das Unternehmen rechtzeitig um eine Mitgliedschaft bemüht hat. Wer mehr darüber erfahren möchte, wendet sich am besten an Bernhard Sattler.
Schritt 3: Unterstützung zur Umsetzung
Bevor wir eine Entscheidung treffen, sollten wir uns noch die größtmögliche Unterstützung zu ihrer Umsetzung sichern.
Fatalerweise verlagern wir diesen Schritt oft auf die Zeit nach der Entscheidung. Aber egal was wir entscheiden. Wir schaffen damit immer Betroffenheit. Wer sich betroffen fühlt, interessiert sich nicht mehr für Worte sondern nur für sich selbst.
Bald beginnen
Wir müssen also nicht immer gleich unsere Wahl treffen. Aber wir sollten niemals damit zögern, die zeitintensiven Teile unserer Entscheidung rechtzeitig auf den Weg zu bringen.
Denn sonst brechen uns die Gestaltungsspielräume weg. Franz Maler blieb am Ende nur der Weg zu einem Insolvenzgericht. Gestaltungsspielraum: gleich Null.
Wertung
Die “Schneckenfalle”, die ich in meinem Buch “Das Entscheider-Buch. 15 Entscheidungsfallen und wie man sie vermeidet” beschrieben habe, wirkt sich oft fatal aus.
Denn je länger wir mit unserer Entscheidung warten, desto weniger Zeit haben wir später, geeignete Alternativen zu finden.
Weil wir aber solange gewartet haben, bräuchten wir eigentlich viel mehr Zeit, um für attraktive Alternativen zu sorgen. Am Ende bleibt nur, eine schmerzhafte Entscheidung unter einer miserablen Auswahl zu treffen.
Circulus vicioso oder circulus virtuoso?
Dieser Schmerz wiederum ist es, der uns beim nächsten Mal davon abhält die Entscheidung gleich zu treffen.
So entsteht ein Teufelskreis. Der Entscheider ist sich dessen oft nicht bewusst. Er weiß, dass er eigentlich entscheiden müsste und kann sich nicht erklären, warum er sich nicht dazu bringen kann.
Nutzen wir am besten gleich unsere Chancen, bevor es sich zu einem Problem auswächst.
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!