Falsch ist falsch
»Ich habe die freie Auswahl, aber ich kann mich nicht entscheiden!«
Wenn wir uns nicht entscheiden können, liegt das meistens daran, dass keine der sich bietenden Möglichkeiten wirklich attraktiv ist. Das Dilemma, in dem wir stecken ist dann eine Warnung, die wir unbedingt beachten sollten.
»Von wegen nicht attraktiv. Wenn ich eines der Jobangebote annehme, verdiene ich danach zwischen 30 und 40 Prozent mehr! Ich weiß nur nicht, was das Beste davon ist.«
Was »attraktiv« bedeutet
Wenn wir nicht von Stereotypen unserer Gesellschaft und der Werbung verblendet sind, liegt »attraktiv« im Auge des Betrachters.
Nur weil die neuen Jobalternativen eine höhere Bezahlung versprechen, heißt das noch lange nicht, dass sie in unseren Augen attraktiver sein müssen.
Geld ist nur bedingt »attraktiv«
Vor kurzem brachte eine Studie ans Licht, dass wir bis zu einem Jahresgehalt von 60.000 Euro unser persönliches Glücksgefühl steigern können. Darüber hinaus nimmt die Motivation durch Geld stark ab.
»Attraktiv« bedeutet daher, passend zum eigenen Bedarf. Ein Entscheidungsdilemma erleben wir, weil unser Bedarf durch unsere Wahlmöglichkeiten nicht gedeckt wird.
Halbwissen ersetzt die Vision nicht
»Wie soll das gehen? Ich kenne meinen Bedarf doch gar nicht!«
Entscheidungen geben unserem Handeln eine Richtung. Wir sollten daher wissen, wo wir eines Tages herauskommen wollen. Haben wir uns mit dieser Frage nicht beschäftigt, können wir auch nicht sagen, was unser Bedarf ist.
Natürlich wissen wir ungefähr, was wir wollen. »Alles wie es ist, nur viel viel besser!« Oder »Alles andere, nur nicht wie es heute ist!«
Dieses Halbwissen stellt auch unser Unterbewusstsein nicht zufrieden. Daher fühlen wir uns unwohl. Denn mit der Richtung fehlt die Grundlage für unsere Entscheidung.
Notärzte und Häftlingsdilemmata
»Ha! Jetzt habe ich Sie! Was ist denn mit dem Prisoner’s Dilemma oder einem Notarzt, der an der Unfallstelle entscheiden muss, wen er versorgt, während ein anderer Patient vielleicht in der Zwischenzeit stirbt.«
Der Gefangene hat die Wahl, seinen Kollegen zu verpfeifen oder zu schweigen. Sein Kollege hat die gleichen Optionen.
In der Spieltheorie wird es deshalb als Dilemma bezeichnet, weil die Gefangen nicht wissen, wie der andere handeln wird.
Redet nämlich nur einer, bekommt er eine sehr harmlose Strafe und der andere eine verhältnismäßig lange Strafe. Reden beide, bekommen beide eine lange Strafe und redet keiner, fällt die Gefängnisstrafe in den mittleren Bereich, weil die Beweislage nicht für alle Anklagepunkte ausreicht.
Das Prisoner’s Dilemma löst sich für seine Akteure aber nicht nur deshalb schwer. Denn keine der Alternativen ist »attraktiv«. Niemand petzt gerne oder sitzt gerne im Gefängnis
Genau das Gleiche Problem hat der Notarzt am Unfallort. Wenn die Rettung des Einen mit dem Tod des Anderen erkauft wird, ist das weit von attraktiven Alternativen entfernt. Die Entscheider haben in diesem Fall keine Gestaltungsspielräume.
Dem Häftling geschieht das recht. Denn er trägt die Konsequenzen seiner früheren Entscheidungen.
Dem Notarzt fehlt es schlicht an der Zeit, um bessere Alternativen zu schaffen. Solche Extremsituationen erleben wir allerdings ausgesprochen selten, wenn wir nicht gerade Notarzt oder Feuerwehrmann sind.
Unendlich viele Handlungsalternativen
In der Regel haben wir in jeder Entscheidungssituation unendlich viele Handlungsoptionen. Wir sehen sie nur nicht. Entscheidungsdilemmata erhöhen allerdings oft den Stress und schränken so unser Sichtfeld für Lösungen ein.
Entscheidung nicht treffen sondern neu gestalten
Daher lautet mein Tipp: Wenn wir uns in einer Entscheidung nicht wohl fühlen, weil wir nicht wissen, was die richtige Wahl ist, dann sollten wir die Entscheidung in dem Moment auch nicht treffen.
Stattdessen nehmen wir noch einmal Abstand und fragen uns, was wir wirklich in dieser Situation wollen. Wissen wir es nicht, weil wir kein eigenes Zukunftsbild haben, müssen wir eines schaffen.
Vielleicht haben wir ein Zukunftsbild, aber unsere Wahlmöglichkeiten führen uns nicht dort hin? Dann brauchen wir neue, attraktivere Alternativen.
Denn welchen Sinn würde es ergeben, sich für etwas zu entscheiden, was uns in die falsche Richtung führt?
Es hat also selten etwas mit unserem Urteils- oder Entscheidungsvermögen zu tun, warum wir eine Entscheidung nicht mit einem Gefühl der Sicherheit treffen können. Wenn eine Entscheidungsituation sich falsch anfühlt, dann ist sie es auch.
Die Freiheit aller Entscheider
Wenn wir eine Freiheit immer haben, dann liegt sie darin, unsere Entscheidungen selbst gestalten zu können. Nehmen wir diese Gestaltungsmacht nicht wahr, überlassen wir anderen die Kontrolle über unser Schicksal.
Tun wir Letzteres, erfüllen unsere Entscheidungen den Bedarf der anderen. Wir dagegen fragen uns, warum wir so wenig Glück und Erfüllung finden können.
Aber das ist eine Stilfrage. Vielleicht fühlen wir uns dann ja besser als ein Entscheider, der seine Gestaltungsmacht auch wahr nimmt? ❓
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