Lebenslang Gefängnis?

Fotolia_1229578_S Kinder sollen nach dem Willen des Hessischen Ministerpräsidenten Koch in begründeten Fällen ins Gefängnis. Angesichts des Aufschreis, der durch die Republik geht, kann ich beruhigt feststellen, die Reflexe funktionieren noch, ich lebe nach wie vor in Deutschland. 🙂

Ganz abseits des Wahlkampfgetöses, hat jeder von uns natürlich seine eigene Meinung zum Thema.

Ich persönlich bin noch nie auf offener Strasse beraubt, beleidigt oder körperlich angegriffen worden. Würde ich also von diesen persönlichen Erfahrungen ausgehen, müßte ich die Vorstöße in Richtung einer Verschärfung des Rechts ablehnen, weil dadurch mehr Staat geschaffen und die Freiheit eingeschränkt wird.

Manch ein Jugendlicher macht eben erst einmal ein paar Dummheiten, bis er auf den richtigen Weg findet. Auf der anderen Seite erfordert Freiheit auch Verantwortung. Wenn Eltern und Gesellschaft zuviel Toleranz walten lassen, fehlt es den Kindern und Jugendlichen an der Notwendigen Orientierung, denn die Grenzen sind für sie nur theoretisch existent.

Folgt man der broken window theory, die zu den Nulltoleranz-Regeln in Singapur und z.B. New York geführt hat, liegt das Geheimnis einer sicheren Gesellschaft in einem „wehret den Anfängen“. Da können sich die Menschen vielleicht nicht so gut entdecken, aber dafür erfreuen sich solche Kommunen nicht nur einer sehr sauberen Stadt, sondern es gibt dann auch weniger Opfer solcher „Selbstfindungsprozesse“.

Natürlich ist es in einer freiheitlichen Gesellschaft die Aufgabe der Eltern genau dafür zu sorgen. Allerdings mache ich mir inzwischen keinerlei Illusionen mehr. Wenn die Gefahr einer Entdeckung auszuschließen ist, gibt es nicht wenige Menschen, die im kleinen Rahmen kriminell handeln würden. Man denke nur an Nachbarschaftsstreitigkeiten oder das Thema Steuern. 😮

Wir sind eine sehr tolerante Gesellschaft. Wenn heute jemand ein Papier wegwirft, wird ihn kaum jemand darauf hinweisen, dass es dafür auch einen Mülleimer gibt. Zu groß ist vermutlich auch die Befürchtung, sich für diesen Hinweis zumindest verbal Repressalien einzuhandeln. Erstaunlicherweise würden recht viele Menschen unwirsch darauf reagieren. „Denn was geht es den anderen an, es ist doch nicht seine Strasse. Der will sich doch nur wichtig machen.“

Von so einem Denken ist es zwar noch weit bis zu einer Körperverletzung, aber das liegt quasi auf dem Weg.

Wenn also unsere Kinder lernen, dass es niemanden etwas angeht, wie wir uns auf der Strasse benehmen, dann haben hier die Eltern als Vorbild versagt.

Wenn dann der Jugendliche dem „Störer“ eine knallt, dann fühlt er sich zumindest teilweise im Recht. Und wer möchte es ihm verdenken? Denn im Kino und Fernsehen wird es auch so vorgelebt.

Aber ehrlich gesagt, ich möchte auch nicht gleich für jede Kleinigkeit ein Verwarngeld kassieren. Wo ist also das richtige Maß?

Um das wird es im Wahlkampf wahrscheinlich nicht gehen. Denn derzeit übertreffen sich unsere Poltiker in persönlichen Angriffen. Ich frage mich nur, ob das dann nicht auch Vorbildcharakter hat oder ob es eher in den Kontext passt, dass wir genau die Politiker haben, die wir verdienen. 😯

2 Kommentare
  1. Kai-Jürgen Lietz
    Kai-Jürgen Lietz sagte:

    Obwohl ich in Hessen lebe (Bad Homburg), hatte ich noch nicht das Vergnügen, Herrn Koch zu beraten. Allerdings glaube ich schon, dass die Polarisierung wichtig für ihn ist. Denn da sagt ein Mancher was er später lieber nicht gesagt hätte. Koch kontrolliert eindeutig den Prozess. Wobei er in der letzten Aussage über die Anwendung von Jugendstrafrecht auf Kinder ein wenig mehr bekommen haben dürfte als er beabsichtigt hatte.

    Es ist doch auch klar, dass die Justiz über solche Diskussionen nicht glücklich sein würde. Auf seine Parteikollegen wird er sich ohnehin nur bedingt verlassen.

    Aber warten wir mal ab. Ob es für den Ministerpräsidenten eine Verlängerung geben wird, erfahren wir am 27. Januar. 🙂

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