Rezension: Denken ist dumm

Herrmann Scherers neues Buch heißt “Denken ist dumm. Wie Sie trotzdem klug handeln”.

Denkfallen, wie sie die Verhaltenswissenschaft und die Gehirnforschung in den letzten Jahren aufgedeckt haben sind »in«.

Im Buchmarkt gibt es inzwischen eine große Anzahl lesenswerter Bücher zum Thema. Viele haben sich letztes Jahr auch den Bestseller von Rolf Dobelli “Die Kunst des klaren Denkens” gekauft.

Als das neue Buch angekündigt wurde, fragte denn auch gleich ein Scherer-Fan auf Facebook, inwiefern sich »Denken ist dumm« vom Dobelli-Buch unterscheide.

Konkurrenzlos

Die Frage ist müßig. Schließlich hatten unsere Lehrer in der Schule alle einen Standard-Lehrplan. Aber es gab einige, bei denen wir besser und mehr lernten als bei anderen.

Trotzdem möchte ich mit dem größten Unterschied zum Bestseller von Dobelli beginnen. Während Dobelli ein reichlich oberflächliches Sammelsurium verschiedener Denkfallen zum besten gibt, die sich teilweise unter anderem Namen sogar wiederholen, geht Hermann Scherer in die Tiefe.

Auf Tauchfahrt

Er lädt uns Leser zu zahlreichen Experimenten ein, in denen wir uns selbst erproben können. Das öffnet die Augen besser, als es eine ano­nyme Gruppe von Pro­ba­nden in einem Ex­peri­ment einer amerika­ni­schen Universität könnte. Das macht »Denken ist dumm« zur spannenden Selbsterfahrung. So sichert Scherer sich die volle Auf­merk­sam­keit seiner Leser.

Verständnis durch Kontext

Was allerdings den besonderen Wert dieses Buches ausmacht, ist der Kon­text, in die er die Denk­fal­len einordnet.

Da gibt es unseren »Blinden Fleck«, unseren »Auto­pilo­ten«, »nicht sorgfältig überlegte« Einschätzungen, »Verlust­äng­ste«, »Zah­len­spie­le« nach Pi mal Daumen und »Kom­plexi­tät«, die unsere Vernunft überfordert.

Dieser Kontext ist es, der zu echtem Verständnis führt und es wahrscheinlich macht, dass wir uns im richtigen Moment daran erinnern.

Neues und Altes

»Denken ist dumm« geht dabei oft über die aktuelle Literatur hinaus und holt auch Erkenntnisse hervor, die weit vor den Neuro­wis­sen­schaf­ten entdeckt wurden. So finden wir in Scherers Buch einiges Neues, das eigentlich ganz alt ist.

Das gibt dem Buch eine Vollständigkeit, die ich bei vielen anderen Büchern dieses Genres vermisse.

Kritisch

Zum Schluss möchte ich zum größten Kritikpunkt des Buches kommen. Mir persönlich gefällt der Titel nicht. Denn Denken ist ja nicht dumm, sondern es gibt nur Umstände, bei den wir genauer hinsehen müssen und eventuell einen von Scherers Ratschlägen beherzigen sollten.

Daher meine Empfehlung: Dieses Buch sollten wir nicht nach seinem Titel beurteilen. Sonst könnte uns etwas entgehen.

Wer sollte diese Buch lesen?

»Denken ist dumm. Wie Sie trotzdem klug handeln« ist nicht für Jedermann. So wie ein Buch übers Autofahren einem Fahrradfahrer nicht viel bringt, braucht Scherers Leser ein Gehirn. Denn sonst können wir schlecht nachvollziehen, was gemeint ist. 😉

Wer aber stolzer Besitzer einiger grauer Zellen ist, sollte dieses Buch unbedingt lesen. 🙂

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