Sein oder nichts sein? Das ist die Frage für Schaeffler

Als im Sommer vergangenen Jahres die Bombe platzte, schien es der Coup des Jahrhunderts zu sein. Die Schaeffler-Gruppe – David – kauft den Goliath Conti. Schnell waren die Parallelen gezogen zu einem anderen kleinen Familienunternehmen, dass die ganz großen Trümpfe einer Übernahme bei VW spielt: PORSCHE unter seinem genialen Chef Wendelin Wiedeking.

Was war der Unterschied?

Aber Maria-Elisabeth Schaeffler und ihr Sohn Georg sind nicht die Porsche Familie und Jürgen Geißinger ist vermutlich auch kein geeigneter Vergleich für den PORSCHE Macher.

Trotzdem darf die Frage gestattet sein, was die beiden Übernahmen unterscheidet.

Die PORSCHE-Story

Wer sich mit der Geschichte der PORSCHE AG beschäftigt, der erkennt, dass beide Unternehmen auf engste Weise miteinander verbunden sind. Der VW-Käfer war ursprünglich von Ferdinand Porsche während des Dritten Reichs konstruiert worden. Der erste PORSCHE basierte auf einem VW-Chassis, das erste Geld für den Bau des schwäbischen Flitzers kam von risikobereiten VW-Händlern. Ein Zusammengehen der beiden Unternehmen erscheint wirtschaftlich logisch und wer dynastisch denkt, wird verstehen, warum auch ein Ferdinand Piëch VW in die Familie holen will.

Ferdinand Piëch war zudem jahrelang am Volant des größten deutschen Automobilherstellers und ist bis heute Aufsichtsratschef in Wolfsburg.

Der VW-Kauf ist kein plötzlicher Husarenritt, sondern war von langer Hand geplant und durchgeführt. Wiedeking hat dabei immer die jeweiligen Verhältnisse beachtet und so agiert, dass Porsche sein Ziel  immer im Blick behielt.

Im Ergebnis spielte die Finanzkrise Porsche in die Hände und hat dafür gesorgt, dass Porsche weit weniger Kredite in Anspruch nehmen musste, als ursprünglich geplant. Denn viele Hedge-Fonds haben sich gewaltig verschätzt, als sie auf einen Absturz der VW-Aktien wetteten. Porsche hatte sich bereits einen viel größeren Anteil von VW gesichert, als alle dachten. Daher wurden mehr VW-Aktien gehandelt, als tatsächlich verfügbar waren. Die Preise der VW-Aktie sanken daher nicht, sie stiegen in kaum vorstellbare Höhen. Zeitweise war die Volkswagen AG das teuerste Unternehmen der Welt. Um den Markt zu entlasten stellte Porsche daher wieder ca. 5 Prozent der VW-Aktien zur Verfügung. Mit anderen Worten, die cleveren Stuttgarter machten einen richtig guten Schnitt. 🙂

Die Schaeffler Gelegenheit

Bei Schaeffler liegt der Fall anders. Das Unternehmen ist in den letzten Jahren immer wieder gewinnbringend gewachsen und hat passend zur eigenen Positionierung Automobilzulieferer mit mechanischer Ausrichtung, wie zum Beispiel den Kugellagerhersteller FAG Kugelfischer übernommen.

An Automobilzuliefern mit Elektronikausrichtung waren die Schaefflers dagegen nie interessiert. Andernfalls hätten Sie bereits 2007 mit Siemens über den Kauf von VDO verhandeln können.

Diesen Klotz hängte sich allerdings Continental für 11,7 Mrd. Euro ans Bein. In der Folge litt Continental unter dem Zusammenprall der unterschiedlichen Unternehmens-Kulturen und dem angehäuften Schuldenberg. An der Börse war das Unternehmen daher in seiner Gesamtheit in 2008 nur noch rund 11 Mrd. Euro Wert.

Zwei für den Preis von einem – gekauft!

Vielleicht dachte man sich bei Schaeffer „Zwei für den Preis von einem – gar kein schlechter Deal“ und bereitete Mitte 2008 die feindliche Übernahme vor. Offensichtlich fanden das einige namenhafte deutsche Banken auch und finanzierten den Schaefflers kurz vor der Finanzkrise ihren sog. Coup. Mittels Swap-Geschäften über Strohmänner Banken hatte sich das Familienunternehmen längst große Aktienanteile gesichert, als es allen Aktionären für nicht gerade attraktive 75 Euro ein Übernahme-Angebot machte. Das war gerade zwei Euro über dem damaligen Aktienkurs. Aber die Schaefflers wollten zunächst auch „nur“ eine Minderheitenbeteiligung von 49,99 Prozent erwerben.

Die Schaefflers ernteten sowohl Bewunderung als auch viel Kritik. Denn das Geschäft über Strohmänner war eigentlich nicht im Sinne der Gesetze für Übernahmen. Es war eine Lücke, die der Gesetzgeber alsbald schließen wollte.

55 Euro – der Preis für einen guten Champagner

Aber Gott hat Humor. Daher stürzte die Conti-Aktie noch während der Gültigkeit des Übernahmeangebots auf magere 20 Euro ab. Die Finanzkrise hatte zugeschlagen.

Wer da noch an dem Reifenprimus festhalten wollte, dem war wirklich nicht mehr zu helfen. Daher kam Schaeffler ohne eigenes Dazutun in den Besitz der restlichen Contiaktien, die man eigentlich gar nicht haben wollte. Denn der Schuldenberg des jetzt fusionierten Unternehmens lag danach bei stattlichen 23 Mrd. Euro. Für die Entscheider hinter dem Deal war das eine Katastrophe. Denn was sich als günstige Gelegenheit angeboten hatte, war urplötzlich zum Albtraum geworden.

Eine Lachnummer

Die Lachnummer dabei: Schaeffler hätte nach Eintritt der Finanzkrise die Aktien für eben jene 20 Euro kaufen können und die anvisierte Minderheitenbeteiligung für einen Bruchteil erwerben können. Dann meine lieben Leser hätten alle Beifall geklatscht und die Weitsicht der Schaefflers gelobt. 😛

Leider hat die neue, große Schaeffler-Gruppe nicht nur 23 Mrd Euro Schulden sondern auch noch ein enormes politisches Kapital in Form von 220.000 Arbeitsplätzen. Zugleich ist der Bund ohnehin mit seiner verstaatlichten Commerzbank mit 5 Mrd. Euro engagiert. Daher ist nicht auszuschließen, dass schlechte Entscheider belohnt werden. 😮

Der großen Unterschied

Meiner Ansicht nach ist der wahre Unterschied zwischen den beiden Übernahmen nicht nur Glück oder Pech. Obwohl natürlich auch das eine Rolle gespielt hat.

Ich denke, Porsche war deshalb erfolgreich, weil das Unternehmen ein langfristiges Ziel mit viel Augenmaß und Cleverness umsetzt. Dabei nutzt es natürlich die Gelegenheiten, die sich bieten. Aber von seinem Ziel weicht Porsche nicht ab. So sollten Entscheidungen funktionieren!

Schaeffler dagegen sah einfach nur eine günstige Gelegenheit und wollte daran verdienen. Unternehmerisch/strategisch gab es dabei auf lange Sicht nichts zu holen. Entscheidungen sind richtungsgetriebenes Handeln. Wenn mein Handeln aber keine Richtung reflektiert sondern lediglich Opportunität, dann wird es eben nichts mit dem großen Nachbarn.

Aus meiner Sicht macht es wenig Sinn, die Schaeffler-Gruppe und Conti als Paket zu handeln. Wenn die Schaefflers kein Geld mehr haben, dann werden die Unternehmen besser getrennt verkauft und die Arbeitsplätze bleiben dabei vermutlich weitestgehend erhalten.

Warum gerade einen Schutzschirm für Schaeffler?

Immer vorausgesetzt, die Automobilindustrie fällt nicht insgesamt einem Kahlschlag zum Opfer. Dann jedoch stellt sich die Frage, warum gerade die Schaeffler-Gruppe erhalten werden sollte?

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