Verdient vs. Verramscht
Ich lese gerade die Autobiographie des Honda-Gründers Soichiro Honda. Ein Satz darin regt zum Nachdenken an.
Als Honda nicht genug Geld hatte, sein Mofa auf den Markt zu bringen, verpflichtete das Unternehmen seine Händler in Vorkasse zu gehen.
Da Fahrradhändler schon damals keine Bank waren, mussten deren Kunden ebenfalls erst das Geld auf den Tisch legen und lange warten, bis sie ihr Gefährt abholen konnten.
Eine interessante Strategie. Denn heutzutage würde man stattdessen alles tun, um keine Hürden für den Kauf zu errichten. Vermutlich dachten sich das damals auch andere Marktteilnehmer.
Die Honda Philosophie
Aber Herr Honda meinte dazu »einen Honda muss man sich verdienen«. Auch in späteren Jahren gab es niemals Gameshows oder Gewinnspiele, in denen jemand einen Honda gewinnen konnte. Das hätte das Wertversprechen des Unternehmens unterminiert.
Mich macht das nachdenklich. Denn im Zeitalter unseres Überflusses ist diese Einstellung selten geworden.
Sparen ohne Opfer
Das Internet ermöglicht Dienste wie Groupon.de und Letsbuyit.de, bei denen sich lediglich genügend Käufer für ein Angebot finden müssen, damit wir einen Rabatt von 50 Prozent und mehr bekommen.
Für mich als Konsumenten und geborenen Schwaben ist das eine gute Sache. Allerdings gibt es auch einen Nachteil. Wenn ich die gleiche Leistung später zum vollen Preis kaufen soll, fehlt mir das Gefühl des Gegenwerts.
Der schale Geschmack eines Rabatts
Bei meiner Auto-Werkstatt kostet zum Beispiel eine Aufarbeitung 140 Euro. Nach einem strengen Winter wie diesem ist das keine schlechte Idee. Das Auto ist wieder sauber und strahlt, als käme es frisch vom Hof. Die Leistung ist ihr Geld also definitiv wert.
Mit der Hilfe meiner Freunde beim Schnäppchenportal kostet das Gleiche einmalig nur 75 Euro. Wenn ich wieder den Normalpreis bezahlen soll, kommen jetzt Bedenken hoch: »Das ist es doch etwas viel für die Leistung.«
Preise sind später wichtig
Als Entscheider spielt der Preis immer eine nachgeordnete Rolle. »Wieso? Wenn es billig ist, dann kaufe ich es!« Das sagen viele.
Daher kurze Erfahrung Leben: Bei meinem letzten Frankreich-Urlaub bestellte ich mir in einem Restaurant eine Meeresfrüchteplatte.
Leider wusste ich nicht, dass alles darauf roh sein würde. Einige der Dinge, die ich gekocht, gebacken oder frittiert gerne esse, sind roh einfach nur schleimig und sorgten bei mir für massive Ekel-Gefühle. 😯
Da kann der Preis so niedrig sein, wie er will, dieses Gericht werde ich nie wieder kaufen. 😡
Der Preis spielt daher in unserer Entscheidung eine nachgeordnete Rolle.
Zunächst müssen wir für uns wissen, ob wir ein Produkt überhaupt wollen. Danach vergleichen wir mit dem Preis, ob es uns das wert ist.
Die Preisfallgrube für Werte
Doch wie entsteht diese Werteinschätzung? Jeder von uns hat eine ganz eigene Einstellung zu Geld. Manche brauchen einen Vorrat davon, um sich sicher zu fühlen, andere leben genauso glücklich von der Hand in den Mund.
Erstere gaben naturgemäß nicht so gerne Geld aus, wie Letztere. Daher müssen sie sich einen höheren Nutzen davon versprechen als ihnen das Geld in Form von Sicherheit vermittelt.
Leben wir dagegen von der Hand in den Mund müssen wir vielleicht auf einen anderen Kauf verzichten. Wir wägen also ab, ob wir zum Beispiel lieber in den Urlaub fahren oder ein neues Fahrrad kaufen.
Sobald wir allerdings unterschiedliche Preise für ein und dasselbe bezahlen sollen, sinkt der Wert des Gutes bei uns automatisch auf den niedrigsten Preis.
Wer wollte denn sehenden Auges mehr für eine Sache bezahlen, wenn alle anderen Bedingungen, wie Service und Freundlichkeit usw. gleich sind?
Sonderangebote – Nemesis für jeden Dienstleister
Das ist das Problem mit Sonderangeboten und Rabatten. Sie zerstören in den Augen unserer Kunden den Wert unserer Leistung.
Bei anfassbaren Produkten mag das noch angehen. Jeder kann sich verkalkulieren und räumt dann Lagerbestände, um Liquidität zu schaffen. Wenn das passiert, schätzten wir uns als Kunden glücklich.
Wenn ein Dienstleister das macht, hat er wohl zu wenig zu tun. er kann seine Leistung nicht lagern und daher geht er mit seinem Preis herunter, um das Auftragsloch zu stopfen.
Dolchstoß für den Selbstwert
Dienstleister verkaufen sich meist selbst. Das heißt ihr Selbstwertgefühl ist enormen Belastungen ausgesetzt. Lehnen Kunden das Angebot ab, lehnen sie damit auch den Dienstleister ab. 😮
Rabatt-Aktionen und Sonderangebote wirken dann auch wie ein Eingeständnis an das Unterbewusstsein: »Meine Kunden haben recht, meine Leistung ist nicht so viel wert, wie ich ursprünglich verlangt habe.«
Leider wirkt dieses Denken wie eine Rolltreppe nach unten. Denn wenn wir nicht absolut davon überzeugt sind, dass wir einen mindestens zehnfach höheren Nutzen bieten, als wir in Geld verlangen haben wir keine Chance, uns zu verkaufen.
Der Nächste Rabatt und das nächste Sonderangebot winken also schon.
Das richtige Angebot
Meiner Meinung nach müssen wir unsere Angebote so schnüren, dass wir und unsere Kunden eine klare eindeutige Wertvorstellung davon haben.
Da kommt mir doch gleich wieder Herr Honda in den Sinn: »Einen Lietz muss man sich verdienen«
Diese Vorstellung gefällt mir.
Wie ist es mit Ihnen: Sind sie einfach käuflich oder sind Sie es wert, dass Kunden auf sie warten und ein bisschen mehr zahlen?
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