Verrat am Selbstwert
“Niemand wird es jemals erfahren!” Denkt sich die Unternehmerin Karin Frühling*. Als sie die Chance bekommt, den Einkäufer eines potentiellen Kunden zu bestechen. “Aber ich würde es immer wissen, daher mache ich es nicht.”
Sie entscheidet sich für die Ehrlichkeit und informiert den Geschäftsführer des Unternehmens über den untreuen Mitarbeiter.
Den Auftrag bekommt sie trotzdem nicht, denn ein Wettbewerber hat das bessere Angebot.
Integrität
Integere Menschen sagen was sie tun und tun was sie sagen. Jeder versucht, auf seine Weise diesem Standard gerecht zu werden.
Spannend wird es allerdings, wenn wir wissen, dass niemand jemals erfahren würde, dass wir unsere Maßstäbe verletzen. Dann brechen manche von uns aus und verstoßen dagegen, wahrend andere trotzdem dabei bleiben, auch wenn sie dadurch Nachteile erleiden.
Was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß – weiß der Volksmund. Wenn also die Steuererklärung ansteht oder Zeugen in eigener Sache vor Gericht aussagen, wird fleißig geflunkert, weil ja nur wir die Wahrheit kennen.
Wenn alles gut läuft, kommt es auch niemals heraus. Ist der freie Umgang mit unseren Werten dann ein Erfolgsmodell?
Das stille Opfer
Das kurzfristige Ergebnis mag das rechtfertigen. Allerdings gibt es einen Faktor, den viele nicht berücksichtigen: unser Selbstwertgefühl.
Es mag ja sein, dass unsere Umwelt nie erfährt, dass wir gegen unsere eigenen Grundsätze verstoßen. Machen wir das zur Maxime , fürchten wir offensichtlich nur deren Urteil. Was sie über uns denkt ist dann Maßstab unseres Handelns.
Denn einer weiß immer, dass wir unsere Grundsätze nicht ernst nehmen. Wir selbst. Offensichtlich ist es uns aber wichtiger, was andere über uns denken könnten.
Jedes Mal, wenn wir versteckt unsere Werte missachten, zeigen wir unserem Unterbewusstsein, dass unser Selbstwert von unserer Umwelt abhängt und nicht von uns.
Selbstwertgefühl
Selbstwertgefühl ist die Grundlage jedes Erfolgs. Haben wir keines, werden wir nicht zu dem stehen, was wir selbst wollen, wir werden uns auch nicht genügend vertrauen, um eigene langfristige Ziele zu entwickeln, geschweige denn, sie umzusetzen. Stattdessen werden wir das tun, was andere von uns wollen.
Bestimmen andere unser Selbstwertgefühl, sind wir Sklave unserer Umwelt. Schenkt sie uns ihre Aufmerksamkeit und bekommen wir ihre Anerkennung, fühlen wir uns gut. Ignoriert sie uns oder bekommen wir Kritik, brechen dagegen schlimme Tage an.
Wer sich selbst zum Maßstab seines Handelns macht, wird nicht gegen seine eigenen Werte verstoßen, unabhängig davon, ob andere es wissen oder nicht. Denn er selbst wüsste es. Und das ist alles, was zählt.
Der amerikanische Psychologe Nathaniel Branden hat sich sein gesamtes Berufsleben mit Selbstwertgefühl und seinen Ursachen auseinander gesetzt. Unter Anderem hat er das Buch “Die 6 Säulen des Selbstwertgefühls” veröffentlicht, in dem ich den hier beschriebenen Zusammenhang zwischen persönlicher Integrität und Selbstwertgefühl gefunden habe.
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