Was ist der Nutzen von Erfahrungen?
Das weiß jeder. Erfahrungen sind wichtig. Das gilt insbesondere für Entscheidungen. Letztere sind richtungsgetriebenes Handeln. Wo kommt dann die Erfahrung zum Tragen?
Der situative Entscheider hat am wenigsten davon
Solange der Entscheider situativ vorgeht und nur auf Problemstellungen reagiert, wird er – durch Erfahrung schlau geworden – zumindest wissen, was er nicht will. Haben wir zum Beispiel einmal Schiffbruch mit einem privat erstandenen Gebrauchtwagen erlitten, kaufen wir unseren nächsten nur noch nach einem Check durch die Werkstatt unseres Vertrauens. Denn wir wollen nicht mehr aufs Kreuz gelegt werden
Erfahrung ermöglicht uns hier, besonders schlechte Alternativen frühzeitig abzuwählen. Manchmal setzt auch ein Lerneffekt ein und wir haben beim nächsten Mal mehr Alternativen zu Verfügung. Zum Beispiel überlegen wir uns bei nächsten Mal, gleich einen Gebrauchten vom Fachhändler zu erstehen.
Zweifellos verbessern Erfahrungen daher auch die Urteilskraft des situativen Entscheiders.
Wie sieht es mit dem informierten Entscheider aus?
Der informierte Entscheider nutzt seine Erfahrungen zusätzlich, um genauer sagen zu können, was er tatsächlich will. Als Dieter Bohlen sich mit Verona Feldbusch einließ, hatte er sehr darunter zu leiden, dass diese nicht kochen wollte und konnte. 😮 Alle seine anderen Freundinnen beherrschten fortan diese Disziplin vorzüglich. Mit anderen Worten, manchmal fehlt uns die Vorstellungskraft, worauf wir Wert legen sollen. Wir können dann entweder Berater einschalten, die uns helfen, Klarheit zu schaffen oder wir machen eben Erfahrungen, die fortan Teil unserer Entscheidungskriterien sind.
Wie sieht es mit dem gestaltenden Entscheider aus?
Der gestaltende Entscheider:
- schafft sich Entscheidungsklarheit (er weiß, was er will)
- schafft selbst attraktive Alternativen
- sorgt für die größtmögliche Unterstützung bei die Umsetzung
Zusätzlich zu dem, was der situative Entscheider und der informierte Entscheider mit ihren Erfahrungen anfangen, sorgt der gestaltende Entscheider für besonders attraktive Alternativen. Seine Erfahrungen ermöglichen ihm einen anderen Zugang dazu, was möglich ist.
Weil er nicht auf sich selbst bietende Alternativen schielt, sondern von vorne herein auch neue schafft, macht er im besonderen Maße Gebrauch von seinen eigenen Erfahrungen.
Meine Erfahrung
Wer Entscheidungen zu treffen hat profitiert von seinem Erfahrungsschatz, allerdings liegt es in unserer Hand, wieviel wir daraus machen. Denn ob wir situativ, informiert oder gestaltend entscheidungen ist unsere freie Wahl. Zumindest nachdem Sie Leser dieses Blogs sind. 🙂
Sehr schöne Darstellung, die sich angenehm differenzierend abhebt von den üblichen „Intuition“ versus „kognitiv rationale Entscheidung“ Debatten und der Pauschal-Weisheit, daß Entscheidungs-vorbereitende Analysen aus dem Rückspiegel eben nur bedingt weiterhelfen.
Erfahrungen können beim Entscheiden wirklich viel helfen, wir überbewerten aber die Bedeutung der eigenen Erfahrungen gern. Besonders mit Verallgemeinerungen zusammen kann es gefährlich sein: „ich hatte viele Probleme mit meinem Peugeot, deshalb werde ich jetzt kein französisches Auto kaufen“.
@Wilfried Russ: Vielen Dank! Was sind „Entscheidungs-verbereitende Analysen aus dem Rückspiegel“?
@Réka: Sie können also Peugeot nicht empfehlen? 😛 😉
@Kai-Jürgen Lietz: Ich habe leider noch keinen Peugeot gefahren. Wir haben einen Opel Astra, mit dem ich ganz zufrieden bin. Ob meine Erfahrungen auch für Sie relevant sind, weiß ich nicht. 🙂
@Kai-Jürgen: Gibt es auch Erfahrungen aus der Zukunft? Man ist spontan versucht zu sagen „Natürlich nicht!“. Was jedoch ein großer Irrtum wäre. Intelligente Simulations-Ansätze sind sogar sehr gut in der Lage mögliche „Zukünfte“ durchzuprobieren und dabei wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Erfahrungen zum Beispiel darüber, wie mein Geschäftsmodell auf explodierende Energiepreise reagiert, welche Ergebnis-sichernden Massnahmen greifen/ welche nicht.
Zugegeben: Der Gedanke einer Erfahrungssammlung aus der Zukunft wirkt zunächst ungewohnt. Hat aber unheimlich Charme!
Übrigens: Profitieren Sie auch von der Erfahrung anderer, vulgo: man muß nicht jeden Fehler selber machen! Dies gilt sicher auch beim Autokauf 🙂
@ Wilfried Russ:
Simulationen können helfen, bereits geschaffene Alternativen weiter zu optimieren. Wir müssen nur aufpassen, dass die Simulation nicht den Blick für das Wesentliche verstellt, den Bedarf des Entscheiders.
Simulationen haben ihre Funktion darin, dass Sie das Berechenbare in die Zukunft erweitern und die Ergebnisse unter verschiedenen Szenarien darstellen.
Damit erweitern sie natürlich die Vorstellungskraft des Entscheiders. Leider haben Simulationen auch ihre Grenzen darin, dass sie ein begrenztes Model betrachten.
Die Realität sind daher immer anders aus.
Wäre es nicht so, würden sich die Simulationsspezialisten schon längst alle auf den Bahamas die Sonne auf den Bauch scheinen lassen. 🙂 Gönnen würde ich Ihnen das natürlich! 😛
Die Gefahr für den Entscheider: Duch die hypnotische Fixierung auf die berechneten Ergebnisse und die scheinbare mathematische Unausweichlichkeit verliert er seine langfristen Ziele aus dem Fokus.
Simulationen sind also nützlich, aber auch mit Vorsicht zu genießen.
Ich weiß, dass Sie mir als Anbieter eines Simulationssystems jetzt gerne die Kopf gerade rücken möchten, dazu schlage ich dann allerdings vor, dass Sie dies nicht hier, sondern in Ihrem Blog machen. Den können meine Leser unter http://1stplan-blog.de/ finden.
@Kai-Jürgen Lietz: Gerne! Ich werde heute noch im 1stplan-blog.de den Faden aufnehmen.
Die Bahamas hätten natürlich auch Charme… 🙂