Der Alltagsentscheider: vier Augen Gespräche

Letzte Woche haben wir uns im Alltagsentscheider mit der Frage beschäftigt, was wohl der richtige Kommunikationskanal ist. Diese Woche wollen wir Gespräche unter vier Augen so führen, dass wir das Beste herausholen können.

Der Anfang eine Odysee

Vielleicht ist es Ihnen ja auch schon so gegangen? Gerade noch waren wir in einem wichtigen Gespräch, haben uns angeregt unterhalten und vielleicht sogar interessante Ergebnisse erzielt. Im Nachhinein fällt uns ein, wir haben einen ganz wichtigen Punkt vergessen!

Oft beginnt dann eine Kontaktodysee, bis wir den Anderen wieder am Telefon haben oder ihn noch einmal zu einem Gespräch treffen können. Wenn wir Pech haben, ist er dann in Eile und das Thema unpassend. Auch die gerne nachgeschobene E-Mail ist oft nicht der Weisheit letzter Schluss, wenn das eigene Anliegen eigentlich persönlich erklärt werden müsste.

Oder unser Gespräch wird immer länger, weil wir vom Hundertsten ins Tausendste kommen. Das ist oft sehr spannend und der Gesprächspartner wahrscheinlich hochinteressant. An einem Freitagnachmittag ist dagegen sicher auch nichts einzuwenden, aber vielleicht an einem Montagvormittag, wenn  noch ganz wichtige Aufgaben auf uns warten.

Alltagsentscheider: Alles zu seiner Zeit. Bei mir entwickeln Gespräche oft eine Eigendynamik und zu viel Kontrolle unterdrückt oft die kreativen Ideen, die durch die Interaktion mit dem Gegenüber entstehen.

Gespräche lassen sich tatsächlich nur bedingt kontrollieren. Wer anderes behauptet, hat häufig einen Hang zum Monolog und braucht lediglich einen Zuhörer. Eine solche Situation nenne ich allerdings nicht Gespräch und der verwendete Kommunikationskanal ist in diesem Fall der Falsche.

Der Erfolg eines Gesprächs steht und fällt damit, ob seine Teilnehmer wissen, was sie damit bezwecken oder nicht. Das ist also die Grundfrage: Was will ich in diesem Gespräch?

Ja, was will ich eigentlich?

Das können wir wieder ganz einfach mit dem Entscheidungsprofil klären, das ich bereits hier eingehend beschrieben habe.

Bevor Sie in ein Gespräch gehen, klären Sie vorweg:

  1. Was ist mein Ziel?
  2. Warum kommt es zu diesem Gespräch? Was ist der Auslöser?
  3. Was wäre eine gute Frage, um fokussiert zu bleiben?
  4. Was sind gewünschte Ergebnisse, die ich nach dem Gespräch erreicht haben will?
  5. Was ist bereits vor den Gespräch gut und soll nicht dadurch berührt werden?
  6. Was will ich unbedingt vermeiden?

Wenn die Zeit knapp ist, könnte es sinnvoll sein, herauszufinden, welche Punkte uns besonders wichtig sind.

Die Kenner meiner Methodik wissen es bereits. Dazu müssen wir das Entscheidungsprofil zum Entscheidungskompass weiter entwickeln.

Ein kurzes Beispiel zeigt, wie es geht.

Ein Beispiel

Der Entscheider möchte sich gerne die Unterstützung seines Kollegen Rolf Berger für ein Projekt sichern. Der Erfolg dieser Besprechung ist für den Entscheider sehr wichtig, da Berger ein Meinungsmacher ist und großen Einfluss auf die Geschäftsführung hat.

Das Entscheidungsprofil von Berger sieht so aus.

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Manche der verschiedenen Ergebnisse in den drei Kontrollelementen haben eine sehr ähnliche Aussage. Daher bildet der Entscheider die Hauptaussagen, auf die es ihm ankommt. Und trägt diese in die die untenstehende Matrix unter der Überschrift „Entscheidungs-Kriterien“ ein. Bei einer normalen Entscheidung werden so die Entscheidungs-Kriterien gebildet, die mit Hilfe der Matrix gewichtet werden sollen.

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Wir verwenden dazu den paarweisen Vergleich. Wie zu sehen, sind die einzelnen Hauptaussagen (Kriterien) von A bis I durchnummeriert. Die in grau angezeigten Buchstabenkombinationen unter der Überschrift „Vergleichsfelder“ geben an, welche Aussage mit welcher verglichen werden soll. Zum Beispiel steht im ersten Feld „A/I“. Das heißt wir vergleichen „Bergers aktive Unterstützung“ und „Mein guter Ruf“. Eins von beidem ist uns wichtiger, zum Beispiel „Mein guter Ruf“ und wir tragen dann „I“ in das Feld ein. Auf diese Weise gehen wir alle Felder durch und haben am Ende alle Kriterien miteinander verglichen. Wir zählen dann nur noch, wie oft jeder einzelne Buchstabe vorgekommen ist und tragen die jeweilige Zahl in das zum Buchstaben passende Feld „Gewichtung“.

Das Ergebnis könnte so aussehen:

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Der Matrix entnehmen wir, dass dem Entscheider besonders daran gelegen ist, seinen guten Ruf zu erhalten, wie auch das gute Verhältnis zu Berger. Im Gespräch wird er sich darauf konzentrieren, Bergers Eigeninteresse zu wecken und Bergers aktive Unterstützung zu erhalten.

Wenn Sie das Gespräch auf diese Weise vorbereiten, werden Sie automatisch sehr fokussiert sein.

Gesprächsführung

Allerdings wäre es falsch, das Gespräch gleich mit Ihrem Anliegen zu beginnen. Gute Gespräche sind durch mehrere Phasen gekennzeichnet.

  1. Aufwärmphase
  2. Hauptteil
  3. Zusammenfassung/Verbleib
  4. Verabschiedung

 

Aufwärmphase

In der Aufwärmphase sollten Sie sich in erster Linie um Ihren Gegenüber kümmern. Was bewegt ihn gerade? Hat er Zeit für das Gespräch oder ist er eher gehetzt? In dieser Phase gehen wir voll auf den Gegenüber ein und holen ihn da ab, wo er ist. Das ist nicht nur eine Frage der guten Kinderstube, sondern auch im Sinne der Kommunikationspsychologie richtig. Wenn Sie sich auf den anderen einlassen, wird er das umgekehrt auch in Ihre Richtung so machen. Je besser das gelingt, desto besser wird auch der Hauptteil des Gesprächs verlaufen.

Hauptteil

Der Hauptteil besteht aus einem oder mehreren Blöcken, die Sie mit Ihrem Gesprächspartner besprechen möchten. Lassen Sie dabei aber auch Abweichungen zu. Oft ergeben sich überraschende Anknüpfungspunkte an andere Ziele, die Sie bei der Vorbereitung auf das Gespräch nicht voraussehen konnten.

Je nach Interessenlage unseres Gegenüber können wir am Anfang des Hauptteils alle Aspekte ansprechen, über die das folgende Gespräch gehen sollte. Unser Gegenüber hat dann gleich einen Überblick. Dieser Strategie kann allerdings auch zu einer inneren Abwehr führen. Denn wenn wir in unserem Themenangebot auch Unangenehmes bereithalten, wie z.B. eine Forderung durchzusetzen oder eine Kritik anzubringen, macht es vielleicht Sinn sich über angenehme Themen an die schwierigen Aspekte heranzutasten.

Zusammenfassung/Verbleib

Nachdem wir alle wichtigen Themen besprochen haben müssen wir die Ergebnisse sichern. Dazu fassen wir alles Besprochene noch einmal zusammen und skizzieren, was als nächstes zu erfolgen hat.

Abschied

Die Verabschiedung sollte bei unserem Gesprächspartner das angenehme Gefühl hinterlassen, dass sein Beitrag zu Lösung in diesem Gespräch wichtig war und dass Sie ihn unabhängig vom Ergebnis schätzen.

Dieser Alltagsentscheider-Beitrag soll bei Ihnen die Motivation wecken, sich auf Gespräche so gut wie möglich vorzubereiten, um die Gefahren der Verschwendung von Zeit und Nerven zu reduzieren.

Meine kurzen Tipps zum möglichen Gesprächsverlauf können Sie an anderer Stelle noch ergänzen. Denn es gibt natürlich Kommunikationstrainer, die in diesem Umfeld erheblich mehr zu sagen haben.

Surftipps

Werner Stangls Arbeitsblätter: Gesprächsführung

Zeit zu Leben: 10 Praxistipps für erfolgreiche Gespräche

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Den vollständigen Entscheidungskompass mit der Gewichtungsmatrix finden Sie hier.

In der kommenden Woche beschäftigt sich der Alltagsentscheider mit dem Thema Ablenkungen.

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