Entscheidungsklarheit für Stoiber
Wie wir in meinem gestrigen Beitrag gesehen haben, ist Stoiber in keiner leichten Situation. In meinem Blog versuche ich ohne Parteipolitik und ohne Insiderinformation nach zu gestalten, wie er sich entscheiden könnte.
Wir beschäftigen uns heute mit der Frage, wie Stoiber Entscheidungsklarheit gewinnen kann.
Auf welcher beruflichen Mission befindet sich Stoiber? Also welchen persönlichen Auftrag hat er in seinem Leben aus den ihm zu Verfügung stehenden Talenten und Fähigkeiten abgeleitet. Unter Franz-Josef Strauß war er der unermüdliche Arbeiter, der diesem treu gedient hat. Sein Pflichtgefühl und Arbeitseinsatz war seinen Landsleuten so untypisch, dass er als der bayerische Preuße tituliert wurde. Jemand also, der nicht ganz zur leichten bayerischen Lebensart gehört. Hart arbeiten war nicht das Einzige, was ihn bewegt hat. Als 1993 der damalige Ministerpräsident Max Streibl die CSU in die Amigo-Affäre geführt hatte, war er derjenige mit der weißen Weste, der wieder für Ordnung und vor allen Dingen für ein neues Vertrauen sorgte. Man kann annehmen, dass es seine berufliche Mission war, den bayerischen Laden zu säubern und sauber zu halten.
Seine berufliche Vision, also sein Langfristziel ist sicherlich nicht so selbstlos :-). Denn auch wenn Stoiber zunächst eher eine Beamtenmentalität in die bayerische Staatskanzlei brachte, so war er immer auch sehr ehrgeizig. Es kann ihm nicht einfach gefallen sein, Streibl zu dienen, der es häufig nicht so genau nahm. 😮 Ich denke, seine Vision war es, bayerischer Ministerpräsident zu werden und in seinem Sinne für Ordnung zu sorgen. Vermutlich ist seine heutige Vision nicht so klar. Denn Ministerpräsident ist er seit 13 Jahren und das mit der Ordnung fällt zunehmend schwer, da die Machtposition wohl detailblind macht und die Realität eine ganz eigene wird.
Das Ziel seiner Entscheidung: Eine „ordentliche“ politische Führung für die CSU und Bayern
Entscheidungsauslöser: CSU-Basis und Stoibers Feinde machen Front gegen eine erneute Kandidatur
Problemlösende Frage: Wie kann ich als strahlender Sieger aus dieser Situation hervorgehen und meinen Einfluss erhalten?
Bei der Zielformulierung sollte Stoiber nicht dem inneren Druck nachgeben. Denn innerlich schreit natürlich alles in ihm, die für ihn schreckliche Situation einfach nur zu beenden. Mit dem Ende fehlt es allerdings an der Richtung für seine Entscheidung.
Wenn Stoiber in seinem Entscheidungsprozess die Kontrolle behalten will, muss er wissen, welche Konsequenzen sich aus seiner Entscheidung ergeben sollen.
- Sein politisches Vermächtnis bleibt erhalten- Stoiber ist 64 Jahre alt. Er hat seiner Partei große Erfolge ermöglicht und er hat sie vor der Amigo-Affäre bewahrt.
- Seine Politik wird fortgesetzt und die ehemaligen „Amigos“ bleiben draußen. 🙂
- Er ist einflussreich
- Sein Ruf darf nicht beschädigt werden
- Er hat eine anspruchsvolle Aufgabe und kann sich darin erfolgreich behaupten
- Er bestimmt selbst seinen Ausstieg aus der Politik
- Er bleibt seinen Grundsätzen treu.
Diese Konsequenzen stellen seinen Bedarf dar. Daraus leiten wir seine Entscheidungskriterien ab und gewichten diese über einen paarweisen Vergleich der Kriterien A bis E:
Damit ist sein Entscheidungskompass fest gelegt und er weiß, worauf es ihm ankommt. Einen Mangel hat meine Überlegung natürlich 🙂 Ob Stoiber von denselben Motiven geleitet wird, wie in der Vergangenheit oder einfach von dem Gedanken „die nehmen mir das nicht weg“, kann ich leider nicht beurteilen. Im letzten Fall würde sein Entscheidungsverhalten erheblich destruktiver sein. Allerdings enthält sein Entscheidungskompass auch nicht mehr das Wohl der CSU. Denn das wird bei den Querelen der jüngsten Zeit nicht unbedingt in seinem Fokus stehen 🙂
Morgen mache ich mir Gedanken über seine potentiell attraktiven Alternativen, die er zur Verfügung hat.
Update:
Ganz offensichtlich nähert Stoiber sich langsam einer Entscheidung, die durchaus seinem hypothetischen Entscheidungskompass entspricht.
…Stoiber trat nach Teilnehmerangaben zugleich dem Eindruck entgegen, dass er an seinem Stuhl klebe. Er habe zugesagt, eine gemeinsame Lösung anzustreben. Er müsse nicht erneut kandidieren, wolle dies aber tun...
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