Meister unter sich
Ich vergleiche Entscheider gerne mit einem Maler vor seiner Leinwand. Große Meister haben bereits ein Bild im Kopf, bevor sie den ersten Strich auf die Leinwand setzen. Weniger begabte Zeitgenossen warten auf Inspirationen von außen oder lassen sich von einem kleinen Detail zum nächsten inspirieren.
Der Eine hat am Ende ein Meisterwerk vor sich. Der Andere eine Sammlung von Details, die mehr dazu gezwungen wurden, ein Gesamtbild zu formen als dass sie es von sich aus tun würden.
Strich für Strich
Der Meister setzt jeden Pinselstrich mit einer Absicht. Denn damit setzt er sein Meisterwerk Strich für Strich um.
Entscheidung für Entscheidung
Der Meister-Entscheider macht das Gleiche mit seinen einzelnen Entscheidungen. Beide Meister müssen dazu nicht jeden Moment bewusst darüber nachdenken. Das Unterbewusstsein hilft jedem der beiden, das Bild in ihrem Kopf umzusetzen.
»Ja, ja, blah blah bla. Aber ich muss mir überlegen, ob ich meinen Entwicklungsingenieur entlasse oder nicht. Weil er sich an der Firmenkasse bedient hat. So einen fähigen Mann bekomme ich doch jetzt so schnell nicht wieder!«
Manchmal befinden sich Vision (Bild im Kopf) und Situation im Widerstreit. Ganz bestimmt sieht er in der Zukunft seines Unternehmens keine kriminellen Ingenieure.
Entließe der Mittelständler seinen einzigen Entwickler für kundenspezifische Anpassungen, gäbe es aber keine Zukunft, über die man reden muss, so seine Überzeugung.
Abstand tut gut
Viele Meisterwerke haben mehrere Schichten. Manche Details haben dem Maler nicht gefallen. Er nahm sich die Freiheit, sie zu ändern, nachdem er sie im Gesamtkontext gesehen hatte.
Unserer Mittelständler glaubt sich zunächst in einer Situation zwischen Scylla und Charybdis.
Mit etwas Abstand erkennt er allerdings, dass er mit einem Ingenieurbüro zusammenarbeiten kann, um kundenspezifische Entwicklungen anbieten zu können.
Die Angebotsfalle des Status quo
»Auf die Lösung hätte man doch gleich kommen können!«
Vielleicht, aber fixieren wir uns zu sehr auf das Detail, in diesem Fall den missliebigen Entwicklungsingenieur, geht gerne auch einmal der Blick für das Ganze verloren.
Geholfen hat hier die Frage: »Sehen wir uns Ihr Unternehmen in der Zukunft an. Wie kämen Sie in diese Zukunft, hätten Sie gerade keinen Entwicklungsingenieur?«
Damit nehmen wir die Person aus der Gleichung heraus. Im Sinne der Angebotsfalle hatte sie den Blick des Unternehmers verstellt.
Der Pinsel ist frei
In jeder Situation haben wir unendlich viele Handlungsoptionen. Wie der Meister, der jeden nur denkbaren Pinselstrich setzen könnte.
Allerdings kann auch ein Meister sich manchmal im Detail verlieren. Gut, wenn er hin und wieder ein paar Schritte Abstand von seiner Leinwand nimmt und wieder das Ganz betrachtet.
»Das ist mir zu malerisch!«
Das mag sein, aber an einem Freitag gönnen wir uns das. 😛
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