Zehn Minuten Herzblut

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Lesen Sie, wie mich mein neuer Vortrag an den Rand des Er­träglichen gebracht hat.

Die letzten Tage waren hektisch. Denn die Premiere meines neuen Vortrags stand bevor. Die IHK Offenbach hatte sein Mittelstandsforum zur Sternstunde für Unternehmer eingeladen.

Das wäre nichts besonderes gewesen. Denn Sternstunden geben wir ständig. Ich hatte mich aber zum neuen Jahr aus dem Fenster gelehnt und einen neuen Vortrag angekündigt.

Mir blieb auch wenig anderes übrig. Denn es gibt Veranstalter, die mich und meine Vorträge mögen. Sie laden mich jedes Jahr wieder ein. Da kann ich schlecht das Gleiche wie beim letzten Mal erzählen.

Mein Thema ist allerdings so weitläufig, dass ich bestimmt niemals in Verlegenheit geraten werde. Die Versionen meiner Vorträge ab 30 Minuten aufwärts sind daher auch nie ein Problem.

Zehn Minuten voller Qualität

In unserer Sternstunde für Unternehmer treten immer sechs Referenten á 10 Minuten auf. Das ist für die Referenten und die Zuschauer sehr intensiv. Die Sternstunde ist gefragt. Wir tingeln daher mit unseren Vorträgen durchs ganze Rhein-Main-Gebiet und feiern demnächst die 69. Sternstunde für Unternehmer.

Die 10-Minuten Version des Vortrags ist allerdings eine besondere Herausforderung.

Es gibt Referenten, die versucht haben, einfach schneller zu sprechen. Aber Speedy Gonzales mit der Stimme von Mickey Mouse hinterlässt eher gemischte Gefühle. 😯

Vortragspremiere bei den Sternstunden für Unternehmer in Offenbach

Zehn Minuten harte Arbeit

Es gibt kein Format, an dem ich so lange feilen muss, wie daran.

Als ich die erste Version fertig habe, lässt sich nichts mehr wegkür­zen, ohne den Sinn aufs Spiel zu setzen. – Das denke ich zumindest. Bei den ersten Testläufen stellt sich heraus: Es sind 14 Minuten!

Vier Minuten kürzen, das klingt nicht nach viel. Aber der Vortrag ist damit 40 Prozent zu lang. Wie kürzt man so viel, ohne die Inszenie­rung des Vortrags aufs Spiel zu setzen?

Die Antwort: Gar nicht. Die Fakten dürfen bleiben und die Inszenie­rung braucht einen neuen Ansatz.

Das war zum Beispiel die ursprüngliche Einleitung:

PAUSE – Ich frage mich gerade, wer von Ihnen dazu gehört.

Wer von Ihnen darf sich dazu zählen? Zu den Unterstützern unserer Marktwirtschaft? Sie? Sie? Oder Sie? Das lässt sich so auf Anhieb schwer sagen.

Meine Frau ist Südafrikanerin. Als ich vor 15 Jahren das erste Mal in Kapstadt zu Besuch war, entdeckte ich Donuts für mich. Wir fuhren immer in die nahe Einkaufsmall und kauften einen ganzen Karton Decadent Donuts. Der Name war Programm. Irgendwann dankte mir die Verkäuferin mit den Worten „Thank you very much, Sir for your Support“. Vielen Dank für Ihre Unterstützung.

Wow! Ich habe in den sieben Wochen rund zehn Kilo zugenommen und danach nie wieder einen Donut gekauft.

Vielen Dank, für Ihre Unterstützung!

Genau das könnten viele Verkäufer sagen, wenn wir ihre Geschäfte verlassen …

Die Geschichte aus dem eigenen Leben ist ein schönes Stilmittel. Der eine oder andere wird darüber schmunzeln. Aber für einen 10-Minuten Vortrag ist diese Einführung zu lang.

Der Mehrwert für den Zuhörer ist auch nicht erkennbar. Daher beschloss ich das anders zu lösen. Die erste Minute im Video zeigt, wie skrupellos ich dabei vorgegangen bin. 🙂

Vortragspremiere bei den Sternstunden für Unternehmer in Offenbach

Zehn Minuten hacken, schneiden und feilen

So ging ich durch jeden einzelnen Absatz meines Vortrags. Bis ich wirklich nichts mehr kürzen konnte.

11 Minuten! Das kann doch nicht wahr sein! Es war zum Verzweifeln. Da ging wirklich nichts mehr!

Ich fing an, einzelne Worte zu kürzen. Die Sätze noch einfacher zu formulieren. Das waren also die letzten Reserven.

Denn die beiden Fincas sind gleichwertige Alternativen.

Wurde zum Beispiel zu:

Denn die beiden Ferienhäuser sind gleichwertig.

Und tatsächlich: 10 Minuten! Jawoll! 😀

Zehn Minuten vor die Wand laufen

Dumm nur, dass 10 Minuten für die Bürowand schnell zu 12 Minuten für ein Publikum werden. Daher musste also noch eine weitere Minute heruntergefeilt werden. 😡

Inzwischen war die Bürowand schon ziemlich gelangweilt. Aber bei jedem Mal entdeckte ich noch Kleinigkeiten, die ich kürzen konnte. Manchmal war sogar ein ganzer Satz dabei.

Manche Sätze klingen einfach merkwürdig oder wir können Sie uns nicht gut merken. Das ist ein gutes Zeichen. Sie sind unwichtig, weil wir sie ohnehin nicht gut verkaufen. Raus damit!

Am Ende hielten die 9 Minuten! Juchu!

Zehn Minuten volles Rohr!

Als ich dann vor das echte Publikum trat, hatte ich meinen Vortrag vollständig vergessen. Ich konzentrierte mich stattdessen auf meine Zuhörer und die Worte kamen automatisch.

Im Nachhinein kamen viele zu mir und haben mich beglückwünscht. Einer meinte: »Ich kann mir gar nicht vorstellen, was sie in einem langen Vortrag noch erzählen wollen. Sie haben doch Ihr ganzes Pulver schon verschossen

Ja, so wird es wohl sein. 😉

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