Gute Feen unerwünscht
Jeder von uns kennt diese Märchen, bei denen der Held von einem Flaschengeist oder einer guten Fee drei Wünsche gewährt bekommt.
Stellen wir uns das einmal vor. Wir dürften uns wünschen, was wir wollen. Egal was es ist! Wir haben also drei Wünsche frei.
Viele werden sich denken:
»Drei Wünsche, die sind schnell vorbei. Besser ich gehe vorsichtig damit um!« (typischer Schwabe)
oder
»Egal was es ist? Na dann wünsche ich mir, Hundert, nein, Hunderttausend Wünsche frei zu haben.« (typischer Berliner)
Ein Märchen würde daraus wohl nicht werden. Unser Problem dabei: Selbst wenn uns die gute Fee besuchte, wir wüssten meistens nicht, was wir wollen. Das ist auch der Grund, warum wir überhaupt die drei Freiwünsche von der guten Fee brauchen.
In einem typischen Wunschmärchen »verschwendet« der Held seine ersten beiden Wünsche. Denn auch er weiß nicht, was er wirklich will. Erst beim letzten Wunsch merkt der angehende Märchenprinz, dass es jetzt um die Wurst geht und wünscht sich die eine Sache, die er wirklich will. Das ist in aller Regel die große Liebe.
Das moderne Märchen
Unsere heutigen Märchen beginnen meist mit einem Lottogewinn und sie enden oft ohne Geld. Das unerschöpflich wirkende Bankkonto ist überzogen und der moderne Held legt den Offenbarungseid ab.
Wer weiß, was er will, würde seine drei Wünsche (den Lottogewinn) einsetzen und damit nicht glücklicher sein als zuvor. Denn er wäre schon vorher glücklich und erfüllt. Wer weiß, was er will braucht keinen Lottogewinn. Das ist eines der Geheimnisse unseres Lebens. Nicht das richtige Ziel ist wichtig, sondern den Weg dorthin zu gehen.
Wer weiß was er will, konzentriert sich darauf. Er muss nicht jeder Chance blind hinterherlaufen. Diese Fokussierung sorgt für Erfolg.
Wir brauchen nichts, was wir nicht schon haben könnten
Alle Träume vom schnellen Reichtum, einmal richtig Glück zu haben, sind alle nur der Ersatz für das, was wir schon jetzt haben könnten: Sinn im Leben.
Allerdings setzt es voraus, das wir eines tun. Wir müssen uns selbst richtig kennen lernen.
Was soll das schon wieder für ein Quatsch sein? Wir kennen uns schließlich seit unserer Geburt!
Wirklich?
Wer kann schon seine fünf wichtigsten Werte nennen? Wer kann schon sagen, was er am meisten vermeiden würde? Wer hat ein klares Bild seiner eigenen Stärken? Und wer wüsste, was seinem Leben Sinn geben könnte?
Wer sich gut kennt, kann diese Fragen ohne weitere Vorbereitung beantworten.
Erkenne Dich selbst
Wenn die antiken Griechen ihre Zukunft kennen wollten, gingen sie zum Orakel von Delphi. Dort wartete eine zugedröhnte Phytia und erzählte den Ratsuchenden allerlei verwirrendes Zeug. Die wahre Hilfe kam dann auch nicht von Phytia, sondern von dem Spruch über dem Eingang zum Orakel: Erkenne Dich selbst. Denn wer sich selbst kennt, kennt auch seine Zukunft. Dumme Helden gehen also direkt zu Phytia und die Schlauen lesen den Spruch, denken darüber nach und hören dann zum Spaß der wirren Phytia zu.
Also schön. Wir müssen uns selbst besser kennen lernen. So schwer kann das nicht sein. Warum machen wir es dann nicht? Die meisten Menschen sind nicht unglücklich genug über den Status quo. Denn wir haben das Fernsehen, das Internet und unser Smartphone, mit denen wir uns hervorragend ablenken.
Anstatt unglücklich zu sein, haben wir dann allenfalls ein schlechtes Gewissen, dass die Zeit an uns vorbeizieht, ohne dass wir etwas von Belang vollbracht hätten.
40 Tage Diät in der medialen Wüste
Machen wir doch einmal ein Experiment. Leben wir unser ganz normales Leben 40 Tage ohne Fernsehen, Internet, Smartphone, Zeitungen und andere Ablenkungen. Wir gehen auch nicht mit Freunden aus. Stattdessen beschäftigen wir uns mit uns selbst, führen Tagebuch und gehen spazieren. Wer danach nicht weiß, was er wirklich will, ist vermutlich eine alleinerziehende Mutter mit vier Kindern im Vorschulalter, zwei Jobs und einem Verwandten in der häuslichen Pflege oder er weiß Langeweile sehr zu schätzen.
Oder wir warten doch lieber auf die gute Fee mit ihren drei Wünschen. 🙂
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