Manche Mühlen mahlen langsam

image Zeiträume spielen bei vielen Entscheidungen eine Rolle. Autoher­steller wissen ein Lied davon zu sin­gen. Das neue Modell, das nicht gut ankommt, lässt sich nicht in ein paar Monaten verändern. Entwicklungs­zyk­len gehen dort über Jahre.

Nichts gegen die Zyklen, mit denen die Stromindustrie rechnet. Ein Kraftwerk läuft meist 40 Jahre.

Entscheidet sich ein Unternehmen für kompromisslose Qualität, dauert es einige Jahre, bis sich das dazugehörige Denken bei den Mitarbeitern durchsetzt. Bis die Kunden von der Qualität der Produkte sprechen, dauert es noch viel länger.

Entscheidungen in diesem Umfeld lassen sich daher schlecht quar­tals­mäßig ändern oder korrigieren. Denn dann beginnt der Zyklus jeweils wieder am Anfang.

Fachkräftemangel

Das müssen wir im Auge behalten, wenn wir von sich ändernden Zei­ten sprechen. Andererseits sind viele Probleme nicht ganz neu.

Seit Jahren fehlen wir in wirtschaftlich guten Zeiten Fachkräfte. Zur Zeit sind es circa eine Million.

Sinnleere und fehlende Wertschätzung

Gleichzeitig beklagen Viele Sinnleere und mangelnde Wertschätzung am Arbeitsplatz.

Sinn ist ein Angebot, das die meisten Unternehmen offensichtlich nicht machen können.

Oder haben Sie schon einmal eine Personalanzeige gelesen, die damit werben würde: Bei uns finden Sie endlich Sinn in Ihrer Arbeit und Wertschätzung?

Denn so dreist sind die Personalverantwortlichen dann doch nicht. Sie werben nicht mit etwas, das sie im eigenen Unternehmen auch vermissen.

Zukünftig wird es immer schwerer werden, qualifizierte Fachkräfte zu finden. Aus den gleichen Gründen ist eine hohe Mitarbei­ter­fluk­tu­a­ti­on tödlich.

Sinngemeinschaft vs. Zweckgemeinschaft

Mein Vater, Jürgen H. Lietz hat früher mittels sinnorientierter Führung die betrieblichen Fehlzeiten in der Produktion auf Traumwerte gesenkt. Er forderte die Unternehmen als  Sinngemeinschaft zu entwickeln, anstatt der üblichen Zweckgemeinschaft.

Zur damaligen Zeit war das vielen Unternehmen zu mühsam. Schließ­lich ließen sich Fehlzeiten auch mit dem geeigneten Druck senken.

Ich könnte mir vorstellen, dass es heute immer noch keine leichte Aufgabe ist, Sinn und Wertschätzung in die Unternehmen zu brin­gen.

Dünnbrettbohrer-Strategie

Daher steigen auch gerade die Erfolgsprämien für Personalberater.

Wie bei den vielen Entscheidungen, ist auch hier mehr Geld der Weg des Dünnbrettbohrers. Wenn ich nicht weiß, was ich will, ist mehr Geld immer besser als weniger.

Doch wie sieht das der Arbeitnehmer? Studien haben jetzt herausge­funden, dass ab  60.000 Euro Jahresverdienst mehr Geld das per­sönliche Glück nicht weiter steigern kann.

An was wird sich wohl ein gesuchter Ingenieur dann bei einem neuen Job orientieren?

Gute und schlechte Beispiele

Hat er schon etwas Berufserfahrung, wird er sich die Angebote sehr genau ansehen. Da fällt z.B. ein Unternehmen wie Victorinox auf. Es macht nicht nur durch seine Schweizer Offiziersmesser von sich Reden, sondern auch durch Workshops für Sinn stiftende Arbeit.

Allerdings ist so ein Workshop noch keine Garantie dafür, dass unser Ingenieur Sinn und Wertschätzung in der Arbeit erfährt.

Es ist wohl wie bei dem Thema Qualität. Spitzenqualität wird über Jahre aufgebaut. Noch länger dauert es, bis die Kunden die Qualität mit dem Namen des Unternehmens verbinden.

Genauso ist es auch mit dem Ruf, ein guter Arbeitgeber zu sein. Wenn eine Geschäftsführung heute die Entscheidung trifft, das eigene Unternehmen zur Sinngemeinschaft weiter zu entwickeln, braucht es eine lange Zeit, bis wechselwillige Fachkräfte das in ihr Kalkül aufneh­men.

Bei Victorinox ist das der Fall, bei Mettler Toledo auch. Hewlett Packard hat seinen guten Ruf inzwischen verspielt. Als ich noch Stu­dent war, galt HP als DAS Unternehmen mit einer herausragenden Un­ter­neh­mens­kul­tur. Heute dürfen wir uns dagegen aussuchen, ob Ex-CEO Marc Hurd wegen sexueller Belästigung oder Fälschung von Spesenabrechnungen gegangen wurde.

Das ging aber schnell!

Die Zahlen für den zukünftigen Mangel an Fachkräften liegen seit »kurzer« Zeit auf dem Tisch. Etwa so lange, wie Norbert Blüm be­haup­tet, die Rente sei sicher.

Norbert Blüm hat inzwischen seine Meinung geändert. Vielleicht schaffen wir Manager und Unternehmer das auch eines Tages.

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