Der Alltagsentscheider: E-Mail und andere Kommunikation
E-Mails sind die Massenvernichtungswaffen von Zeit im Büro. Sie sind Segen und Fluch zugleich. Denn ein erheblicher Teil unserer Arbeitszeit gehört inzwischen diesem Medium. Die Möglichkeit, fast in Echtzeit zu kommunizieren, viele Kollegen per CC miteinzubeziehen und die Tatsache, dass eine geschriebene E-Mail im Mittel 3 weitere E-Mails auslöst (Antwort, Bestätigung, Gegenbestätigung) prädestiniert diesen Kommunikationskanal zum Missbrauch.
Verschwendung leicht gemacht
Ich erinnere ich mich an ein Projekt vor vielen Jahren, in dem ich mich über einen Mitarbeiter einer amerikanischen Firma ärgerte und ihm eine leicht verschärfte E-Mail ohne jedes CC schickte. in seiner deftigen Antwort setzte er meinen damaligen Chef und seinen direkten Vorgesetzten mit ins Bild. Meine Antwort folgte prompt mit dem gleichen Verteiler. Am Ende – Sie ahnen es bereits – erhielt nicht nur der Deutschland-Chef der Amerikaner Mails von uns, sondern auch der Vorstand der Mutterfirma meiner Geschäftseinheit. Kaum vorstellbar, welche Macht der einzelne Mitarbeiter bekommen hat, Kosten zu produzieren. 😮
Oft fehlt das Ziel
Aus der Brille des Alltagsentscheiders ist die E-Mail einfach eine Kommunikationsalternative neben dem persönlichen Gespräch, dem Telefonat, dem Fax und dem Brief. Wenn wir also eine E-Mail schreiben, dann haben wir zuvor eine Entscheidung getroffen und erhoffen, damit die beabsichtigte Wirkung zu erzielen.
Alltagsentscheider: „Halt! Moment! Beabsichtigte Wirkung? Wer macht sich schon Gedanken über die Absicht und die Wirkung?“
Das stimmt natürlich auch wieder. Die meisten E-Mail-Schreiber wollen ein Problem von der Backe haben. Eine E-Mail ist da in vielerlei Hinsicht praktisch, weil ich dem anderen evtl. die Sache einfach vor die Füße kippe, obwohl er nicht da ist oder ich auch keine Rücksicht darauf nehmen muss, ob der Adressat Zeit hat oder nicht und natürlich, weil ich die halbe Firma ins Licht setzten kann, dass jetzt der andere sich mit dem Problem befassen muss.
Dahinter steckt (meistens) keine böse Absicht
So etwas denken wir natürlich nicht! Denn wer handelt schon so frech zielorientiert? Das erfolgt bequemerweise heute alles ganz unterbewusst. Schlechtes Gewissen? Fehlanzeige!
Alltagsentscheider: „Da bin ich ja beruhigt!“
So machen Sie es besser!
Wenn wir in der vielfach kolportierten Wirtschaftskrise nicht weiter zu den Verschwendern gehören wollen, können wir natürlich auch anders.
Dazu müssen wir uns zu allererst über unsere Ziele im Klaren sein.
Zum Beispiel könnte das Ziel sein, dass wir einen Mitarbeiter über seine zeitweilige Versetzung in eine andere Abteilung informieren. Natürlich wollen wir diese Information leisten, aber beabsichtigte Wirkung ist auch, dass er damit positiv umgeht. Da E-Mails Raum für Interpretationen lassen, was wir evtl. damit noch gemeint haben könnten oder wie dieser oder jener Satz auszulegen ist, macht in diesem Fall entweder ein Telefonat oder das Gespräch von Angesichts zu Angesicht Sinn. Letzteres ohnehin, wenn der Mitarbeiter gleich um die Ecke sitzt.
Das Gespräch kann natürlich trotzdem schief laufen und vor Betriebsrat und Geschäftsführung landen. Aber der Grund dafür wird nicht an der falschen Entscheidung über einen Kommunikationskanal liegen.
Alltagsentscheider: „Im Eifer des Gefechts kann es schon einmal passieren, dass ich mir über die beabsichtigte Wirkung keine Gedanken mache. Hin und wieder vergesse ich, wie wichtig es ist, die eigenen Gestaltungsspielräume auch wahrzunehmen“.
Das geht eigentlich jedem so. Aber vielleicht geht es ja doch besser?
Ein Hilfsmittel
Damit das etwas einfacher von der Hand geht, habe ich hier eine kleine Checkliste über unsere unterschiedlichen Kommunikationsmöglichkeiten hinterlegt.
In dem PDF-Dokument sehen Sie an erster Stelle das bereits hier beschriebene Entscheidungsprofil. Die folgende Checkliste ist leicht erklärt. Aus dem Entscheidungsprofil leiten Sie einfach Ihre Kommunkationanforderungen her. Wobei der Begriff „Anforderungen“ etwas hoch gegriffen ist. Wenn Sie z. B. den Punkt „Schlägt Wellen“ ankreuzen, dann ist damit gemeint, dass Sie darin keine Gefahr sehen.
FAQ
Alltagsentscheider: Sollte ich dieses Werkzeug ab jetzt immer einsetzen?
Natürlich nicht! Werkzeuge wie dieses fokussieren unser Denken auf die wichtigen Aspekte und machen sich deshalb nach kurzer Zeit überflüssig. Unser Unterbewusstsein verarbeitet die Informationen dann automatisch und lässt uns so immer den richtigen Informationskanal nutzen.
Alltagsentscheider: Woran erkenne ich, ob ich das nötig habe?
Wenden Sie die Checkliste doch nachträglich auf verschiedene Fälle aus Ihrem Alltag an. Wenn Sie danach eine andere Kommunikation genutzt hätten, haben Sie Ihre Antwort. 🙂
Gewinnfrage
Wie mir immer wieder versichert wird, sind Checklisten etwas Feines. Wenn Sie so beliebt sind, will ich mich diesem Trend nicht verschließen. Als Entscheidercoach kenne ich allerdings auch genug Argumente, die dagegen sprechen. Nachdem Sie (hoffentlich) schon das eine oder andere in diesem Blog gelesen haben, können Sie mir bestimmt das wichtigste Argument dagegen nennen, oder? Der Gewinner bekommt mein neues Kurzbuch „Sparen ohne Opfer. Mit Alltagsentscheidungen gewinnen“ mitsamt einem Entscheidungskompass-Set geschenkt.
Kommende Woche beschäftigt sich der Alltagsentscheider mit der Verschwendung bei 4-Augengesprächen.
Checklisten sind doof 🙂 Ich lese zwar erst seit kurzem mit, erdreiste mich aber dennoch meine Meinung kund zu tun. Checklisten finde ich aus mehreren Gründen ungeeignet, zumindest im Bereich der Kommunikation mit anderen Menschen:
1. Eine Checkliste ist immer ein starres Werk, das alle möglichen Punkte betrachtet aber ganz sicher niemals die an denen dann Probleme oder Missverständnisse entstehen.
2. Eine Checkliste wird man immer nur dann anwenden, wenn es um wirklich wichtige Dinge geht. Die größten Probleme entstehen aber meistens aus den unwichtigen Dingen die man mal eben so hingesagt oder geschrieben hat.
3. Selber denken ist effektiver als vorgefertigte Muster anzuwenden.
Emails als Massenvernichtungswaffe zu bezeichnen finde ich übrigens sehr passend. Seit ich selbständig bin, sehe ich das zwar nicht mehr so dramatisch aber zu meiner Zeit als Angestellter nahm das zuweilen gigantische Ausmaße an. Dazu kamen dann noch die Kollegen die Email, und waren sie noch so lang, immer ausgedruckt haben.
Da gab es dann die aktuelle Emailversion und mindestens noch drei gedruckte Versionen die völlig unabhängig von den Mails unterwegs waren und natürlich nie aktuell sein konnten.
Aber ich kann beruhigen, Emails kommen aus der Mode und sind nurmehr was für alte Leute. Irgendwer sagte mal zu mir: „Emails benutzen Jugendliche nur noch um die Eltern ihrer Freunde zu erreichen“ 🙂
Gerhard Zirkel
Interessante Sichtweise zum Thema Checklisten!
An die ausgedruckten Exemplare der E-Mails habe ich gar nicht gedacht. Dabei sollte die elektronische Post doch den Bestand unserer Wälder sichern helfen. 😯
E-Mails kommen aus der Mode: Da könnte man meinen, mit 39 Jahren schon altmodisch zu sein. 😛
Tja, das mit den Wäldern ist wieder eine ganz andere Sache. Unsere eigenen Wälder machen wir ja auch nicht kaputt, wir haben gelernt sie woanders zu zerstören. Dabei wäre zumindest Recyclingpapier kein Hexenwerk…
In Sachen Internet gehört man ab 30 sowieso zum alten Eisen, also was solls – ist der Ruf erst ruiniert … 🙂
Gerhard Zirkel
Ich glaube ja, dass das Pendel auch wieder zurückschwingen wird.
Es wurde ja bereits wissenschaftlich nachgewiesen, dass ständige Unterbrechungen „dumm“ machen. Twitter und was sonst noch alles kommen wird, ist nur die Steigerung des Bestehenden.
Für eine evolutionäre Entwicklung, die damit umgehen könnte ist allerdings unsere Geburtenrate zu schwach und über das Thema survival of the fittest möchte ich mich auch nicht auslassen. Denn gerade die Ablenkungen durch Twitter und Co. können im Straßenverkehr lebensgefährlich sein… 😮
> E-Mails kommen aus der Mode
Maybe, Baby.
Nur: Was gibt Anlaß zur Hoffnung, dass es mit anderen elektronischen Medien anders werden wird und wir weniger Zeit mit schlechter Kommunikation verplempern werden?
> Twitter und was sonst noch alles kommen wird, ist nur die Steigerung des Bestehenden.
Nö. Richtig eingesetzt hilft Twitter, E-Mails zu vermeiden. Alleine das ist ja schon Nutzen genug 😉
Ich finde übrigends Handies voll doov. Da ist man immer so erreichbar.
Well, pal … 😉
Noch benutzt nicht ein einziger meiner Kunden Twitter. Ich allerdings auch nicht. Vielleicht habe ich da sogar Nachholbedarf.
Checklisten sind toll! Ich hätte bestimmt schon oft Wichtiges bei meinen Urlaubsvorbereitungen und Kofferpackungen vergessen. Aber nichts geht über ihre klassische Form: den Einkaufszettel! Und wer denkt nicht mit Wehmut an die berühmte Umlaufmappe? Darauf wurde glaube ich die Checkbox erfunden …