Eine Handvoll Fehler – Mindmaps einmal richtig

Imindmap In den 90ern bin ich das erste Mal mit Mindmaps in Kontakt gekommen. Dabei hatte ich die besten Voraussetzungen, denn ich kaufte mir das Mindmap-Buch von Tony Buzan.

Wie alle jungen Menschen war ich ungeduldig. Die Theorie dahinter interessierte mich nur mäßig. Die Erfolge dagegen, die Tony Buzan mit seiner Methode erzielt hatte fand ich sehr spannend.

Fastfood fürs Hirn

Ich habe mir daher schnell angesehen, wie Mindmaps aussehen und auch die Regeln dafür erlernt. Im Gedächtnis war mir geblieben, dass es wichtig ist, seine Mindmaps zu malen, um damit auch die rechte, kreative Gehirnhälfte zu stimulieren.

Auf einen Blick war für mich klar geworden, dass wir mit Mindmaps ein Thema wunderbar durchstrukturieren können. Daher empfand ich es aber auch immer als störend, dass man pro Zweig nur ein Wort verwenden sollte. Das ist doch ungenau!

Als heller Kopf, hatte ich also schnell verstanden, wie Mindmaps meiner Meinung nach funktionierten. Große Unterschiede gegenüber einem Leben ohne Mindmaps konnte ich aber nicht feststellen.

Dumme Zeichnerei

Daher blieb es eine relativ selten eingesetzte Methode im Hause Lietz. Denn die ganze “Zeichnerei” war ja auch zeitaufwendig. Vermutlich war mein Gehirn ja von Hause aus so gut entwickelt, dass die durch Mindmaps erschlossenen Zusatzpotentiale nicht weiter ins Gewicht fielen. 😮

Mein Freund der Computer

“Glücklicherweise” gab es ja bald darauf den Mindmanager von Mindjet. Damit ließen sich Themen und sogar Projekte einfach strukturieren. Die Einwort-Regel kümmerte niemanden. Wer einen Satz brauchte, schrieb ihn auch hin. Die Software sorgte dafür, dass auch der entsprechende Platz zu Verfügung stand.

Auch dieser erneute Einsatz von Mindmaps als Visualisierungsmethode einer Themenstruktur brachte keine wirklich großen Vorteile.

Für Kunden blieben die umfangreichen Maps Kuriositäten und für uns Berater waren sie überflüssig, weil wir uns ja in unserem Thema auskannten. :mrgreen:

Mein inneres Schlachtfeld

Bis vor wenigen Wochen hatte ich einen inneren Widerstreit in mir. Auf der einen Seite glaubte ich an Tony Buzans phantastische Erfolge mit z.B. lernbehinderten Kindern, auf der anderen Seite war es mir selbst nie gelungen, diese fabelhaften Effekte bei mir zu erzielen.

Vielleicht eine Lernbehinderung auf meiner Seite?

Nein! Denn die Anzahl der Mindmapper hatte mit der Verbreitung der Computermindmaps explosionsartig zugenommen. Keiner der mir bekannten Anwender hatte sein Potential besser ausgeschöpft. 😮

Eine Zeit lang glaubte ich daran, dass es allein daran lag, dass wir mit dem Computer die Mindmaps nicht mehr selbst zeichneten. Ich kaufte mir daher Imindmap, das offizielle Programm von Tony Buzan. Damit zeichnete ich die Mindmap zwar selbst, die erhofften Resultate blieben trotzdem aus. 😡

Mit der Software bekam ich allerdings das Mindmap-Buch von Tony Buzan auf englisch zugeschickt. Entweder war die ganze Mindmapping-Geschichte erstunken und erlogen 😯 oder ich machte hier etwas falsch. Daher nahm ich mir das Buch nach vielen Jahren erneut vor.

Meine Jahre auf dem Holzweg

Ich verrate sicherlich nicht zuviel, dass ich jahrelang auf dem Holzweg verbracht habe. Wer keine Ahnung von Mindmaps hat, sollte das Buch lesen. Alle anderen mit einem Halbwissen Ausgestatteten möchte ich gerne an meinen Erkenntnissen beteiligen.

Zunächst: Mindmaps sind kein visuelles Strukturierungstool. Es mag im Ergebnis so aussehen, doch das führt uns in die falsche Richtung.

Mein Fehler: Themenfokus beim Anlegen einer Mindmap

Wenn ich eine Mindmap angelegt habe, dann folgte ich einem klaren Muster. Ich habe immer einen Zweig nach dem anderen angelegt und die jeweilige Themenstruktur soweit angelegt, wie ich es durchdenken konnte. Danach erst wandte ich mich dem nächsten Zweig zu.

Der Mensch assoziert mit jedem denkbaren Begriff hunderte, wenn nicht gar tausende andere Begriffe. Andere würden das auch als Kreativität bezeichnen. Lineare Aufzeichnungen wie dieser Text verhindern, dass wir diesen Assoziationen folgen können und beschränken so sehr effektiv ein Teil unserer Intelligenz.

Mindmaps ermöglichen das sog. radiale Denken. Das heißt, wenn ein Gedanken einen anderen anstößt, der gerade nicht in die Struktur passt dann sollten wir dem folgen. Aufgrund des Assoziationsreichtums unseres Gehirns ist es nicht möglich, dass wir fokussiert an einem Themenzweig in der Mindmap arbeiten. Es sei denn, wir ignorieren unsere Assoziationen.

In Gruppen ist die Assoziationsfähigkeit besonders ausgeprägt. Daher müßten die Sprünge über die Mindmap in einer Besprechung besonders groß sein. Die Realtität zeigt allerdings dass unsere Besprechungskultur dem entgegenwirkt.

“Herr Müller, würden Sie bitte beim Thema bleiben! Wir sind hier doch nicht im Kindergarten!”

Wer also beim Mindmapping nicht wild zwischen den verschiedenen Zweigen springt, macht mit 100 Prozent Wahrscheinlichkeit etwas falsch und hat von der Methode nur einen zweifelhaften Nutzen.

Mein Fehler: Meine Ideen und Assoziationen haben in meinem Mindmap-Mitschriften nichts zu suchen

Tony Buzan lädt uns dazu ein, Mindmaps über Besprechungen, Vorträge, Seminare und Bücher anzulegen. Als guter Protokollant habe ich in meiner Mindmap das aufgeschrieben, was gesagt oder geschrieben wurde. Tatsächlich werfen wir uns damit zurück. Während des Vortrags oder beim Lesen des Buches haben wir bereits Assoziationen und Ideen gehabt. Sie bilden unseren Verarbeitungsprozess ab. Diesen sollten wir unbedingt in unserer Mindmap abbilden, weil wir sonst immer wieder am Ausgangspunkt anfangen und die Arbeit wiederholen müssen.

Das erscheint nicht nur logisch, sondern ist es auch. Wir sollten daher in unseren Mindmaps immer auch unsere Gedanken, Ideen und Assoziationen, die wir selbst dazu haben miteintragen. Das fällt natürlich insbesondere dann schwer, wenn unsere Assoziation erst einmal gar nichts mit dem Thema zu tun haben scheint. 🙂

Mein Fehler: Ich kann nicht malen, daher verwende ich nur ganz selten und spärlich Bilder in meinen Mindmaps

Tony Buzan berichtet in seinem Buch von einem interessanten Experiment. Der Gehirnforscher R.S. Nickerson zeigte seinen Probanten im Sekundentakt 600 verschiedene Bilder und prüfte danach, wie hoch die Wiedererkennungsrate war, wenn er die Bilder unter vielen anderen versteckte. Dabei kam er auf erstaunliche 99,9 Prozent!

Da er dem Ergebnis nicht traute, wiederholte es das Experiment mit 10.000 Bildern. Auch in diesem Fall erzielten seine Probanten eine phantastische Wiedererkennungsrate von 98,6 Prozent! Dies zeigt, dass unser Gehirn über ausgesprochen mächtige Funktionen zu Verarbeitung von Bildern verfügt.

Viele andere Experimente zeigten im Zusammenhang mit Mindmaps, dass alle “Zeichner” den reinen “Textmappern” haushoch überlegen waren.

Mein Schluss: Übung macht den Meister. Daher werde ich zukünftig so viele eigene Zeichnungen in meine Mindmaps einbringen wie möglich. Auch wenn diese nicht sehr schön aussehen und andere beim besten Willen nicht erraten mögen, was ich damit darstellen wollte.

Mein Fehler: Die Einwort-Methode ist viel zu ungenau. Da weiß niemand, was gemeint ist

Mindmaps sind in erster Linie für Denjenigen, der sie erstellt. Die Einwort-Methode öffnet die Assoziationsfreiheit, die Mindmaps so wertvoll macht. Für den Ersteller sind die Begriffe mnemonische Marker. Das heißt, wie wissen durch das Assoziationsgefüge in das sie eingebettet sind automatisch, was wir damit gemeint haben und unser Gehirn wird entsprechend stimuliert. Bei Gruppenmindmaps ist es ähnlich, wobei jeder Teilnehmer die Mindmap um seine ganz persönlichen Assoziationen erweitern sollte.

Mindjet Mindmanager

So bitte nicht!

Mindmaps können auch als Grundlage für den eigenen Vortrag genutzt werden. Da ist es dann zum einen gut, wenn wir viele Bilder nutzen und zum anderen, dass das einzelne Wort auf dem gerade betrachteten Zweig nicht gleich die ganze Botschaft offenbart. Wir als Redner stehen im Mittelpunkt und nur durch unsere Präsentation und unseren assoziativen Weg der Erklärungen verstehen die Zuhörer, was hinter der Mindmap steckt. Nach dem Vortrag wiederum wissen alle, wie die Mindmap zu lesen ist.

Mein Fehler: Das Konzept ist so einfach. Nach ein, zwei Mindmaps bin ich schon ein Profi

Das Konzept ist zwar einfach. Aber wir müssen anerlerntes Verhalten ablegen, das uns seit unserer Schulzeit begleitet. Mindmapping ist eine Erfahrungsfähigkeit. Der erste Nutzen mag schon mit unserer ersten Mindmap entstehen. Die Ernte fahren wir allerdings erst über die Zeit ein. Wer erst einmal hundert Mindmaps auf die richtige Art und Weise erstellt hat, wird feststellen, wie es ist, wenn er auf sein volles Potential zurückgreifen kann.

Ein schwerer Weg

Wenn wir einmal etwas falsch gelernt haben, dann ist es enorm schwer, das Falsche wieder zu verlernen und es in Zukunft richtig zu machen. Nicht bei jeder Mindmap bemerke ich meine eigenen Assoziationen. Zu sehr habe ich mich daran gewöhnt, sie nur beim Zähneputzen, Duschen, Joggen oder Autofahren zu verfolgen.

Aber jede Mindmap, die ich in der von Tony Buzan erdachten Weise erstelle, bringt mich einen Schritt voran. Und es macht auch noch Spaß!

Machen Sie es doch auch so!

2 Kommentare
  1. Jörg Weisner
    Jörg Weisner sagte:

    Kai-Jürgen,
    danke für diesen ausführlichen Beitrag.
    Ich habe bisher keine „Probleme“ mit den Mindmaps gehabt, habe wohl intuitiv vieles richtig gemacht.
    Die handgeschriebenen Maps mag ich nicht, weil ich mit der Hand einfach nicht schnell genug malen oder schreiben kann. Da bin ich auf dem Mac (oder auch Windows-Notebook) tausendmal schneller.
    Ich nutze und nutzte die Maps zu Beginn um einfach alles aus dem Kopf raus zu kriegen. Sortiert wird dann später.
    Ich halte mich nicht an die Einwort-Methode, dauert mir zu lange, schnell die Stichworte hingeknallt, die mir in den Kopf kommen und weiter.

    Nach ca. 5-10 Minuten lässt der Gedankenstrom nach.
    Während ich die Map dann weiter bearbeite oder ergänze (z.B. bei einem Meeting) kommen mir natürlich viele weitere Ideen. Aus diesem Grund füge ich fast immer einen extra Ast an: „Weitere Ideen“. Wird der zu voll, schneide ich ihn aus und füge ihn in einer extra Map ein.

    Bilder und Symbole nutze ich bisher nur wenig. Dauert mir zu lange. Könnte ich mal testen.

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  2. Kai-Jürgen Lietz
    Kai-Jürgen Lietz sagte:

    #intuitiv vieles richtig gemacht
    Das ist gut! Die Vorgehensweise nach Tony Buzan sieht auch vor, dass wir erst einmal eine Mini-Mindmap machen, die in etwa so funktioniert, wie von Dir geschildert. In einem nächsten Schritt sollen wir passende Kategorien für die Hauptzweige bilden und dort wenn möglich dann Bilder einsetzen.

    Seit Imindmap kannst Du Deine Mindmaps auch am Computer „zeichnen“. Ich verwende meinen Tablet PC dazu in Kombination mit RitePen. Dadurch funktioniert das Ganze wie auf Papier, nur schneller und schöner.

    Ich bin von Imindmap so begeistert, dass ich bei Gelegenheit die Software hier im Blog besprechen werde. 🙂

    Ehrlich gesagt, verstehe ich nicht ganz, warum die Einwortmethode ein Opfer der Zeitersparnis werden soll 😐

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