Emotionale Zensur

image Gefühle haben wir alle und zwar ständig. Sie sind angenehm, wie zum Beispiel die Flugzeuge im Bauch, wenn wir uns verliebt haben oder unangenehm, wenn wir zornig auf uns und die Welt sind.

Emotionen haben einen Sinn. Sie bringen uns zum Handeln, sie motivieren uns. Daher können wir unsere Emotionen auch nicht abstellen. Sie sind Teil unseres Überlebensprogramms.

Unzurechnungsfähig und aktiv

Wenn wir Entscheidungen treffen, wollen wir das möglichst unbeeinflusst tun. Dennoch treffen wir gerade unter dem Einfluss unserer Emotionen viele Entscheidungen.

Wir ärgern uns über einen Lieferanten und sagen vielleicht Dinge, die wir nicht mehr ungeschehen machen können. Das ist dann nicht so intelligent, wenn wir eigentlich ein Entgegenkommen brauchen.

Ursachenforschung

Wie kann so etwas passieren? Stellen wir uns einmal vor, unser guter Onkel Ötzi Höhlenmensch steht vor einem ausgewachsenen Mammut. Der Bulle ist definitiv nicht in Ötzis Gewichtsklasse. Todesangst befällt den jungen Mann, er rennt los.

Während er so rennt, denkt er sich: »Eigentlich habe ich viel mehr Lust auf ein gegrilltes Rib-Eye T-Bone Steak von diesem Bullen als vor ihm davonzulaufen.« Ötzi greift also seinen Feuerstein und macht auf der nackten Ferse kehrt und stellt sich dem Mammutbullen.

Der ist inzwischen näher gekommen und die Erde bebt. Angesichts dieser Demonstration purer Naturgewalt, verliert sich die Lust auf das Steak blitzschnell. Ötzi erkennt, Vegetarier leben gesünder und nimmt die Beine wieder in die Hand. Doch dann ist es leider schon zu spät …

Wankelmütigkeit dieser Art hat sich daher schlecht weitervererbt. Die Evolution hat ganze Arbeit geleistet.

Vogel-Strauß-Politik

Daher schützen unsere Gefühle sich selbst. Nach dem Auslösen einer bestimmten Emotion gibt es eine sog. Refraktärphase. In dieser Zeit nehmen wir nur Informationen wahr, die unser Gefühl bestätigen.

Ötzi hätte dann gar nicht an seinen Hunger denken können, sondern er hätte im Gegenteil alle Anzeichen der nahenden Todesgefahr besonders deutlich wahrgenommen und wäre schneller gerannt.

Alltägliche Sturköpfe

Ähnliches kennen wir auch. Ein Kollege ist vielleicht aufgrund eines Missverständnisses sehr wütend geworden und wir versuchen ihn darüber aufzuklären und zu beruhigen. Aber es gelingt uns nicht. Er scheint gar nicht zu hören, war wir ihm erklären.

Das ist tatsächlich so. In der Refraktärphase empfindet sein Gehirn diese Information als vernachlässigbar. Er kann sie nicht verarbeiten.

Zensur aussitzen

Unsere Refraktärphase kann zwischen wenigen Sekunden bis zu mehreren Stunden anhalten.

Treffen wir innerhalb dieser Zeit Entscheidungen, mag es im ersten Moment zufriedenstellend sein, aber ausgewogen ist es nicht.

Schön! Aber was nutzt uns das, wenn wir so in unseren Möglichkeiten eingeschränkt sind? Es ist nicht so, dass wir unter dem Einfluss unserer Emotionen zum Idioten mutierten.

Wir können stattdessen wählen, uns für einige Zeit zurückzuziehen, bis wir wieder ausgewogene Entscheidungen treffen und danach handeln.

Wir wissen heute so viel darüber, wie wir gute Entscheidungen treffen. Aber das alles hilft nichts, wenn die wichtigste Person bei der Entscheidung nicht ihre Interessen wahrnimmt. Die wichtigste Person bei einer Entscheidung ist nun einmal der Entscheider selbst.

Treffen wir also jetzt unsere Entscheidung, was wir beim nächsten Mal tun werden, wenn mächtige Emotionen das Zepter über unser Schicksal übernehmen möchten. Wir werden uns daran erinnern und so das Schlimmste vermeiden.

1 Kommentar

Trackbacks & Pingbacks

  1. […] Letzterem hätte ich nichts daran ändern können, weil sie dann vermutlich noch in der Refraktärphase gefangen […]

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar zu Entscheiderblog » Blog Archive » Von einem Moment auf den anderen Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.