Gier macht blind – Unabhängigkeit macht reich

Es ist immer wieder erstaunlich, wie Menschen auf Anlagebetrüger hereinfallen. Häufig verlieren die Betroffenen Millionen Euro. Das macht allerdings auch nachdenklich. Denn wer so viel zu verlieren hat, muss es vorher auch verdient haben.

Keine Einfaltspinsel

Die Betrogenen sind also keine kleinen Fische sondern können sich wohlhabend nennen und dumm waren sie beim Erwerb ihres Vermögens vermutlich auch nicht.

Ein befreundeter Investmentbanker erzählte mir aus seiner eigenen Erfahrung einmal: „Es sind immer die angeblich Schlauen, die sich sonst von niemanden etwas sagen lassen, die sich da hinters Licht führen lassen“. Seine Theorie: Die Gier schlägt jedes rationale Denken.

Angesichts der Finanzkrise, in der wir uns befinden, könnte daran schon etwas dran sein.

Wann ist genug genug?

Meiner Erfahrung nach ist niemand gerne bereit, Ziele für die Menge an Geld, die er z.B. in zehn Jahren besitzen will festzulegen. Dabei ist allerdings weniger die Geldentwertung das Problem, als sich vorstellen zu müssen, es wäre jemals genug.

Wir alle haben das seit unserer Kindheit gelernt. Mehr Geld ist immer besser als weniger Geld.

Aber schauen wir uns Wirtschaftsgrößen wie Bill Gates an, stellen wir fest, dass es ihm ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht ums Geld Verdienen ging. Im Gegenteil, er hat jetzt in der zweiten Hälfte seines Lebens die größte Stiftung aller Zeiten ins Leben gerufen, um seine Geld an notleidende Menschen geben zu können. Geschäftlich ging es Gates immer darum, die Software zu liefern, mit der alle Menschen ihre PCs bedienen. Das ist ihm nie vollständig gelungen, aber er war ziemlich dicht dran.

Es gibt also einen Punkt, an dem wir selbst das Gefühl haben werden, es sei genug – zumindest theoretisch.

Unabhängigkeit macht frei

Viele Menschen würden sagen, dieser Punkt ist erreicht, wenn sie für den Rest ihres Lebens nicht mehr arbeiten müssten und dabei einen hohen Lebensstandard genießen könnten. Diesen Punkt können wir getrost „finanzielle Unabhängigkeit“ nennen.

Was ich immer wieder sehr erstaunlich finde: Wer seinen Punkt der finanziellen Unabhängigkeit kennt, beginnt diesen auch moralisch auszufüllen. Das heißt, es ist plötzlich nicht mehr egal, woher das Geld kommt. Namenlose Lotto-Gewinne spielen keine Rolle, windige Finanzanlagen ebenso nicht. Die Vorstellung, nicht mehr für seinen Lebensunterhalt arbeiten zu müssen, verstehen viele dann als eine Art Belohnung, die richtigen Dinge getan zu haben.

Die Wunsch nach Sinn

Woran liegt das? In dem Moment, in dem wir uns vorstellen können, finanzielle Unabhängigkeit erreicht zu haben und wie diese Aussieht, schlägt der Wunsch nach Sinn zu.

Auch wenn wir keinen Sinn im Leben haben, sind wir mit Geld zumindest stilvoll sinnfrei, aber besser ist es doch, beides zu haben. 🙂

Das Ziel fest im Blick

Ein anderer Aspekt, der mir immer wieder auffällt: Wer weiß, wo dieser Punkt der finanziellen Unabhängigkeit liegt, bewegt sich plötzlich viel schneller darauf zu. Aufträge, von denen vorher nicht mal zu träumen waren, purzeln plötzlich nur so vor die Füße. So zumindest scheint es für den Außenstehenden. Der Insider wird jedoch sagen, dass er einfach härter arbeitet, weil er jetzt weiß, was er erreichen will.

Mehr ist eben nicht immer besser.

Wo liegt ihr Punkt der finanziellen Unabhängigkeit?

5 Kommentare
  1. Gerhard Zirkel
    Gerhard Zirkel sagte:

    Das zu beantworten ist gar nicht so leicht. Mein Ziel ist es nämlich gar nicht, irgendwann nicht mehr zu arbeiten und den Ruhestand zu genießen – das grenzt an eine Horrorvorstellung 🙂

    Mein Lebensziel ist es, mich weiterzuentwickeln einer Tätigkeit nachzugehen die mir Spaß macht und für mich einen Sinn ergibt und das möglichst mein ganzes Leben lang. Wenn irgendwann der Punkt erreicht ist, an dem ich theoretisch nicht mehr arbeiten müsste ist das schön, aber das Ziel ist es nicht.

    Wobei ich da sicher gegen den Strom schwimme – viele Menschen sind der Meinung sich viele Jahre quälen zu müssen um irgendwann dann das Leben genießen zu können. Meistens nur noch die paar Monate bis zum ersten Herzinfarkt. Das kann es für mich irgendwie nicht sein.

    Gerhard Zirkel

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  2. Kai-Jürgen Lietz
    Kai-Jürgen Lietz sagte:

    Lieber Herr Zirkel,
    wer den Ruhestand im Blick hat, kann die Gegenwart nicht gewinnen.

    Nein! Es geht um die Unabhängigkeit, nicht mehr arbeiten zu müssen, aber es aus Freude an der Sache trotzdem zu tun.

    Das Ganze ist natürlich auch ein wenig entlarvend. Denn viele Menschen würden dann etwas anderes tun, als sie heute tun. Stellt sich die Frage, warum nicht jetzt gleich?

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  3. Gerhard Zirkel
    Gerhard Zirkel sagte:

    Eine Möglichkeit, herauszufinden ob man den richtigen Job macht ist sich vorzustellen man würde im Lotto gewinnen – wenn man danach weiterhin diesen Job machen würde ist es der richtige. Dazu muss man sich natürlich entsprechend tief in die Situation hineindenken, mit etwas Mühe klappt das aber.

    Die meisten Menschen würden danach tatsächlich etwas ganz anderes machen wollen.

    Gerhard Zirkel

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  4. Kai-Jürgen Lietz
    Kai-Jürgen Lietz sagte:

    Ich kenne diese Übung auch. Ich halte allerdings nicht so viel davon. Denn es macht einen Unterschied, ob ich das Geld mit der richtigen Sache verdient habe (Sinn) oder mehr Glück als Verstand hatte.:-o

    Wäre es nicht besser, sich vorzustellen, das eigene Geschäft wäre im letzten Jahr durch die Decke gegangen und wir könnten und wir haben und das Geld durch die eigene Hände Arbeit und Kopfarbeit verdient?

    Was würden Sie dann machen? Bei dem eigenen Geschäft bleiben oder etwas Neues angehen?

    Bei der Lottogewinnfrage würden viele etwas Neues machen, weil es ihnen momentan am Erfolg fehlt. Mit der modifizierten Frage hat sich dieser Erfolg eingestellt. Der Grund für einen Wechsel müsste dann also tiefer liegen. 🙂

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